Siebunddreißig

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Jisungs POV

So anders kann es also laufen. Anstatt Unterstützung von seinen Eltern zu bekommen, stritten sie sich mit ihm und schmissen ihn raus. Dabei hatte es Minho nicht gerade leicht. Er wurde Vater, weil ich ihm verschwiegen hatte, dass ich schwanger werden konnte, zerbrach daran, dass er sich so für Erde einsetzte und die Wahrheit nicht einfach so ignorieren konnte. Minho hatte viel, dass er akzeptieren und verdauen musste und jetzt, wo es aussah, als würde er die Babys in mir endlich akzeptieren und seine Rolle als Vater ernst nehmen, wurde er so behandelt. Schweigend packte er seinen Koffer. Ich half ihm etwas. Ein Miauen. Eine von Minhos Katzen tappste in das Zimmer.

„Hallo mein Kleiner", begrüßte Minho. Er ging in die Hocke und streichelte dem kleinen Stubentiger über den Kopf. „Ich werde euch drei vermissen." Minho nahm die Katze in den Arm und schmuste ein bisschen mit ihr. Mein Freund sah so unendlich traurig aus. Minho verabschiedete sich von den anderen Katzen und verließ sein Zuhause. „Wo soll ich jetzt hin?", fragte er traurig. Dabei war es schon klar. Ich würde ihn doch nicht einfach auf der Straße lassen. „Natürlich zu mir! Mein Bett ist groß genug für zwei! Und meine Mutter hat sicher nichts dagegen, wenn du bei uns wohnst. Dann hört sich hoffentlich auf, so besorgt zu sein." Minho nahm meine Hand in seine. „Danke, Jisung."

Wir kamen bei mir an, wo meine Mutter gerade von ihrer Arbeit zurück kam. Als sie Minho und seinen Koffer sieht, sah sie uns besorgt an. „Du hast es deinen Eltern gesagt, oder?" Er nickte. „Das finde ich sehr mutig von dir. Es war sicher nicht leicht für dich gewesen. Du kannst bei uns blieben, so lange du möchtest." Meine Mutter lächelte aufrichtig. Sie hasste ihn nicht länger, sondern schien ihn langsam gerne zu haben. „Minho? Was isst du am liebsten? Ich kann dir gerne dein Lieblingsessen machen." Mein kleiner Bruder stürmte aus seinem Zimmer und umarmte mich. „Sungie ist wieder da! Ich habe dich vermisst. Oh Minho, machst du Urlaub?", fragte er meinen Freund. Ich tätschelte ihn liebevoll über das Haar. „Minho wird für eine Weile bei uns bleiben. Seine Eltern finden es nicht toll, dass er Vater wird." Junseo kuschelte sich an meinen großen Bauch und rieb seine Wange an den Sweatshirtstoff. „Aber wieso? Ein Vater zu sein ist toll!" Ich seufzte. Wenn er wüsste. 

Wir brachten Minhos Koffer in mein Zimmer. Meine Mutter klopfte und öffnete die Tür. „Minho kann ich kurz mit dir reden?", fragte sie sanft, worauf Minho mit ihr mitging. Über was redeten sie? Neugierig war ich schon, doch ich respektierte ihre Zweisamkeit. Bis ich wirklich auf die Toilette musste. „Wieso jetzt?", murrte ich. Das bedeutete, dass ich aus meinem Zimmer musste und in die Gefahr lief, gehört und gesehen zu werden und ich wollte solange hier bleiben, bis sie fertig mit Reden waren. Meine menschlichen Bedürfnisse ließen sich allerdings nicht abstellen und so schlich ich mich zum Badezimmer. Nachdem ich meine Hände gewaschen und abgetrocknet hatte, wollte ich in mein Zimmer gehen, als ich kurz ins Wohnzimmer schaute, wo meine Mutter Minho umarmte und ihm sanft auf die Schulter klopfte. Der Anblick rührte mich.

Minho kam zurück und schloss mich wortlos in die Arme. „Bitte, halte mich einfach nur fest", bat er und kuschelte sich in meine Halsbeuge. Sein ganzer Körper zitterte. Noch immer steckte ihm die Abfuhr seiner Eltern tief in den Knochen und das gab mir ein Grund wieder mein Selbstzweifel reinzulassen. Seit langem hinterfragte ich mich, wieso ich ihm das alles angetan hatte. Würde ich ihm damals nicht zu Sex verführt haben, würde er immer noch bei seinen Eltern und den Katzen, die er so gerne hatte, leben. Wieso habe ich seinen Leben so sehr zerstört? Lieber ich sagte nichts davon, denn es wäre egoistisch und er brauchte mich gerade. Ich habe seine Zuneigung viel zu oft benutzt. Jetzt war er an der Reihe getröstet zu werden und ich werde ihm mein ganze Liebe geben. „Du bist nicht alleine. Ich stehe das mit dir durch", versicherte ich ihn und küsste sanft sein Haar.

Mein Selbstzweifel, der zuvor wie ein stiller Bach glich, wurde schnell zu einem tosenden Meer, das mich verschlucken wollte. Ich wollte meine Tränen zurück halten, die sich aus meinen Augen drängen wollten. Wieso brauchte ich immer seinen Trost? Ich musste doch auch mal stark sein. Für Minho. Es brachte nichts, denn die Angst und der Selbstzweifel waren viel stärker als mein Vorhaben stark zu sein. In der Nacht, als ich eigentlich schlafen solle, konnte ich meinen Tränen nicht länger zurück halten. Minho hörte mein Schluchzen sofort.  „Baby, was ist los?" Wie verdiente ich seine Liebe nur? Ich war so egoistisch. Seit ich ihn in der Nacht draußen zum ersten Mal gesehen hatte. Minho kuschelte sich an meinen Rücken und hielt mich fest. „Sungie, wieso weinst du?"

„Weil ich dir das alles angetan habe."

Between reality and dream (Minsung FF)Where stories live. Discover now