Der Omega, der Badboy und die Mafia

Mörderische Blicke, Karaoke und eine Nachtigall

Luke

"Hoch die Hände, Wochenende!" Laut jubelnd rennt Lizzy an mir vorbei durch die Schultür nach draußen und in die Freiheit. Endlich, das haben wir uns wirklich verdient. So viel gelernt habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht.

Selbst Larry ist meiner Meinung. "Nach einer langen Einheit mit aufwändigem neuem Input ist es für unseren Hippocampus sehr wichtig, eine Pause einlegen zu können, um das Erlernte zu sortieren und angemessen abzuspeichern", doziert er mit leicht nasaler Stimme in meinem Kopf.

Kopfschüttelnd über so viel Blabla laufe ich Lizzy hinterher, greife sie um die Hüfte und wirbele sie durch die Gegend, bis wir beide lachend auf den tipptopp gepflegten Schulrasen fallen und unsere Gesichter in die Sonne strecken.

"Und was machen wir jetzt?", fragt Lizzy, nachdem wir beide wieder etwas zu Atem gekommen sind. "Ich weiß es. Lass uns Pferde stehlen!"

Bevor ich ernsthaft über ihren Vorschlag nachdenken kann, werde ich von einem "Hoi!" Ruf unterbrochen. Als ich mich auf meine Ellebogen stütze, sehe ich Dean, Pete und Kimberley auf uns zukommen. "Hey, was geht?", begrüßt Lizzy die drei freudestrahlend, auch wenn sie den Blickkontakt mit Dean dabei auffällig meidet.

"Wir wollten in die Stadt, da gibts heute Karaoke im Irish Pub", beginnt Kimberley sofort zu schnattern, während Dean neben ihr eifrig nickt und Pete etwas furchtbar Interessantes an seiner Fußspitze gefunden hat. "Wir dachten uns, wir genehmigen uns nen kleinen Absacker und trällern vielleicht das ein oder andere Liedchen!"

Panisch schaut Lizzy zu mir, Angst trieft aus jeder Pore. "Ähm ..."

"Komm schon, Lizzy", versucht nun auch Dean uns zu überzeugen. "Bitte?" Wahnsinn, hat der Junge einen Augenaufschlag. Den er ganz alleine auf Lizzy richtet. Aha, aha. "Nachtigall, ick hör dir Trapsen!", quäkt Larry mir von innen ins Ohr.

Was wäre ich denn bitte für ein bester Freund, wenn ich Lizzy nicht manchmal zu ihrem Glück zwingen würde. Also lege ich gekonnt einen Arm um ihre Schulter und verkünde laut: "Klar kommen wir mit!"

Wenn Blicke töten könnten, würde ich unter Lizzys Augen gerade mehrere Schlaganfälle auf einmal erleiden. Gefolgt von einem Herzinfarkt. Dann jedoch sacken ihre Schultern leicht nach vorne, als sie sich geschlagen gibt. "Na gut, dann kommen wir eben mit!"

"Du musst ja nicht singen, schau es dir aber doch zumindest mal an", flüstere ich Lizzy noch beruhigend ins Ohr, so dass die anderen mich nicht hören können. Vor Ort kann ich sie ja dann immer noch auf die Bühne schubsen.

~

Der Irish Pub ist gerammelt voll, wir können gerade noch so einen Tisch für alle in einer düsteren Ecke erobern. Ein paar Getränke später ist dann auch die Stimmung bei allen wieder locker. Als Lizzy beim Lied eines anderen Paares beginnt, leise mitzusummen und sich im Takt zu wiegen, scheint Dean seine Zeit für gekommen zu halten.

"Okay, also ich hab Bock zu singen. Wer macht mit?" Das sagt seine Stimme. Seine Augen sind bei der Frage ausschließlich auf Lizzy gerichtet. Diese versteift sich sichtlich und hat plötzlich etwas unglaublich Interessantes an ihrer Fußspitze gefunden. Was haben heute nur alle mit ihren Schuhen?

"Ach kommt schon, niemand? Ihr könnt mich doch da nicht alleine nach vorne lassen!" Wieder werden Deans Worte von einem auffordernden Blick in Lizzys Richtung begleitet.

"Ach Gottchen, wenn sich sonst niemand findet, singe ich halt mit dir. Aber ich such das Lied aus!" Nicht nur ich schaue überrascht zu Kimberley, die die Situation offensichtlich vollkommen falsch verstanden hat. Auch Dean schafft es nur mit Mühe, seine Enttäuschung zu verstecken, und Lizzys Aufmerksamkeit ist mittlerweile zu ihrem Daumennagel geschwenkt.

Doch bevor noch irgendjemand reagieren kann, hat sich Kimberley Dean auch schon geschnappt und am Ärmel nach vorne gezogen. Dort diskutieren die beiden ein Weilchen mit dem Techniker, bevor sie mit dem Mikro in der Hand auf die kleine Bühne treten, die eigentlich nur eine kleine freie Fläche neben der Theke ist.