Ein Pummeluff-Traum, Murphy's Law und ein Pailletten-Edward in pink

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Luke

Kaum im Zug, beginnt auch schon die ewige Suche nach meinem Sitzplatz. Immerhin war ich schlau genug, mir einen zu reservieren, sogar im eigenen Viererabteil mit Steckdose. Man stelle sich vor, mir würde der Strom ausgehen. Oder ich müsste die mehrstündige Fahrt stehend verbringen. Allein beim Gedanken daran bricht mein Rücken ab.

"Ich hab dir gesagt, wir hätten am anderen Ende einsteigen sollen", nörgelt Larry, "jetzt müssen wir uns einmal komplett durchquetschen." Ich glaube, das ist ein Naturgesetz. Man steigt immer auf der falschen Seite in den Zug. Hatte das nicht sogar einen Namen? Wo bleibt Larrys unnützes Halbwissen, wenn man es mal braucht?

Meinen Latte in der einen, den Koffer in der anderen Hand und dann noch den schweren Rucksack, das ist wie Jonglieren und Gewichtstemmen während einem Parcourlauf. Mein Sportpensum für heute habe ich jedenfalls erledigt. Endlich bei meinem Sitz angekommen bin ich verschwitzt, zerknautscht und außer Atem.

Mit letzter Kraft wuchte ich meinen Koffer ins Gepäckfach, packe meinen Rucksack auf den glücklicherweise freien Sitz neben mir und meine Füße auf den Sitz gegenüber. Jetzt noch Kopfhörer rein und die Welt kann mich mal. Nach so viel Anstrengung habe ich mir ein Nickerchen verdient.

Bald haben mich die stetig ratternden Räder des Zuges in den Schlaf gelullt. Da hilft auch das bisschen Koffein vom Latte nicht viel. Immerhin geht so die Fahrt schneller rum, ist mein letzter Gedanke, bevor ich komplett wegnicke.

Nur ganz entfernt bekomme ich mit, wie die Tür zum Abteil sich leise öffnet und wieder schließt. Zu weit bin ich schon ins Traumland abgetaucht. Gerade springe ich als Wolf durch pinke, fluffige Wolken und sehe dabei ein Pummeluff, das mir aus der Ferne zuwinkt.

~

Rumms!

"Woah!" Mit einem Schlag bin ich wach, alle Wolken zerplatzt und in sämtliche Himmelsrichtungen zerstreut. Was zum ...?

"Ist hier noch ein Platz frei?" Um Himmels willen, was ist denn das für eine schreckliche Stimme? Klingt, als hätte ein Lehrer mal wieder vergessen, die Kreide durchzubrechen vorm Tafel beschriften. Oder als würde Larry mit seinen Krallen über die gleiche Tafel kratzen. Oder als ...

"Hallo, jemand zuhause?? Ich hab gefragt, ob hier noch ein Platz frei ist?"

Ich schaue in Richtung der Quietscherin. Ihre Optik passt zur Stimme: schrill, aufgeblasen, zum weglaufen. Hand genervt in die Hüfte gestemmt, kilometerlange Fingernägel grellpink lackiert, Augenbraue fragend in die Höhe gezogen. Und ist das etwa ...

"Meine Güte, ist das etwa Edward auf deinem Shirt? In pink? Mit Pailletten??" Hab ich das gerade laut ausgesprochen? Nein, mein Mund war die ganze Zeit geschlossen. Auch Larry schüttelt mit dem Kopf.

Erst jetzt bemerke ich mir schräg gegenüber noch eine weitere anwesende Person. Sie sieht in etwa aus, wie ich mich gerade fühle: verschlafen, aufgeschreckt, angewidert. Und ganz nebenbei habe ich den Grund für meinen Pummeluff-Traum gefunden. Das kleine, pinke Wesen zwinkert mir von ihrem Pulli aus zu.

"Ja, natürlich. Edward ist ein Gott, er ist so cool, so deep, und überhaupt, you know! Ich bin großer Edward-Fan, ich habe sogar meinen eigenen Edward-Fanclub gegründet." Mein Kopf wippt wieder Richtung Tür, wo dieser Inbegriff der tiefsinnigen Äußerungen seinen Ursprung hat.

"Bitte, lass diesen Kelch an uns vorübergehen", wirft Larry in meinem Kopf ein, "Bevor ich die restliche Zugfahrt über glitzernde Vampire reden muss, schließe ich mich auf der Zugtoilette ein!" Natürlich sind wir im Team Jacob, Werwolf, merkste, oder?

"Kann ich jetzt bei euch mitfahren? Ihr habt doch noch zwei Plätze frei!", unterbricht die Quietscherin meine Gedanken schon wieder.

"Kommt drauf an, wo willst du denn hin?", fragt meine Nebensitzerin. Ähm, was?

"Nach Shotton, von dort werde ich am Bahnhof abgeholt. Wisst ihr, da in der Nähe ist meine Schule, ein gaaanz tolles Internat, ich sage euch ..."

Glücklicherweise müssen wir uns nicht mehr alles anhören, was sie uns gerne noch erzählen würde, denn meine Sitznachbarin unterbricht sie gerade noch rechtzeitig: "Tut uns leid, dieses Abteil fährt leider nach ShottOFF. Da wirst du dir leider einen anderen Sitz suchen müssen."

Wenn ich nicht wüsste, dass das absoluter Bullshit ist, den Pummeluff-Girl der Quietscherin gerade auftischt, würde ich ihr den bedauernden Augenaufschlag beinahe abkaufen. "Hut ab, so gut möchte ich auch mal schauspielern können", pflichtet Larry mir innerlich applaudierend bei.

Nur mit Mühe schaffe ich es, meine Gesichtszüge unter Kontrolle zu halten, während sich die Pailletten-Lady flunschziehend und nasekräuselnd mit einem gemurmelten "Danke für den Hinweis, nicht dass ich noch in der falschen Stadt lande ..." verabschiedet. Kaum fällt die Tür hinter der pinken Heimsuchung ins Schloss, bricht das Lachen auch schon aus mir heraus. Ich pruste, bis mir die Tränen laufen, und meinem Gegenüber geht es nicht anders.

"So genial, wie du die losgeworden bist. Vielen Dank dafür. Ich dachte schon, wir müssen die jetzt die restliche Fahrt über aushalten."

"Himmel bewahre! Ich bin Lizzy, by the way. Deine neue beste Freundin."

Der Omega, der Badboy und die MafiaWhere stories live. Discover now