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Raphael

"Ich möchte zu Coricco."
Das Lächeln der Dame verschwand und mit einem ernsten Blick nickte sie.
"Wenn sie hier kurz warten würden...?" Ich nickte und sie nahm den Hörer eines alten Telefons mit Wählscheibe in die Hand und wählte eine Nummer. Ich vernahm das rattern der Wählscheibe und nach jedem rattern am Ende ein kleines Ping. Danach drang ein leises Tuten durch den Hörer.

"Besuch für Coricco." Sagte die Dame und musterte mich. Die Person am anderen Ende der Leitung gab ihr wohl irgend eine Anweisung, denn sie antwortete nur noch. "Okey, verstanden." Und legte wieder auf.

"Wenn sie mir kurz folgen würden...?" Sie ging um den Theresen herum und geradewegs auf einer großen Pendeltür zu und wortlos folgte ich ihr. Währenddessen wir einen kleinen schmalen Gang entlang liefen, versuchte ich mein immer lauter pochendes Herz unter Kontrolle zu bekommen.

Schließlich blieb sie vor einer Tür stehen.
"Sie können eintreten." Nach diesen Worten drehte sie sich wieder um und verschwand.

Ein wenig Nervosität stieg in mir auf. Doch wie gesagt: Jetzt gab es kein zurück mehr.
Vorsichtig klopfte ich noch einmal, eher die Stimme von Coricco ertönte und er mich hinein bat.
"Ahh, Raphael. Es ist schön dich zu sehen. Komm doch bitte weiter rein. Und schließ die Tür wieder." Er machte eine einladende Geste mit seiner Rechten Hand. In der linken hielt er ein Glas mit Whiskey und gemütlich saß er auf einem Schreibtisch Stuhl. Hinter ihm standen zwei breit gebaute Bodyguards und sahen stur geradeaus.
Wortlos ging ich seiner Bitte nach und blieb schließlich vor seinem Schreibtisch stehen.

"Was kann ich für dich tun?" Fragte er und mein Herz schlug erneut schneller als schon zuvor.
"Ich wollte sie um etwas bitten." Fing ich an und Coricco setzte sich etwas aufrechter hin und stellte sein Whiskey Glas ab.
"Ich brauche dringend Geld. Es ist ein Notfall. Ich bitte sie, mir etwas zu leihen."
Coricco lachte und lehnte sich wieder zurück in seinen Stuhl.
"Du weißt, dass das nicht so einfach geht, Raphael. So etwas kostet einen hohen Preis, das verstehst du, oder?"
"Ja, Sir. Das verstehe ich."
"Also... wie weit bist du bereit zu gehen?" Fragte er und ich schluckte. Er wusste genau, wie ich zu meiner Familie stand. Er wusste, dass ich alles tun würde. Ich war verzweifelt genug dafür. Immerhin stand ich in seinem Büro.
"Alles, Sir. Ich werde weiter rennen fahren. Wenn es sein muss bis an mein Lebensende. Ich werde ihnen das ganze Geld, das mein Vater ihnen schuldet zurückzahlen und auch die Schulden, die ich auf mich nehmen möchte. Ich bin bereit für sie zu arbeiten, egal um welchen Job es geht. Ich werde alles machen, was sie von mir verlangen."
Und das war die Wahrheit. Mir würde es nicht gefallen. Das ist klar. Aber so konnte ich meine Familie retten. Es war der einzige Weg.

"Alle Achtung, da weiß einer auf jeden Fall was er will. Es ist ein ganz schön großes Risiko welches du eingehen möchtest. Und für mich ist das auch ein hohes Risiko."
Für ihn? Er hatte genug kohle um damit die halbe Stadt für mindestens vier Wochen ernähren zu können. Und er verdient immer und immer mehr Geld, während er den Rest wahllos ausgab.

"Dein Gesichtsausdruck zu Urteil, verstehst du es noch nicht ganz nehm ich an. Für mich ist das ganze natürlich ein Risiko weil ich dich kenne, Raphael. Und ich kenne deinen Vater. Was passiert also, wenn du ebenfalls in den Knast wanderst? Was wird passieren, wenn du anfängst bei der Polizei oder dem Richter zu Singen um deinen eigenen Arsch zu retten? Wenn du uns also verrätst? Das hatte dein Vater auch vor und sieh dir an wie weit er es damit geschafft hat."
Ich blieb eine kurzen Moment stumm....
"Ich bin ein Mann der seine versprechen hält. Das schwöre ich."
"Das ist lustig. Genau das gleiche hatte Rick mir damals auch gesagt. Er ging sogar vor mir auf die Knie. Und ich hatte ihm Geglaubt. Aber aus Fehlern lernt man. Also ist meine Antwort folgende: Nein. Von mir wirst du kein Geld bekommen. Alles was du tuen wirst, ist weiterhin die Rennen gewinnen und so die Schulden deines Vaters abzubezahlen. Wir sind hier fertig."

Mein Herz rutschte in die Hose.
"Bitte, ich bitte sie. Es ist ein Notfall!" Flehte ich und trat einen Schritt nach vorne.
"Es geht um meine Familie. Bitte..."
"Hör zu, ich weiß deine Loyalität zu deiner Familie wirklich sehr zu schätzen. Wirklich, das ist etwas großartiges. Aber genauso loyal zu mir zu sein, das traue ich dir nicht zu. Meine Entscheidung steht fest. Einen schönen Abend noch, Raphael."
Er hob seine Hand und die zwei Männer hinter ihm setzten sich in Bewegung. Sie gingen auf mich zu, fassten mich an den Schultern und führten mich grob aus dem Raum.

Nein... nein! Das konnte er doch nicht einfach so machen! Er muss mir helfen! Aber, doch.... Er konnte es einfach so machen. Er hatte es gerade getan. Er hat mich wortwörtlich vor die Tür gesetzt.
Ich raufte mir die Haare. Das war die einzige chance!
"Fuck!" Schrie ich auf einmal laut und legte verzweifelt meinen Kopf in den Nacken. Ich war bereit verdammt noch mal alles für meine Familie zu tun. Alles! Und das lehnt Coricco ab? Weil er denkt ich bin wie mein Vater?
Augenblicklich hielt ich in meiner Bewegung inne und dachte für eine kleine Sekunde nach.
Mir kam eine Idee. Eine allerletzte Idee. Eine gefährliche.
Coricco war der halbwegs legale Weg an Geld zu kommen. Doch was ist, wenn ich die Straße des Illegalen Weges betrete...?

Mit einer neuen Idee und fester Überzeugung, dass alles gut gehen wird, fuhr ich aus dem Viertel der reichen, komplett aus der Stadt raus. Direkt hinter der Stadt war das Revier der Toronto-Gang. Eine kleine, aber gefährliche Bande. Und zu meinem Gunsten; Paolo Rossi schuldet mir einen gefallen. Er war ein Handlanger der Gang, vertickte alles was illegal ist und ich half ihn aus der patsche.
Ich wusste damals nicht wer er war, doch er wurde mit einer Waffe bedroht. Nur durch Zufall bin ich mit meinem Motorrad dort lang gefahren. Ich hab ihn mit aufs Bike gezogen und ihn so vor dem Tot gerettet, der ihm sonst geblüht hätte.
Und so schuldete er mir etwas. Und das würde ich jetzt einlösen.

Sobald ich hinter der Stadt war, dauerte es nur noch einen Augenblick, bis ich an einer alten, stillgelegten Tankstelle ankam. Einige Mitglieder saßen draußen auf ihren Pickups, doch ich fuhr hinter die Tankstelle. Dort stieg ich ab und entdeckte sofort Paolo.
"Rossi!" Rief ich, stieg von meinem Motorrad ab und sah, wie der angesprochene auf mich zu lief. Er war ein typischer Italiener und man würde niemals denken, dass er Mitglied einer Gang ist.

"Raphael! Wow es ist lange her!" Er begrüßte mich mit einem Handschlag, ehe er schon direkt zur Sache kam.
"Was kann ich tun?"
"Du schuldest mir noch was. Weißt du noch?"
Paolo nickte und schien sich an den Abend zurückzuerinnern.
"Diesen Gefallen würde ich gerne einlösen."
"Selbstverständlich. Alles was du willst..."
"Ich brauche nur eins. Eine Waffe."

All that's bright and goneWhere stories live. Discover now