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Raphael

Ich fühlte mich elendig. Die ganze Nacht hatte ich kein Einzelnes Auge zugedrückt. Ich konnte einfach nicht schlafen, konnte meinen Gedanken nicht die Kontrolle überlassen. Die ganze Nacht versuchte ich zwanghaft an etwas anderes zu denken. Und das war leichter gesagt als getan. Es war anstrengend und auch noch nachts flossen meine Tränen, wobei ich doch dachte, dass meine Tränendrüsen völlig ausgetrocknet sein müssten.

Ich dachte, das typische Chaos im Haus würde meine Stimmung etwas besser machen, doch irgendwie tat es das nicht. Es herrschte eine ungewöhnliche Spannung am Esstisch.
„Wo ist Cedric?" fragte Blue und sah sich um, so als würde er denken er hätte sich versteckt.
„Ähm.. Cedric ist krank geworden. Er kommt heute nicht." log ich deshalb. Es war das erstbeste, dass mir eingefallen war. Ich wusste, dass Fae es mir nicht glauben würde, da sie wusste, dass wir einen Streit hatten. Doch auch sie kannte nicht die ganze Wahrheit. Und das ist gut so.
Jovie sah mich nur vielsagend von der Seite an, eher es an der Zeit war, sich für die Schule fertig zu machen.

Genau an solchen Tagen war ich dankbar, noch das Auto von Nachbarin Eli zu haben. Wenn man den Mercedes gewohnt war, dann fuhr diese alte Rostlaube furchtbar. Alles war wackelig und der Motor war am gröhlen. Die Gänge funktionierten nicht mehr richtig, ebenso wenig die Bremsen... und mir wurde klar, dass ich mich zu sehr an das teure Auto gewöhnt hatte. Das taten wir alle, denn Blue und Fae, genauso wie Jovie und ich waren froh als wir den Wagen wieder verlassen konnten.
Doch bei mir dauerte es noch ein wenig, bis ich das Auto wieder zuhause abgestellt hatte.

Denn ich musste mich um Geld kümmern. Um einen Job. Bei einer anderen Werkstatt. Ich musste es versuchen.
Die erste Werkstatt die ich anfuhr, war kleiner als meine vorherige. Dennoch habe ich gelesen, dass sie gut bezahlen würden.
Ich betrat die Werkstatt und fand den Chef durch Zufall. Er stand gerade am Ausgang der Werkstatt und verabschiedete einen Kunden.

„Guten Morgen Sir. Ich habe gelesen, dass sie Mitarbeiter für ihre Werkstatt suchen. Ich würde mich gerne bei ihnen bewerben."
Der Mann musterte mich, so wie es jeder tat. An solchen Orten wie hier war es Gottseidank egal, ob und wie viele tattoos man hatte.
„Auch ihnen einen guten Morgen. Das freut mich zu hören, wie lautet ihr Name?"
Ich schluckte.
„Raphael, Sir. Raphael Coleman."
Es wurde still, das freundliche Lächeln des Geschäftsführers verschwand für einen Augenblick, eher es wieder auftauchte.
„Entschuldigen sie bitte, aber ich denke die Stellenanzeige muss veraltet sein. Wir suchen derzeit keine Mitarbeiter." es klang wie eine Ausrede. Es war eine Ausrede. Und nur, weil er nun wusste welchen Nachnamen ich trage.
Verdammt! Manchmal hasste ich diesen Namen. Ich hasste es, dass die Menschen uns danach beurteilten; nach unseren Namen. Und nicht nach dem Dingen die wir tun.

„Oh. Verstehe... Dann danke ich für ihre Zeit."
Und schon war ich aus dem Laden verschwunden. Ich raufte mir dir Haare. Es war zum kotzen.
Ich versuchte es bei der nächsten Werkstatt. Und bei der nächsten. Doch auch sie kamen mit billigen Ausreden um mich abzuwimmeln.

Frustriert ließ ich mich Zuhause aufs Sofa fallen. Ich musste doch irgendwie an Geld ran kommen. Nur wie?

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Cedric

„Sie wollen über Raphael Coleman sprechen?" fragte Mr. Thompson, der mir einen ziemlich erstaunten Gesichtsausdruck zeigte.
„Ganz genau."
„Das geht leider nicht." sagte er, relativ zügig nach meiner Antwort, doch das ließ mich erneut nur noch einmal skeptisch wirken.
„Ihr Vater hat mir ausdrücklich verboten darüber zu reden." keine Sekunde später, als er realisiert hatte, was da vor sich gab, weitete er kaum merkbar, geschockt seine Augen.
Aber warte.. was hat er da gerade gesagt?
„Sekunde.. mein Vater war hier? Wieso sollte er..." mir kam eine Böse Vorahnung.

„Tut mir leid, Sir aber darüber darf ich nicht reden."
„Ich bitte sie nicht darum mir darüber etwas zu erzählen." mein Tonfall wurde strenger. Ich schwöre bei Gott, wenn mein Vater damit irgendetwas zu hat... dann werde ich ihn den gottverdammten Hals umdrehen.
„Wie gesagt, ihr Vater..." ich unterbrach ihn, in dem ich mit meiner Handfläche einmal laut auf den Tisch vor mir klatschte.
„Was mein Vater ihnen sagt, ist mir vollkommen egal. Ich verlange auf der Stelle, dass sie mir hier sagen, was vor sich geht! Raphael ist ein guter Mensch! Und wenn Clifford irgendetwas mit seiner Beurlaubung zu tun hat, dann will ich es jetzt wissen!"

Mr. Thomson zuckte bei meinen lauten Worten zusammen.
„Er kam zu mir. Vor zwei Tagen. Er bot mir Geld. Eine Menge Geld, wenn ich Raphael Coleman kündigen würde. Er sagte nicht wieso oder weshalb. Er legte nur einen Check auf den Tisch, überbrachte seine Botschaft und war verschwunden." seine Stimme klang auf einmal nicht mehr so fest und erwachsen wie vorhin. Er ähnelte einem eingeschüchterten Kind.
Ich schnaubte und atmete einmal tief durch.
„Ich werde unverzüglich mit meinen Vater reden. Und sie..." mit einem mahnenden Blick sah ich ihn an.
„Werden ihn wieder einstellen, sobald ich das alles geklärt habe. Verstanden?"
„Ja Sir. Wie sie wünschen."

Dann verließ ich das Büro, stieg geradewegs in mein Auto und raste über die Straßen. Bis ich wieder auf dem Gelände meines Vaters war. Unachtsam stieß ich die Tür von seinem Büro auf und hektisch drehte mein Vater sich um.

„Cedric!" die typische Begrüßung.
„Warum bist du nicht in der Schule?" fragte er direkt und man hörte augenblicklich Zorn in seiner Stimme.
„Das wirst du gleich erfahren. Aber wag es ja nicht nochmal, dich in das Leben von Raphael oder den Rest der Coleman's einzumischen! Du zerstörst ihr Leben! Ihre ganze Existenz!"
„Wovon redest du da?!"
„Wovon ich rede? Das weisst du ganz genau!"
„Meinst du etwa meinen kleinen Besuch bei diesem ärmlichen Werkstattleiter? Ich hab getan, was getan werden musste um dich endlich zur Vernunft zu bringen!" ich wurde wütend und gab mir Mühe, nicht irgend einen Stuhl zu zertreten.

„Da hast du kläglich versagt. Und egal was du sonst noch tun wirst, du wirst immer versagen! Ich werde die Coleman's nicht aufgeben!"
„Das wirst du noch früh genug sehen, mein Sohn! Wenn ich ihnen nichts nehmen kann, dann nehme ich eben dir alles! Ich nehme dir alles, was dich für die Coleman's so wichtig macht!"
Ich lachte bitter auf.
„Willst du mir etwa mein Geld wegnehmen? Das wird nicht funktionieren. Ich habe Millionen auf meinem Konto. Und das beste daran ist: es ist mein Geld. Du hast darüber keine Vollmacht mehr. Dafür habe ich schon sehr früh für gesorgt."

Das fast schon siegessicherer grinsen verschwand aus seiner Visage.
„Was meinst du?" er klang verwirrt.
„Das ist der Vorteil bei einem viel beschäftigten Mann. Dir wird ein Zettel unter die Nase gehalten und mit geschlossenen Augen und Verstand unterschreibst du ihn. Tja. Das wars mit deiner Vollmacht."
Seine Gesichtszüge entgleisten für einen Augenblick, eher der Zorn seinen kompletten Verstand überrannte.
Auf einmal stand er so dicht vor mir, wie er es noch nie war.

„Du bluffst." er zwang sich zu einem aufgesetzten lachen, doch mit ernster mine schüttelte ich meinen Kopf.
„Dann ruf die Bank an. Gerne hier und jetzt. Diesen Kampf hast du verloren." jetzt war ich es, der siegessicher lächelte, doch der Blick meines Vaters verfinsterte sich. Er trat einen Schritt zurück, richtete den Ärmel seines Anzugs, eher er mit seiner Hand ausholte und mir mit seiner Faust einen kräftigen Schlag verpasste. Ich taumelte zurück, er hatte mich an der Schläfe erwischt. Doch das war noch nicht alles. Der nächste Schlag traf mein Auge und der letzte meine Lippe. Geschockt versuchte ich Halt an einem Stuhl zu finden, doch ungefedert krachte ich auf den Boden. Für einen kurzen Moment sah ich schwarz vor Augen, ich hielt mir mit meiner Hand mein Gesicht fest und alles um mich herum schien auf einmal so verschwommen.

„Du hast vielleicht diesen Kampf gewonnen, wie du es so schön sagst. Aber den Krieg, den wirst du verlieren!"

All that's bright and goneWhere stories live. Discover now