Kapitel 61

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Ich versuchte mich unauffällig an der Rezeption vorbeizuschleichen, doch Inga sah mich dennoch.
,,George? Was machst du denn schon hier? Deine Schicht fängt doch erst in drei Stunden an?'' kam es von ihr.

Ich schaute sie an und kratzte mir nachdenklich am Hinterkopf. Was würde eine gute Begründung sein, um drei Stunden vorher auf der Arbeit zu erscheinen? Vermutlich niemand würde so etwas freiwillig tun.

,,Ich hatte nichts zu tun und dachte mir, dass ich heute einfach mal etwas früher anfange'' antwortete ich ihr. Sie nickte und lächelte mir zu.

Ich lief in den Umkleideraum und setzte mich dort erst einmal hin. Ich machte mir nicht einmal die Mühe, das Licht einzuschalten. So saß ich dort im Dunkeln, in der Stille und dachte nach.

Wieso fühlte es sich wieder so an, als wäre ich 17 und würde denselben Mist wiederholt durchleben müssen? Wieso konnten wir nicht einfach in Ruhe und zufrieden weiterleben, wie wir es die letzten Jahre taten?

Wenn Molly und Mason diesen Unfall nicht gehabt hätten, wäre dann überhaupt herausgekommen, dass Clay der eigentliche Vater von Alysa war?

Als ich Alysa's Gesicht vor Augen hatte, fragte ich mich, wie man es überhaupt übersehen konnte. Alleine an den Augen hätte ich es doch schon merken müssen. Oder ihre Art, die nicht nach Mason herging, sondern nach Clay. Es lag ihr einfach im Blut.

Ich seufzte und hörte wie die Türe aufgemacht wurde und jemand hereinkam. Ich hoffte, dass es nicht Thea sein würde. Für den Mist hatte ich im Moment überhaupt keine Kraft.

Das Licht wurde eingeschaltet, ich sah Micheal plötzlich im Raum stehen, der sich anscheinend meinetwegen erschrocken hatte.
,,Oh Gott hast du mich erschrocken'' kam es von ihm.

,,Was machst du denn schon hier?'' fragte er und kramte an seinem Spind herum.
,,Ich fange heute etwas früher an'' antwortete ich ihm. Anscheinend erkannte er anhand meiner Stimme, dass es mir nicht bestens ging.

Er setzte sich neben mich und schaute mich an.
,,Alles klar bei dir? Hörst dich etwas niedergeschlagen an'' sagte er. Ich zuckte nur mit den Schultern und starrte auf den Boden.
,,Nein, alles gut'' antwortete ich jedoch.

,,Sicher?'' hackte er nach, ich nickte. Er stand auf und schaute mich noch einmal an.
,,Falls du es dir doch anders überlegst, du kannst mich jederzeit ansprechen, wenn du reden möchtest'' sagte er noch, bevor er den Raum wieder verließ.

Nach wenigen Minuten stand ich auf, zog mich um und machte mich an die Arbeit. Ich konnte nur hoffen, dass ich heute bei der Sache sein und mich durch meine privaten Probleme nicht von der Arbeit ablenken lassen würde.

Ich lief zur Empfangsstation, da ich dorthin bestellt wurde. Dort angekommen sah ich ausgerechnet Monica und Alysa. Warum mussten es ausgerechnet diese zwei gerade sein?

Als ich Alysa anschaute, überkam mich ein kalter Schauer.
,,Sie...sie ist meine Tochter...'' ertönte Clay's Stimme in meinem Kopf.

Ich wollte sofort umkehren, doch Dr. Miller rief mich, wodurch ich keine Chance hatte ihnen auszuweichen. So lief ich zu ihm, der auch noch bei ihnen stand.

,,Können Sie sich bitte um Alysa Young's Wunde kümmern? Sie muss einmal gereinigt und neu verbunden werden. Ich muss leider jetzt zu einem Notfall auf der Südseite'' sagte er, ich nickte nur stumpf und schenkte Alysa und Monica ein aufgezwungenes Lächeln.

Monica wusste überhaupt nicht, dass ich der Lebenspartner von Clay war. Somit konnte sie auch überhaupt nicht wissen, dass ich von dem Besuch bei uns Zuhause wusste oder, was in mir gerade hervorging.

Im Behandlungszimmer setzte sich Alysa auf die Liege. Ich fing an, das Pflaster an ihrer Stirn zu entfernen und zu reinigen.
,,Du schlägst dich echt tapfer'' sagte ich zu ihr.

Ich musste professionell bleiben. Es war noch immer mein Beruf, den ich dadurch nicht beeinflussen lassen durfte. Selbst, wenn es mir wirklich schwerfiel, so zu tun, als hätte ich von nichts Ahnung.

,,Meine Mama hat immer gesagt, dass ich nach meinem Vater kommen würde'' erzählte sie. Für einen kurzen Moment hielt ich in meiner Bewegung inne. Als ich wieder zu mir kam, versorgte ich die Wunde weiterhin.
,,Ja...das kann durchaus sein'' entgegnete ich ihr mit einem erneuten aufgezwungenem Lächeln.

Ich fragte mich, wie Alysa das so gut wegstecken konnte. Was genau? Den Tod ihrer Eltern. Sie kam wohl wirklich mehr nach ihrem Vater...der war schließlich auch gut darin alles immer zu verstecken oder sich nichts anmerken zu lassen.

Nachdem ihre Wunde versorgt war und sie schon einmal in den Flur gelaufen war, sprach ich mit Monica.
,,Wie geht es mit ihr jetzt weiter?'' fragte ich.
,,Ich darf wegen des Datenschutzes leider mit Ihnen darüber nicht sprechen, das tut mir leid'' sagte sie, lächelte mir zu und wollte den Raum verlassen.

,,Ich weiß, dass ihr leiblicher Vater noch lebt, deshalb frage ich'' rief ich ihr hinterher. Sie bleib stehen und drehte sich um.
,,Woher wissen Sie davon?'' fragte sie sichtlich irritiert.

,,Clay Ruel ist mein Lebenspartner'' entgegnete ich ihr, woraufhin sich in ihrer Miene etwas veränderte.
,,Das wusste ich nicht'' sagte sie, ich nickte nur stumpf.

Sie schien zu überlegen und fing schließlich an mich einzuweihen.
,,Er hat bis Ende der Woche noch Zeit uns eine Antwort zu überbringen. Andernfalls wird ihm das Sorgerecht entzogen und Alysa wird in eine Pflegefamilie untergebracht'' erzählte sie.

,,Bitte richten Sie ihm auch noch einmal aus, dass er nur noch bis übermorgen Zeit hat'' fügte sie hinzu.
Wenn Clay ihr also keine Antwort geben würde, würde er Alysa verlieren, bevor er sie überhaupt bei sich haben würde? Das konnte ich nicht zulassen.

Ich konnte nicht zulassen, dass er sich die Chance mit seiner Tochter vermasseln würde und das vielleicht sogar nur meinetwegen. Wenn er sich nicht bereit fühlen würde, würde ich ihm natürlich so gut es geht beiseite stehen.

Natürlich würde es mir nicht einfach fallen, doch wem würde es das auch schon? Ich liebte ihn und seine Zukunft war auch meine. Wir hatten schon so viel durchgestanden, das würden wir auch noch irgendwie meistern.


Nehmen wir mal an Stepbrother wäre echt. Also sie wären wirklich ein paar und Clay würde von einem älteren one night stand ein Kind haben. Denkt ihr, dass George wirklich so reagiert hätte?
Ich vermute ja, jedoch wäre er vermutlich auch wie dort erst einmal abgehauen, da es ihm zu viel gewesen wäre in dem Moment. 
👀















Stepbrother?Where stories live. Discover now