20.Januar 2012

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Akaashi POV

Auch wenn ich mir nicht anmerken versuchen zu lassen, bemerkt Kei sicherlich wie angespannt ich bin. Immer noch versucht er nach außen hin stark zu wirken, auch wenn ich weiß, dass dies nicht mehr als eine Fassade ist und mit jedem wackligen Schritt, den er nach vorne macht, fängt diese an zu bröckeln.

„Vielleicht hätte ich doch auf dich hören sollen", dabei ergreift er meine Hand, um ein wenig Halt zu bekommen, denn diese Bewegung setzt ihm körperlich ziemlich zu.

„Du bist eben unglaublich stur", sage ich, doch versuche ich ihm ein wenig Halt zu geben. Mist, warum musste die Schlange auch so lang sein? „Entschuldigen Sie", spreche ich eine Dame an „wäre es möglich, wenn ihn schon mal in den Kinosaal lassen? Ich habe auch vorbestellt."

„Für wen haltet ihr euch eigentlich? Wir haben ebenfalls vorbestellt, trotzdem geht es hier nach der Reihe", giftet dann schon die erste Frau an, welche vor mir steht.

„Sie sehen doch, dass er nicht so gut laufen kann", versuche ich es noch einmal.

„Tja, dann hätte dein Freund eben zu Hause bleiben müssen."

„Da bin ich viel zu oft", nuschelt Kei und schaut verlegen auf den Boden.

„Hey Junge", kommt es dann einige Reihen vor mir „ich tausche mit dir die Plätze, dann seid ihr zwei als Nächstes dran", meint dann ein Mann und lächelt mir freundlich zu. Ohne etwas zu sagen, nicke ich nur im Vorbeigehen tritt er nah an mich dran „wie lange?"

„Wie lange? Was meinen Sie damit?"

„Wie lange hat er noch? Weißt du, ich habe ebenfalls meinen besten Freund an Leukämie verloren."

Doch, bevor ich etwas antworten kann, fragt dem Kassieren mich schon nach meinem Namen, damit ich bezahlen kann.

„Das war wirklich nett von dem Mann, finde ich", sage ich zu Tsukishima, nachdem wir auf unseren Plätzen sitzen.

„Der hatte nur Mitleid mit mir und genau das will ich nicht", flüstert er und lässt sich noch ein wenig tiefer in den Sitz gleiten. Er leidet und das jeden Tag ein wenig mehr. Zwar kann er noch laufen, doch oft hat er Schwächeanfälle durch die ganzen Tabletten, welche er nehmen muss, um seine Schmerzen ein wenig in Griff zu bekommen. Seine Mutter war anfangs auch gegen seinen Vorschlag mit dem Kino gewesen, doch hatten wir sie überreden können uns zum Kino zu fahren.

Viele Dinge konnte Kei nicht mehr machen, auch zum Training konnte er bereits nicht mehr gehen, was er anfangs nie gerne getan hatte, fing er nun an zu vermissen. Die kleinen Dinge im Leben verlieren oft ihren Wert, weil wir es gewohnt sind, sie, um uns zu haben. Das nette Lächeln der Verkäuferin, welche dir morgens die warmen Brötchen über den Tresen reicht, eine Shoppingtour oder einfach nur ein Eis zu gehen. Wir wollen immer höher, weiter und schneller und sausen viel zu schnell an unserem Leben vorbei und am Ende bleibt uns nichts.

Vor Kei versuche ich immer stark zu sein, doch auch ich habe eine Heiden-Angst um ihn, denn auch wenn wir es alle nicht wahrhaben wollen, seine Lebensuhr schlug um einiges schneller als die unsere. Und ja, sie würde vor unserer zum Stillstand kommen.

Unsere Hoffnungen wurden wir eine Seifenblase zerplatzt, als er uns, nachdem Zusammensturz auf Bokuto seinem Geburtstag gestanden hatte, dass er wieder an Leukämie erkrankt war und das, obwohl er fast 10 Jahre keine Symptome gezeigt hatte.

Das Leben ist nicht fair!

Sein Wunsch war es gewesen diesen Film zu sehen und egal was er sich wünschte, ich versuchte ihm so viele Dinge noch zu ermöglichen.

Manchmal versuchten wir seine Krankheit zu verdrängen, auch wenn sie ein stiller Begleiter geworden war. In den letzten Wochen hatte er sehr abgenommen, behielt kaum noch das Essen im Magen, weil seine Tabletten ihm oft den Appetit verdarben, oder die Nahrung kurze Zeit später herausbefördern.

Mein Leben hatte sich auch verändert, seit ich Tsukishima das erste Mal gesehen hatte, denn ich fing an über einige Dinge nachzudenken, versuchte eine Lösung für das alles zu finden. Und wenn ich keine Lösung fand, dann hoffte ich, dass es eine Erklärung geben würde, wieso er sterben würde.

Der Tod ist für einen Sterbenden einfacher zu akzeptieren, als für die, die zurückbleiben. Womit ich nicht sagen will, dass er es leicht hat, nein das hat er nicht.

Jeden Tag wachte er auf, merkte aufs Neue die Schmerzen und diese unerträgliche Müdigkeit, oft wusste er gar nicht, ob er wach war, oder noch am Schlafen war. Wir suchten nach einem Sinn, doch es gibt einfach keinen. Er litt, damit er eines Tages in Ruhe die Augen schließen konnte.

Für mich ist Kei Tsukishima die stärkste Person, welche ich kenne, weil er versucht, damit klarzukommen. Er fokussiert sich auf die noch verbleibende Zeit. Seine Krankheit quälte ihn jeden Tag aufs Neue und forderte ihn einiges ab.

Manchmal komme ich mir, als würde ich das Leben gar nicht zu schätzen wissen, weil ich mir wünsche ich würde sterben anstatt er. Dabei würde Kei das niemals von mir verlangen.

Seine Mutter hatte eine Umschulung zur Kinderkrankenschwester gemacht, damit sie ihm selbst die Spritzen geben konnte, wenn er wieder einen epileptischen Anfall bekam. Dabei bereiten sich seine Krebszellen im ganzen Körper aus und befallen sein Gehirn.

Krebs macht sich nichts aus Versprechung, er fordert dich und er versucht dich zu verschlingen.

Heute wollten wir einen ganz normalen Abend verbringen, wie es gesunde Teenager nun einmal taten, ein schöner Kinobesuch und danach wollten wir bei ihm zu Hause noch ein wenig vor der Konsole hocken und ein Spiel spielen.

Das ist mit einem Jungen einen Film schaue, welcher um jemanden geht, der genau wie er sehr krankt ist, macht die Sache hier nicht besser für mich.

Ziemlich beste Freunde wurde in den Medien sehr hochgepriesen. Er erzählte von der Freundschaft zweier Männer, wobei der eine davon im Rollstuhl saß und von dem anderen gepflegt wurde. Dieser gab dem wohlhabenden, aber sehr isoliert lebenden Mann, wieder neuen Lebensmut.

Die zwei Protagonisten versuchen vor der Polizei in einem Auto zu flüchten, doch nach einer rasanten Fahrt werden sie gestoppt, jedoch täuscht der Querschnittsgelähmte Philippe einen epileptischen Anfall vor, weshalb die Polizei sie zum nächsten Krankenhaus eskortiert.

Ich erinnere mich daran, wie ich zu Bokuto einmal gesagt habe: „Egal, was andere sagen mögen, wir sind die Protagonisten der Welt." Jedoch hat mich keiner gefragt, ob ich dieses Spiel des Lebens auch wirklich spielen und beenden möchte, denn ich konnte tun was ich wollte, das Ende würde mir nicht gefallen.

Als der Abspann läuft, schaue ich zu Kei rüber und sehe, wie geschafft und müde er ist, wir würden wahrscheinlich nicht mehr mit der Konsole spielen, doch es ist okay für mich. Hauptsache es hat ihm gefallen.

Der Tod muss so schön sein. In der weichen braunen Erde zu liegen, während das lange Gras über einem Hin und Her schwankt, und der Stille zu lauschen. Kein Gestern, kein Morgen haben. Die Zeit und das Leben vergessen, im Frieden sein.

Oscar Wilde

Der Mond, die Offenbarung & das SterbenNơi câu chuyện tồn tại. Hãy khám phá bây giờ