16.Oktober 2011

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Tsukishima POV

Durch die Worte von Sugawara fühle ich mich direkt etwas besser, weshalb ich beschließe, dass es langsam an der Zeit ist mit Akaashi zu reden. Ziemlich nervös schalte ich mein Handy ein und sehe viele verpasste Anrufe und Nachrichten in Abwesenheit. Ob er sich wohl Sorgen gemacht hat?

[Tsukishima]

Online

Es tut mir leid, Akaashi. Ich habe ein wenig Zeit für mich gebraucht.

Direkt nach meiner Nachricht klingelt mein Handy und Akaashi ruft mich an. Durch die Art wie er spricht erkenne ich schnell, dass er sich sehr wahrscheinlich wirklich große Sorgen um mich gemacht haben muss. Manchmal bin ich wohl wirklich ein Trottel.

„Ich habe Angst davor zu sterben", höre ich mich selbst sagen „weißt du Akaashi, ich habe Angst dann allein zu sein. Ich weiß gar nicht, wieso ich so darüber nachdenke. Die Diagnose hat mir ein wenig den Boden unter den Füßen weggerissen. Meine Gedanken schreien den ganzen Tag, ich habe keinen Hunger. Ich bin mir unsicher, was ich machen soll. Sugawara war gestern hier", leite ich das Gespräch ein und habe direkt das Gefühl, dass er sich ein wenig verkrampft „ich denke das war eine hervorragende Idee von dir. Er hat mir versucht ein kleines bisschen die Augen zu öffnen. Ich denke, das hat er auch. Heute Morgen habe ich mir Zeit genommen morgens etwas zu essen und ich fühle mich besser."

„Das freut mich, Kei. Und weißt du nun, wie es weitergehen soll?"

„Ich bin mir nicht sicher, aber ich denke, ich möchte nicht allein sein. Ich möchte mich nicht von dir abschotten, weil es weder dir noch mir guttun würde. Wusstest du eigentlich, dass Daichi und Sugawara ein Paar sind?", frage ich nach. Denn Akaashi hatte schon immer so was wie den sechsten Sinn.

„Ja. Mich wundert es eher, dass es euch nicht aufgefallen ist", lacht er dann „vielleicht solltest du anfangen in die Normalität zurückzukehren. Bist du schon wieder in der Schule gewesen?"

Nein, dort war ich seit meiner Ankunft in Sendai noch nicht wieder gewesen. Meine Mutter ist auch vollkommen dagegen, aber ich will zumindest das es so wirkt als sei ich normal.

Noch immer erinnere ich mich an den 11. September, der mein Leben für die nächste Zeit verändern und prägen sollte. Dieser Moment ist so schmerzhaft in mein Gehirn gequetscht, dass ich nicht genau weiß, wie es nun weitergehen sollte. Immer wenn ich meine Augen schließe, sehe ich aufs Neue, welches Schicksal ich erleide.

Als ich damals 6 Jahre alt war, habe ich das alles nicht so wirklich mitbekommen. Ich weiß nur, dass der Verlauf dieses Mal ganz anders ist, denn beim letzten Mal fühlte es sich wie eine Grippe, oder eher wie eine permanente Erschöpfung an. Dieses Mal ging es mir aber gut oder besser gesagt es geht mir gut. Die Probleme bereite ich mir gerade selbst.

Meiner Mutter fällt das alles viel schwerer als mir, sie sitzt abends oft weinend in der Küche und betet zu Gott. Sie sucht eine Lösung in ihren ganzen Büchern über Krebs, doch bisher scheint es auch dort ein Wundermittel zu geben.

Ich muss wieder regelmäßig zum Arzt gehen und muss meine Tabletten immer pünktlich einnehmen. Meine Hoffnung ist einfach das diese dafür sorgen mir den Rest meines Lebens so angenehm wie möglich zu machen. Wenn ich mich zu schnell bewegen wird mir manchmal Schwarz vor Augen, aber auch das versuche ich zu ignorieren.

Durch das Gespräch mit Sugawara habe ich wieder neuen Mut gefunden und ich möchte einfach alles beiseiteschieben wie einen Vorhang.

Auch wenn es mir schwerfallen wird, so muss ich stark bleiben. Auch wenn ich es nicht will, so muss ich es akzeptieren, ansonsten würde ich wahnsinnig werden. Zwar finde ich mich damit nicht ab, aber ich denke, ich würde lernen damit umzugehen.

Man gewöhnt sich immerhin an alles im Leben.

Irgendwann...

Doch die Angst, jeder Tag könnte mein letzter sein, sitzt mir im Nacken und flüstert „du wirst sterben!"

Vielleicht konnte ich auch dieses Mal der Krankheit trotzen, ich will es zumindest versuchen. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt, heißt es doch immer so schön. Vielleicht ist dies mein letzter Kampf, aber ich will nicht am Ende dastehen und sagen, ich habe es nicht zumindest versucht.

Meine Mutter ist noch mehr auf den Beinen als vorher, sie gibt sich so unfassbare Mühe mir das alles ein kleines bisschen erträglicher zu machen, dass es mir leidtut, wie gemein ich die letzten Tage zu ihr gewesen bin.

Sie litt.

Sie litt, wenn ich nicht essen wollte, dabei schmeckte es mir einfach nicht mehr. Es schmeckte alles gleich!

Ich würde stark bleiben.

Ich werde mich nicht aufgeben.

Noch nicht...

Denn noch bin ich hier und noch habe ich Zeit.

Wie viel Zeit mir bleibt, kann keiner sagen, aber das ist vielleicht auch gut so.

„Keiji? Ich werde morgen wieder in die Schule gehen. Und ich werde, versuchen Volleyball zu lieben. Ich will mein Leben genießen", sage ich und spüre wie sich die Mauer um mein Herz löst.

Noch habe ich Zeit.

Nun aber ist es Zeit, dass wir unserer Wege gehen: Ich, um zu sterben, Ihr, um zu leben.

Sokrates

Der Mond, die Offenbarung & das SterbenWhere stories live. Discover now