45 Das Gewicht von Seifenblasen.

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Und ich wusste genau, woran das lag.

Mein Gehör war schlechter geworden und hatte sich erneut verändert.

„Ist der Dreck raus?", Basil stand hinter mir. Mein Magen war nun leer und automatisch griff ich nach der Wasserflasche und den pappigen Tüchern. Nachdem ich mir den Mund ausgespült und abgewischt hatte, da bemerkte ich, wie sehr ich schwitze und mein rechter Wangenknochen anfing zu schmerzen.

Lautes Getöse war zu hören, hinter Basil liefen Sanitäter vorbei und er sprach ruhig: „Ich bringe dich nach Hause. Rita will euch morgen sprechen."

„Rita kann mich mal!", murmelte ich und wollte wieder zurück in den Flur, doch Basil hob die Hand: „Nein, ich soll dich nach Hause fahren. Man wird sich um Louis und Harry kümmern."

Kurz zögerte ich, aber dann gab ich diesem drängenden Gefühl nach. Denn ich wollte weg hier. Basil war ein schweigsamer Fahrer und ich machte keine Anstalt das zu ändern. Wortlos verließ ich eine Stunde später das Auto, nickte ihm zum Abschied zu und betrat mein Haus. Dunkel lag es vor mir und ich schritt automatisch in die Küche. Dort nahm ich mir ein Kühlakku aus dem Gefrierfach und drückte es gegen meine Wange.

Louis hatte einen unglaublich heftigen Schlag drauf.

Schwerfällig setzte ich mich auf die Couch und regte mich eine ganze Weile gar nicht mehr. Ich war so kaputt, ausgelaugt und merkte, dass ich nur noch auf Sparflamme lief. Als hätte mein Handy nur darauf gewartet mir den Rest zu geben, vibrierte es und ich zog es aus der Hosentasche.

Seit ich den Ton nicht mehr höre, hatte ich die Vibration eingestellt. Nur durch Vibration wurde ich morgens überhaupt noch wach. Mein Wecker war zu leise und ich konnte ihn nicht mehr lauter stellen.

Eine E-Mail war eingetrudelt und als ich sie öffnete, da war mir, als würde unter der Boden aufbröckeln und mich schließlich verschlingen. Eine Liste von 25 Punkten und Terminen schlug mir entgegen.

Das neue Interview mit den Youtubern, Radio, Aufnahme zwei kleiner Werbespots, Gespräche mit dem Marketing, mit den Produzenten, Judy wollte eine neue Garderobe für die Fortsetzung der Tour mit uns ausmachen und dann sah ich all die Daten, die noch auf mich zukommen würden.

Ich erstickte.

Das konnte ich nicht.

Ich wollte nicht mehr! 

Auf keinem Fall würde ich mich durch all diesen Stress schleppen, durch all diese Gespräche. Mein Sicherheitsnetz unter den Füßen riss Strick für Strick.

Mein Fass war voll, ich bekam den Spagat zwischen all dem Stress nicht mehr hin. Nelson würde mich anbrüllen, Rita auch, ich würde nicht mitkriegen, worum es bei der Besprechung mit unserem Management ging, schon das letzte Mal hatte ich mir eine blöde Ausrede einfallen lassen, um meinen Vertrag zu Hause in ruhe lesen zu können. Es würde auffallen, besonders, wenn unsere Anwälte vorher noch zusammenfassten, worum es ging.

Aber ich kam trotzdem nicht mit, weil alle gleichzeitig redeten, jeder mit seinen Mandanten.

Jetzt brannte meine Haut, mein Kopf dröhnte und ich warf den Kühlakku weg. Hier konnte ich nicht bleiben. Basil sammelte mich ein, irgendein Schwachkopf überredete mich all diesen Scheiß mitzumachen und ich war sicher der nächste, dem man die Faust in die Fresse rammte. Ich hatte Liam angesehen, dass ihm klar war, etwas würde nicht stimmen.

Dass auch Harry und Louis ein extremes Problem hatten war etwas, was ich mir jetzt im Augenblick wirklich nicht aufbinden lassen konnte. Ich kam ja nicht mal mit meinem Mist klar!

Automatisch zog ich die Sporttasche aus meinem Schrank, warf ein paar Klamotten rein. Hastig sah ich im Internet nach Flügen. Ich würde keine verdammte Stunde mehr hierbleiben und abhauen. Am besten so weit weg, dass man mich nicht so schnell einsammeln konnte.

Jenseits der Stille ✓Where stories live. Discover now