Run away

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Erinnerst du dich an die Zeit, wo wir weglaufen wollten? Wo wir dachten, unsere Eltern lassen sich scheiden, und um dagegen zu protestieren, liefen wir einfach zusammen weg?
Wir fingen an, uns auf etwas vorzubereiten, das nie kommen würde, Probleme in der Familie scheinen surreal für uns. Trotzdem bildeten wir sie uns ein, weil wir weglaufen wollten.

Wir spielten auf dem Schulhof, oder taten so, eigentlich planten wir, was wir für unsere Flucht einpacken würden. Survival-Werkzeuge. Wir sammelten Plastikgabeln und Seile, „Überlebens-Rationen", und zumindest für mich war es etwas, was ich nicht machte, weil's Spaß machte, sondern weil ich wirklich dachte, dass wir in naher Zukunft fliehen würden. Weglaufen würden. Ich, mit dir.

Ob du genauso dachtest, hab ich damals gar nicht zur Notiz genommen, du warst meine erste beste Freundin, ich war jung, naiv und so unendlich dumm und ahnungslos. Fragen, ob du einverstanden bist? Ich hab es bis fast zuletzt nicht gelernt. Mich um dich kümmern? Ich wusste nicht, was das war. Ich nahm mir mehr als ich gab, bewusst gab ich nichts, vielleicht interpretiertest du irgendwie in meine Aktionen, dass ich etwas zurückgab. Vielleicht trafst du dich aber auch nur mit mir, weil ich das so wollte, am liebsten jeden Tag, jede Nacht, ich klebte an dir wie eine Klette. Vielleicht sagtest du deiner Mutter, dass du nicht mehr mit mir spielen wolltest, vielleicht wussten alle es, bis auf ich.

Widersprochen hattest du nie, egal, was für einen Scheiß ich schon wieder im Kopf hatte. Ich erinnere mich auch daran, dass du Vorschläge geliefert hattest, vielleicht nicht ganz so unfreiwillig.

Ich hab mich darauf gefreut, mit dir wegzulaufen. Du warst so ein Ruhefels. Du warst groß, ich mochte dich. Im Kindergarten wurde uns trotzig gesagt, wir sollten doch einfach heiraten. Ich wollte das tun. Ich wusste nicht, was dahinter steckte, ich hätte dich bis zuletzt irgendwann geheiratet.

Vielleicht weißt du es nicht mehr, aber ich habe mit dir über so viele Dinge gesprochen. Ich habe dich in den Schlaf gelabert, dir hab ich meine Theorie über „Ist mein Blau auch dein Blau?" zum ersten Mal geteilt, ich hab mit dir über Probleme anderer Länder, Sex, Wirtschaft, Wissenschaft und so vieles mehr geredet. Weiß Gott ob du alles verstanden hast. Ich war ein viel zu voller Kopf ohne jeglichen Sinn für soziale Interaktion.

Wärst du auch mit mir weggelaufen?

Ich fragte dich, auf der neuen Schule, wo du mit neuen Freunden über mich hinwegwuchst, ob wir noch Freunde waren, was du mir mit einem Schweigen beantwortetest. Unsere seltsame Atmosphäre, wenn wir zusammenwaren, gab mir eine klarere Antwort. Du wolltest mehr du selbst sein, deine neuen Freunde ermöglichten es dir. Vielleicht ermöglichten sie es dir auch, mehr das zu tun, was du wolltest, du wirktest sehr selbstbewusst und extrovertiert, wenn du mit ihnen geredet hast.

Hast du dich immer so gefühlt wie am Ende?

Wärst du mit mir weggelaufen?

Würdest du immer noch mit mir weglaufen, wenn du es heute tun müsstest?

Ich hoffe, du trägst mich nicht negativ in deinen Erinnerungen. Ich hoffe, ich war dir nicht eine zu große Last.

Wenn du wen zum Weglaufen suchst, meld' dich.

Oneshot FreiheitWhere stories live. Discover now