✔All I want is... You

Da Schoko-Keks-Monster

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Wenn im Leben nicht alles nach Plan läuft. Wenn im Leben andere bestimmen, was richtig für dich ist. Wenn du... Altro

Ausflug ins Ungewisse*
Ausflug ins ungewisse Teil2
Teil3
Teil4
Neue Bakanntschaften
Neue Bekanntschaften Teil 2
Oh mein Gott!
Allein im Wald
Gerettet
Der Abschied
Zu Hause
Veränderung
Eine nicht ganz so schlimmer Tag.
Noch mehr Veränderungen
Dienstag
Der Traum
Aufklärungsgespräche
Partytime
Partytime II
Mike
Die letzte Nacht
Internat
Krank
Einladung
Gut von Schönfeld
Samstag
In der Nacht
Zurück im Internat
Eine Lange Woche
Wochenende
Wochenende Teil 2
Wieder Vereint
Zeit für Gespräche
Nachts am See Teil 1
Nachts am See Teil 2
Dienstag und der Rest der Woche
Wahrheiten
Zarte Bande
Schlimme Erkenntnisse
Wie schnell die Zeit vergeht
Wieder ein Wochenende allein
Glück und Unglück
Ian und Ich, Ich und Ian eine vertrackte Situation
Himmel hoch jauchzend zu Tode betrübt
Wie schnell sich alles ändert
Spiel mir was vor
Ian und Page
Abendkleid
Was habe ich mir nur dabei gedacht
Der Flügel
Das Bild und die Zwillinge
Das Konzert
Ian wo bist du?
Krankenhaus
Krankenbesuch
2ter September KKH
Ein Nachmittag mit Mel
Drei Wochen weiter
Ein Tag wie jeder andere
Klärungsbedarf
Ein langer Nachmittag
Geburtstagsgrüße
Letzte Woche vor den Herbstferien
Shopping und Mel
Freunde treffen
Allein zu Hause
Allein mit Mike
Die Ferien gehen zu Ende
Wohltätigkeit, was fürn Scheiß!
Lass mich nicht allein
Im Krankenhaus
Erinnerungen
Die Erkenntnis
Weihnachtsferien
Schwere Zeiten
Trennung
Umwege
Wörter Essen
Eins Zwei Drei Vier Eckstein alles muss versteckt sein
Schlimm
Skilaufen
Wieder vereint
Zurück
Wir
Im Keller
Gerettet
Warten auf Charlie
Eine Woche voller Neuigkeiten
Kinder, Kinder
Valentinstag
Glückliche Zeiten
Vom Fliegen und Fallen
Ian
Zahlen, Daten, Fakten, Danke :)
Teil 2 Fortsetzung

Montag, oder der ganz normale Wahnsinn

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Da Schoko-Keks-Monster

flüstert June leise. >>Schlaf ruhig weiter, ich weck dich, wenn ich vom Joggen wieder da bin, okay?<<

Doch mehr bekomme ich nicht mit, denn schon bin ich wieder eingeschlafen.

June ist noch nicht wieder da als meine Wecker mich aus meinen unruhigen Träumen reißt. Ich stehe auf und gehe duschen. Das warme Wasser entspannt meine verkrampften Muskeln und auch meine angespannten Gedanken.

Gott, Verdammt! Was ist gestern nur passiert! Warum bin ich nur so ausgerastet, als es wieder um Mike ging. Ich hatte gedacht, das ich langsam etwas über ihn hinweg wäre. Aber wie es den Anschein hat, sitzt der Schmerz noch immer Tief in meiner Brust.

Ich wasche mir die Haare, föhne sie, Ziehe mich an und schminnke mich, dann gehe ich in mein Zimmer zurück. Auf dem Gang kommt mir June entgegen.

>>Ach hier bist du. << stellt sier erstaunt fest.>>Ich hatte mich schon gewundert, als du nicht mehr im Bett warst. Hast du gut geschlafen?<<
>>Nicht so besonders und du?<<
>>Die Nacht war ein bisschen kurz, aber sonst ganz gut. << sagt sie strahlend.

Hab ich irgendwas verpasst? Warum ist sie denn so aufgekratzt? Sie strahlt übers ganze Gesicht und lächelt unentwegt und das um halb sieben am Morgen. War sie gestern nach dem Laufen auch so gut drauf oder hat das andere Gründe. Denn wenn laufen einen so euphorisch macht, dann muss ich das auch unbedingt mal ausprobieren. Ein Quäntchen gute Laune könnte ich dringend gebrauchen.

Und dumm wie ich bin spreche ich das ganze tatsächlich an.

>>Ja, da hast du recht, ich hätte auch gern länger geschlafen. << stimme ich ihr zu. >>Wie kannst du nur nach so einer langen Nacht trotzdem laufen gehen. Das muss doch unheimlich anstrengend sein.<<

>>Nein, gar nicht. Ich finde laufen macht den Kopf frei und hilft mir über alles nachzudenken. << strahlt sie. 
>>Macht Laufen auch gute Laune?<< frage ich lächelnd, als sie weiterhin ein so glückliches Gesicht macht.
>>Unbedingt!<< stimmt sie zu. Dann sagt sie >>Komm doch morgen mit, ich würd mich freuen.<<

Soll ich wirklich? Laufen gehen? Ich? Puh, ich muss echt verrückt sein, aber warum nicht. Sport ist ja bekanntlich gesund.
>>Okay. << sage ich gedehnt.
>>Hey toll!<< freut sich June. >>Ich weck dich dann Ja? <<
>>Ja, sicher. Ich fürchte, sonst komm ich sowieso nicht hoch.<< sage ich lachend, mit leisen zweifeln in der Stimme.

>>Glaub mir Mia, du wirst das nicht bereuen. Oder zumindest nicht sehr, wenn du mit dem Laufen anfängst ist es echt anstrengend, aber wenn man dabei bleibt, ist es bald ein Kinderspiel. Du merkst, wie du Fitter wirst und deine Kondition sich steigert, wie du immer mehr beim Laufen abschalten kannst und dich auf alles möglich konzentrierst nur nicht mehr aufs laufen, an dem Punkt ist Laufen echt toll.<< schwärmt sie.

>>Wenn ich dich so reden höre, bekomme ich tatsächlich Lust zu laufen. Ich kann durchaus mal wieder einen Freien Kopf gebrauchen. << ihre gute Laune ist echt ansteckend.
>>Ich geh dann jetzt mal duschen, bis gleich Mia. << verabschiedet sie sich.
>>Ja, bis gleich. Wollen wir zusammen zum Frühstück gehen? Oder kommst du nach?<<
>>Ne, du kannst ruhig schon vor gehen, Ich...ähm ich...<<stammelt sie und wird rot. >>komm später nach.

Mit gerunzelter Stirn schaue ich sie an. Hier ist doch etwas im Busch! So verlegen kenne ich sie gar nicht. Doch da sie sich eilig umdreht und Richtung Badezimmer hastet, bleibt mir nichts anderes übrig als ihr ein "Bis später !" hinterher zurufen und in unser Zimmer zu gehen.

Nachdem ich mein Handtuch aufgehängt und meine Schulsachen zusammen gepackt habe, gehe ich zum Frühstück. Es ist noch kaum jemand da. Alle sind heute etwas spät dran.

Woran das wohl liegt! Lächelnd denke ich an die verbotene Badeparty der letzten Nacht. Daran, wie spät es geworden ist und eigentlich wundert es mich eher, das ich schon auf bin und nicht, das die Anderen es nicht sind.

Aber ich muss auch daran denken, wie ich ins Internat zurück gekommen bin, und das Ian mich scheinbar wieder einmal durch einen Wald getragen hat. Und ich muss auch daran denken, das ich quasi eine Wunschfrage bei ihm frei habe. Aber auch, das seine Bedingung antworten auf seine Frage sind.

Was möchte ich eigentlich am dringendsten von ihm wissen? Warum er so wütend auf seine Mutter ist, oder ist er eher traurig? Vermisst er sie? Bestimmt. Er kann sich ja an sie erinnern und selbst ich vermisse meine Mutter, obwohl ich sie nie zuvor gesehen habe.

Aber ich bin auch neugierig, was es mit dem Flügel auf sich hat und was genau ihn so an meiner Anwesenheit gestört hat.

Aber was mich am meisten interessiert, ist er!

Warum er so ist wie er ist, wie sein Leben war, bevor er zu Page gekommen ist und was mit seiner Mutter passiert ist. Ich möchte diese Dinge von ihm selbst hören, ich möchte, das ER mir von sich erzählt und nicht jemand anderes.

Ich möchte wissen, was er denkt und was er fühlt. Ich möchte ALLES von ihm wissen.

Ich sitze nachdenklich vor meinem vollen Tablett und knabbere langsam an meinem Brötchen herum, als Alex sich gähnend neben mich auf den Stuhl fallen lässt.

>>Erschreck mich doch nicht so!<< fahre ich sie an. Muss dann aber lächeln. Ich war so tief in Gedanken, das ich nicht bemerkt habe, wie sie sich mir genähert hat.
>>Gott, bin ich Müde!<< sie streckt sich gähnend. >>Wie kommt es denn, das du so ausgeschlafen aussiehst?<<
>>Keine Ahnung. Ich fühle mich alles andere als ausgeschlafen! << gebe ich zu.
>>Wird wohl daran liegen, das du so "früh" ins Bett gegangen bist. << sie zwinkert mir zu.
>>Wie meinst du das denn?<< verwirrt runzele ich die Stirn.

Schnell schaut sie sich um, ob wir allein sind. Oh, oh, was kommt denn jetzt?
>>Wie war es denn gestern mit Ian. << flüstert sie mir aufgeregt zu. >>Warum hat er dich denn nach Hause gebracht? Weißt du eigentlich, wie gern ich mit dir getauscht hätte!<<
>>Oh, ähm ja, also das... << stottere ich >>ich weiß auch nicht, ich bin irgendwie...und dann hat er mich getragen... also... << ich hoffe, dass ihre Fantasie die Lücken mit irgendetwas banalem füllt, denn ich möchte ihr nicht erklären, was vorgefallen ist. Und ich habe tatsächlich Glück.
>>Oh, bist du eingeschlafen oder wieder zusammen geklappt? Geht's dir denn wieder besser? Du isst doch genug, Ja? Und du trinkst auch, oder<< fragt sie besorgt.
>>Ja, mir geht's gut. Du siehst doch, mein Teller ist voll und ich habe auch etwas zu trinken hier. << sage ich und nehme einen Schluck von meinem Saft.

Erleichtert seufzt sie auf. >>Da bin ich aber froh! Aber ich hätte gern mit dir getauscht. Felix Bruder ist echt süß!<< quietscht sie. >>Erzähl doch mal! Ist er wirklich so stark, wie er aussieht und hat er dich bis nach Hause getragen. Mia, jetzt rede doch endlich. Ich will alles wissen. << fordert sie mich neugierig auf.

>>Aber es gibt nichts zu erzählen. Ich habe auf seinen Armen geschlafen, und dann bin ich heute Morgen in meinem Bett aufgewacht, mehr war da nicht.<< erzähle ich wahrheitsgemäß. Das was davor war muss sie ja nicht wissen.

Sie macht ein enttäuschtes Gesicht.
>>Und ich dachte schon, das zwischen euch beiden etwas mehr währe, nachdem du fast zehn Minuten auf seinem Schoß gesessen hast. Du kannst mir echt glauben, fast alle Mädchen haben dich darum beneidet. <<
>>Das stimmt doch gar nicht. Und außerdem waren es nur fünf Minuten!<< sage ich ablehnend.

Alex kneift die Lippen zusammen und schüttelt missbilligend den Kopf. >>Ich wusste gar nicht, das du die Uhr nicht lesen kannst. Du hast viel länger auf seinem Schoß gesessen, als dir klar ist. << klärt sie mich auf.

>>Wirklich?<< verwirrt schaue ich sie an, kann sie recht haben?
>>Wirklich!<< sagt sie bestimmt.
>>Ist mir gar nicht aufgefallen.<<
>>Das hat man gemerkt.>>Alex lacht auf. >>Wie war's denn?<<
>>Was meinst du? Wie war was?<< verwirrt runzele ich die Stirn und streiche meine Haare zurück.

>>Mensch Mia!<< schimpft Alex. >>Da sitzt du eine Ewigkeit auf dem Schoß, des begehrtesten Jungen der Schule und ich muss dir jede Kleinigkeit aus der Nase ziehen. Glaubst du ich habe nicht gesehen, wie er seine Arme um dich gelegt und dich festgehalten hat! Und ich habe auch gesehen, wie er dir etwas ins Ohr geflüstert hat! Und jetzt sag nicht, dass das nicht stimmt!<< fügt sie hinzu, als sie sieht, wie ich verlegen mit den Augen rolle und mich dann betont interessiert meinem Frühstück zuwende.

>>Ja, ok, er hat mir etwas zugeflüstert. << gebe ich zu. >>Er wollte wissen ob mir kalt ist, deshalb hat er mich dann auch in den Arm genommen. Mehr war da nicht. << sage ich ausweichend. Es stimmt zwar was ich sage, aber die ganze Wahrheit ist das nicht.
>>Schade und ich dachte schon, da wäre mehr zwischen euch. << sagt sie enttäuscht.
>>Wie kommst du denn darauf? Wir kennen uns doch kaum. << nachdenklich schaue ich sie an.
>>Ach, ich weiß auch nicht, nur so. << sagt sie ausweichend. Dann schaut sie an mir vorbei zu einem Tisch in der Nähe. >>Vielleicht weil er mit dir getanzt hat und weil ihr euch hinterher immer wieder angeschaut habt. << erklärt sie mir.
>>Das stimmt doch gar nicht... also das mit dem Anschauen, meine ich.<< wehre ich ab.

>>Nicht?<< Alex schaut mich erstaunt an. >>Dann schaut er also nicht die ganze Zeit zu uns herüber? Und ich habe mir gestern Abend wohl auch nur eingebildet, das er dich kaum aus den Augen gelassen hat. Ja?<<

>>Was! << stoße ich erschreckt aus. >>Wer schaut die ganze Zeit zu mir?<< hastig drehe ich mich um und schaue in die Richtung, in die auch Alex schaut.

Ian sitzt, den Blick auf mich gerichtet am Tisch und isst. Als er sieht, das ich ihn ansehe huscht ein kleines Lächeln über sein Gesicht, was auch ich zum lächeln bringt. Eilig drehe ich mich um und mache mich wieder über mein Frühstück her, so verlegen bin ich.

>>Ist klar, da läuft nichts zwischen euch!<< sagt Alex grinsend. >>Wie konnte ich nur darauf kommen?<< sie lacht auf und verdreht die Augen. Auch ich muss lachen, doch ganz ungeschoren kommt sie nicht davon. strafend stupse ich sie mit dem Ellenbogen in die Seite, dann widme ich mich wieder meinem Essen.
Auch Alex ißt.
Wir grinsen beide vor uns hin, aber keiner spricht, bis June und Joris bei uns auftauchen.

>>Hey, na ihr beiden. Wieder vereint?<< grüßt Alex die zwei. June schaut verlegen zur Seite, als sie sich mir gegenüber auf den Stuhl setzt. Joris setzt sich neben sie, auch er sieht verlegen aus. Und dann kommt mir die Erkenntnis, als sich die beiden einen schüchternen Blick zu werfen und zu lächeln beginnen.

Mir ist ja vorher schon irgendwie aufgefallen, dass die beiden sich gut leiden können, aber jetzt sieht es so aus, als wären sie auf ihrer Freundschaftsleiter einige Stufen hinaufgeklettert. Von guten Freunde, zu verliebtes Pärchen.

Glücklich lächel ich den beiden zu. Jetzt ist mir auch klar, warum June heute Morgen so gut drauf war. Sie ist glücklich verliebt.

>>Morgen. << June lächelt mich an. Auch Joris sieht glücklich aus, als er unter dem Tisch nach ihrer Hand greift. Er scheint nicht zu bemerken, dass ich es mitkriege, aber das stört mich nicht. Ich finde es toll, das die beiden sich so gut verstehen.

Sie gehen nicht auf Alex freundliche Stichelei ein, sondern beginnen einfach zu essen. Dabei schauen sie sich immer wieder an.

Während wir essen Plaudern wir gut gelaunt über alles Mögliche. Vor allem natürlich über die letzte Nacht, doch da die beiden mehr miteinander beschäftigt waren, ist ihnen gottseidank die Sache zwischen mir und Ian nicht weiter aufgefallen und so bleiben mir weitere peinliche Fragen erspart. Zwischendurch schaue ich immer wieder vorsichtig zu Ian hinüber. Und immer wenn sich unsere Blicke treffen, macht mein Herz einen heftigen Sprung.

Weil ich spüre, wie er mich beobachtet und weil ich inzwischen weiß, wie wichtig es für ihn ist, das ich ausreichend esse, versuche ich alles aufzuessen. Ich habe zwar noch immer keine Erklärung, wieso es ihm so viel bedeutet, aber immerhin habe ich jetzt die Hoffnung, dass ich es irgendwann erfahren werde.

Ich habe eine Frage offen. Ob ich ihn danach fragen soll? Ist mir das so wichtig? Keine Ahnung. Was das angeht, bin ich wirklich unschlüssig. Hoffentlich fällt mir irgendwann etwas gutes ein, was ich ihn Fragen kann und was mir hilft, ihn zu verstehen.

Als ich fertig bin stehe ich auf. Ich habe noch ausreichend Zeit, bevor der Unterricht beginnt, also gehe ich noch mal in mein Zimmer zurück. Und checke meine Nachrichten. Mel hat wieder geschrieben. Ich schicke ihr schnell eine Antwort und auch meine Mum hat mir eine Nachricht geschickt, doch fürs erste lasse ich sie links liegen.

Was auch immer sie von mir will kann warten.

Mel und ich haben uns die ganze Woche immer wieder geschrieben. Sie hat mir von Jason erzählt und wie lieb er zu ihr ist, das er sie zum Essen einlädt und mit ihr in Kino geht. Dann haben sie sich gemeinsam am Strand getroffen und waren alle zusammen Baden. Ein bisschen Neidisch bin ich ja schon auf sie, das sie mit Kathy, Luke, Ossi, Rike, Gisi und Jason Zeit verbringen kann, aber ganz so schlecht, wie ich befürchtet hatte, ergeht es mir hier nicht. Eigentlich sind meine neuen Bekannten echt nett und Alex ist eine tolle Freundin, genauso wie Felix, Joris und June. Nur Irma sitzt seit dem ersten Tag kaum noch bei uns. Hoffentlich liegt das nicht an mir. Oft sehe ich sie im Speiseraum an einem Anderen Tisch sitzen. Sie ist nicht allein, aber mir ist schon aufgefallen, dass sie "mir?" oder "uns" hin und wieder böse Blicke zu wirft. Seit wann ist das eigentlich so? Zwischenzeitlich war sie doch eigentlich ganz nett. Hat beim Essen bei uns gesessen und sich mit uns unterhalten. Aber in der Letzten Woche, nachdem ich mit bei Felix war, ist sie immer abweisender geworden.

Da mir nicht mehr viel Zeit bleibt gehe ich zum Unterricht, der heute wieder einmal draußen stattfindet, weil das Wetter so schön ist.

Im Matheunterricht sollen wir die Menge an Kies berechnen, die für die Auffahrt benötigt wird, und wie viel Liter Wasser in den Brunnen passen. In Deutsch geht es um Zeichensetzung und nachwievor die Zeiten, aber inzwischen fällt es mir tatsächlich etwas leichter.

Mit Chemie geht es weiter, dann ist Mittagspause, doch da die Ferien jetzt vorbei sind, haben wir auch noch am Nachmittag Unterricht.

Um viertel nach drei ist die letzte Stunde zu Ende und mir bleibt gerade mal Zeit um meine Sachen weg zu bringen. Dann muss ich auch schon wieder los.

Mein Termin mit der Direktorin ist viel schneller gekommen, als ich gedacht hätte.

Neugierig stehe ich vor der Tür zum Musikraum. Im inneren höre ich, die Stimme von Frau Wolf und die von einem Mann.

Ich klopfe an die Tür und öffne sie.
>>Ach hallo Marie, da bist du ja.<< grüßt mich Frau Wolf freundlich.
>>Hallo. << erwidere ich.
>>Darf ich dir Herrn Müller vorstellen?<< sie deutet auf den Mann neben ihr. Er ist schon etwas Älter, hat grau meliertes kurzes Haar und einen runden Bauch. Die Beine und der Oberkörper hingegen sind schlank. Sein Faltendurchzogenes Gesicht ist zu einem freundlichen Lächeln verzogen.

>>Hallo Frau Mendéres. << grüßt er mich förmlich.

>>Hallo. << sage ich erneut, doch ich bin etwas verwirrt. >>Frau Wolf, was hat denn das zu bedeuten?<<

>>Marie, ich möchte deinem Wunsch entsprechen und habe mich, nachdem ich dich habe Spielen hören nach einem geeigneten Lehrer für dich umgeschaut.<< dabei deutet sie auf Herrn Müller. >>Ich denke, dass Herr Müller dir noch das eine oder andere wird beibringen können.<< erklärt sie.
>>Sie meinen ich kann tatsächlich wieder Klavierstunden nehmen?<< frage ich begeistert.
Frau Wolf nickt lächelnd. >>Ich finde, dass es eine Schande wäre, wenn wir dein Talent nicht weiter fördern würden.<<
>>Aber was ist denn mit den kosten?<< will ich wissen. Meine Eltern sind zwar nicht arm, aber Reich sind sie auch nicht. Die Kosten für die Schule sind sicher ziemlich hoch und dann auch noch Klavierstunden.
>>Das lass mal meine Sorge sein. << versichert sie mir die Direktorin und zwinkert mir zu. >>Allerdings ist an den Unterricht eine kleine Aufgabe gebunden. <<

Oh, oh, jetzt kommt der Haken an der Sache.

>>Zu Weihnachten findet immer eine Große Wohltätigkeitsveranstaltung statt und ich möchte, das du dort etwas vorspielst.<<
>>Oh, ich weiß nicht... Ich meine... sie wissen ja, das ich nicht so gern vor Publikum spiele.<< sage ich ausweichend.
>>Ja, das ist mir aufgefallen, aber ich bin mir sicher, dass du das in den Griff bekommst. Herr Müller kann dir in Bezug auf deine Angst sicher helfen. Nicht wahr?. << sie schaut ihn um Zustimmung heischend an.
>>Wir werden sehen, aber fürs erste möchte ich mir erst mal ein Bild davon machen, wie weit du bist. Und was du schon kannst. << er deutet auf den Flügel, der schon von seiner Abdeckung befreit ist.
>>Ich komme dann nach dem Unterricht noch mal zu ihnen Frau Wolf um alles weitere zu besprechen. << wendet er sich an die Direktorin. Dann fügt er streng hinzu.>> Wie ich ihnen bereits am Telefon gesagt habe, werde ich meine Zeit nicht mit untalentierten Teenagern vergeuden.<<

>>Sie werden nicht enttäuscht sein Herr Müller. Ich erwarte sie dann in zwei Stunden in meinem Büro.<< damit geht sie hinaus und lässt uns allein.

Ach herrje, das kann ja was werden. Anfangs hatte ich Herrn Müller ja noch für einen netten alten Herren gehalten, aber scheinbar ist er gar nicht so nett.

Streng schaut er mich an. >>Nun, dann wollen wir mal. Bitte setzt dich ans Klavier.<< fordert er mich ungeduldig auf.

Nervös gehe zum Flügel und setzte mich auf den Hocker. Und jetzt?

>>Jetzt Spielst du bitte das hier. << er stellt ein Notenblatt vor mich. Kurz überfliege ich die Noten, dann beginne ich zu spielen. Ich bin ziemlich aufgeregt und ich verspiele mich hin und wieder, was wohl auch daran liegt, das ich das Stück nicht kenne. Aufmerksam hört mir Herr Müller zu, doch dann unterbricht er mich und gibt mir eine anders Stück zum Spielen. Auch dieses ist mir unbekannt. Doch das dritte ist endlich eines was ich kenne. Es ist das Stück von Chopin, was ich Mel am Telefon vorgespielt habe. "Spring Waltz".

Ich liebe dieses Stück, doch Herr Müller hat mich mit seinen Unterbrechungen so nervös gemacht, das ich am Anfang ganz verkrampft bin, obwohl ich dieses Stück in und auswendig kenne. Wie ein Geier steht er die ganze Zeit hinter mir und schaut mir auf die Finger.

Angestrengt versuche ich ihn aus meinen Gedanken zu vertreiben, doch es dauert einen Moment, bis meine Finger das Vertraute Stück wie von selbst Spielen. Ich schließe die Augen und versuche mit der Musik eins zu werden, wie sonst auch immer und endlich gelingt es mir. Die Melodie fließt aus mir heraus, gleitet sanft durch meine Finger und bringt mich mit jeder Note und jedem Tastenanschlag weiter von hier fort.

Ich vergesse ganz, das Herr Müller bei mir ist und das er mich noch immer belauert. Ich spiele nur noch für mich.

Als die letzten Töne verklingen lege ich entspannt die Hände in meinen Schoß und atme ruhig ein und aus.

>>So weit so gut. << reißt mich Herr Müller aus meinen Gedanken. >>Aber es wäre nett, wenn sie mich nicht vollständig ignorieren würden, Frau Menderes. << sagt er streng.

>>Aber das habe ich doch gar nicht. << erwidere ich verwirrt.
>>Nicht? Welche Noten habe ich ihnen den gegeben?<< will er wissen.
>>Ich sollte doch Chopin spielen. "Spring Waltz" das habe ich doch gemacht.<<
>>Ja, und dann habe ich ihnen etwas anderes gegeben, und wieder etwas anderes, aber sie haben mich ignoriert.
>>Ich ...ich...<< verwirrt schaue ich auf das Notenblatt, doch es ist Tatsächlich nicht mehr das Stück von Chopin. >>Tut mir leid. <<Entschuldige ich mich bei ihm, >>Das wollte ich nicht. Ich war nur so in Gedanken.<<
>>Aber jetzt sind sie hoffentlich wieder bei Verstand und verschwenden meine Zeit nicht weiter.<< sagt er streng.
>>Sicher, tut mir leid, das ich ihren Ansprüchen nicht genüge. <<sage ich betrübt mit hängendem Kopf und stehe auf.
>>Wo wollen sie denn hin.<< fragt er genervt.

>>Aber sie haben doch gesagt ich vergeude ihre Zeit und zu Frau Wolf haben sie auch gesagt, das sie mir keinen Unterricht geben werden, wenn ich nicht gut genug bin, also dachte ich...<< völlig verwirrt schaue ich ihn an.

>>Ich habe nicht gesagt, das sie nicht gut genug sind, ich habe nur gesagt, das sie mich nicht Ignorieren sollen, Wie wollen sie etwas lernen, wenn sie die Stücke, die sie beherrschen genauso spielen, wie sie es immer getan haben? Sie dürfen nie aus den Augen verlieren, weshalb sie hier sind Frau Mendéres. << belehrend schaut er mich an und deutet auf den Hocker.

>>Hinsetzten. << befiehlt er.

Ich lasse mich auf den Sitz zurück sinken und schaue ihn aufmerksam an. Na das kann ja heiter werden.

Und dann beginnt die anstrengendste aber auch lehrreichte Unterrichtstunde meines Lebens.

Herr Müller lässt mich ein Stück nach dem anderen Spielen, dabei wechseln sie sich immer zu ab. Mal sind sie schnell und laut, dann wieder langsam und leise. Er unterbricht mich mittendrin immer wieder und bringt mich aus dem Konzept, so dass ich mich jedes Mal neu konzentrieren muss, was auch ohne seine Unterbrechungen schon schwierig genug ist.

Als die zwei Stunden um sind, bin ich völlig erledigt. Meine Schultern sind verspannt und mein Kopf raucht.

>>Gut. << verkündet er. >>Wir sehen uns dann in zwei Tagen wieder. Jetzt werden sie noch eine Stunde lang einige Lockerungsübungen machen. Spielen sie etwas, das ihnen leicht fällt, so wie der "Spring Waltz" vorhin. Sie werden sehen, wie wichtig es ist, nicht nur zu arbeiten, um den Spaß an der ganzen Sache nicht zu verlieren, also genießen sie die Zeit, wenn ich nicht da bin. << dann verabschiedet er sich von mit. >>Auf wieder sehen, Frau Mendéres.<<

>>Wiedersehen Herr Müller und danke, das sie es mit mir versuchen wollen.<<

Überrascht schaut er mich an, sagt aber nichts mehr, sondern verlässt den Raum.

Erleichtert, aber auch Glücklich kehre ich ans Klavier zurück und dann tue ich, was er gesagt hat. Ich spiele. Aber diesmal ohne nachzudenken, ohne Unterbrechungen, ohne Verbesserungsvorschläge oder um mich darum zu kümmern, was ich spielen soll. Ich spiele einfach, was mir gefällt und tatsächlich werde ich lockerer und ruhiger.

Vergesse die Welt um mich herum.
Vergesse mein verletztes Herz.
Vergesse den Streit mit Ian.
Vergesse den Schmerz, den der Gedanke an meine Mutter in mir verursacht.
Während ich spiele vergesse ich alles.
Wie habe ich nur so lange darauf verzichten können?


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