Im Schatten eines großen Name...

By GwendolynDumbledore

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Albus Dumbledore war immer der einzige Mann gewesen, den Kathleen Prewett geliebt hatte. Trotz all ihrer Bemü... More

Vorwort
Gryffindors Erbin
Slughorns Primus
Dumbledores Tochter
Freunde
Magie ist Macht
Gwens große Liebe
Ein Bad mit Folgen
ZAG's und UTZ's
Das Geheimnis der Peitschenden Weide
INVADO - Geist, Wille, Macht
Strafarbeiten
Der Da-und-fort-Raum
Erinnerungen
Nachhilfe
Sirius' Erkenntnis
Die Verlobung
Der Dunkle Lord steigt auf
Blacks Wandlung
Das Schicksal des Prinzen
Tom Riddle
Zukunftspläne
Die Abschlussfeier
Der Dunkle Lord
Zwischen zwei Stühlen
Der Preis
Blacks Entscheidung
Morsmordre
Die Schlange und die Löwin
Das Tabu
Die Hochzeit
Champagner und Verzweiflung
Ausnahmezustand
Gwendolyns Wert
Narzissas Bitte
Die Suche nach dem Tränkemeister
Das Astrum
Das Experiment
Gewissensbisse
Der Verräter
Gespräche unter Freunden
Caradoc Dearborn
Die Frau, die er liebte
Bankett in Deutschland
Die Insel im Meer
Der Zauberstabmacher
Little Hangelton
Severus' Warnung
Der Anfang vom Ende
Remis (ausgelagert)
Fidelius
Die Prophezeiung
Gwens Fehler
Das Geständnis
Zoe
Gwens Sehnsucht
Niederlagen
Die Rückkehr
Voldemorts Jagd
Sirius' List
Die Gebrüder Prewett
Gwendolyns Erkenntnis
Das Lied von Leid und Schmerz
Das Duell
An deiner Seite
Severus' Erwachen
Der Fall des Dunklen Lords
Reue
Rekommis auf WattPad
Nachwort

Flucht

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By GwendolynDumbledore

April 1980

Es war eine schwierige Situation für beide und die nächsten Wochen waren merkwürdig und bizarr. Gwen kam es vor, als würden sich Sirius und sie in der Kennenlernen-Phase befinden. Sie gingen höflich und interessiert miteinander um und sie konnte sich nicht mehr daran erinnern, wann sie vor ihrem Geständnis das letzte angeregte Gespräch mit ihm geführt hatte. Es mag auch daran gelegen habe, gab Gwen insgeheim zu, dass sie in aller Frühe das Haus verlassen hatte und oftmals erst sehr spät zurückgekehrt war. Nun jedoch waren sie beide darum bemüht, wieder mehr Zeit füreinander zu finden.

Sie war Sirius unbeschreiblich dankbar, dass er nicht alles hingeschmissen oder sie bedrängt hatte. Sie fühlte sich zwar noch immer schuldig, doch Sirius hielt ihr nichts vor. Und nach einem langen Gespräch waren sie sich nicht nur klar über die Erwartungen des jeweils Anderen, sondern hatten sich auch geeinigt.

Keine durchzechten Nächte mehr, keine Lügen und vor allem - und das war Gwendolyns größtes Opfer - würde sie in Zukunft ein wenig kürzer treten.

Damit hatte Sirius ihre Dienste für den Dunklen Lord gemeint. Es wäre ihr womöglich schwerer gefallen, wenn sie nicht bereits in Ungnade gefallen wäre. Doch die letzten Monate hatte sie sich bereits damit zufrieden geben müssen, Severus zur Hand zu gehen und Severus hatte Verständnis. Er hatte Gwendolyns Entscheidung nicht verstehen können, doch ihr Freund hatte sie akzeptiert, und so sahen sie sich von nun an seltener, sofern der Dunkle Lord nicht nach ihr rief und der Dunkle Lord rief nicht nach ihr. Nicht in den folgenden Tagen und auch nicht in den kommenden Wochen.

Als Gwen und Sirius an einem Morgen am reich gedeckten Frühstückstisch saßen und sich spaßig um den Namen des Kindes stritten, unterbrach sie eine Eule. Sirius stand auf und ließ sie herein. Gwen erkannte sofort, dass es Severus' Eule war.

Sirius blickte misstrauisch drein, als er beobachtete, wie Gwen die Pergamentrolle entknitterte und die Botschaft las. Er stopfte die Reste seines Brötchens in sich hinein und hakte schließlich nach: „Und?"

„Von Sev", antwortete sie knapp und legte den Brief auf den Tisch.

„Was will er?" Sirius sprach im netten Plauderton.

„Mich mal wieder sehen?" Sie lächelte.

Sie schwiegen einige Sekunden und Gwendolyn schloss einen kleinen Moment die Augen.

Sie hatte die Idylle in den letzten Tagen genossen. Sirius' Herzlichkeit und seine unendliche Wärme. Wundervolle Tage lagen hinter ihnen und Gwendolyn hoffte aus tiefstem Herzen, dass dieser Zustand noch weiter andauern würde und aus diesem Grund wagte sie es nicht, ihn allein zurückzulassen.

Er war noch immer ein Gefangener, der an diese Wohnung gefesselt war, doch die letzten Tage schienen auch für Sirius gute gewesen zu sein, denn heute Morgen war er so ausgeglichen und fröhlich, wie schon lange nicht mehr.

Sirius nahm einen großen Schluck Kakao und lehnte sich in seinem Stuhl zurück.

„Wann willst du dich wieder mit ihm treffen?"

„In ein paar Tagen vielleicht. Ich werd ihm später zurückschreiben."

Sirius nickte zufrieden. Er war gutgelaunt und Gwendolyn sah ihn abschätzend an. In den letzten Tagen hatte sie viel nachgedacht. Nicht nur über sich und Sirius, sondern auch über das Kind, das sie erwartete und das ihrer beider Leben vermutlich elementar verändern würde.

Unbewusst legte sie ihre Hände auf die kaum sichtbare Wölbung ihres Bauches. Noch war alles so irreal, so weit weg und sogar für sie selbst noch nicht zu begreifen. Sie hatte versucht, sich ihren Alltag auszumalen, mit allen Höhen und Tiefen, doch irgendwie konnte sie das alles noch nicht glauben. Gwen hatte versucht sich Sirius als Vater vorzustellen, doch der dunkle Schatten, der noch immer über ihr schwebte, ließ ihr Herz erzittern, und der Angst, die sie ab und an in ihre Fänge zog, konnte sich Gwendolyn nicht entziehen.

Was war, wenn die Wirklichkeit anders werden würde? Wenn Sirius bald schon feststellen würde, dass er seinen Edelmut und sein Ehrgefühl überschätzt hatte? Was, wenn er nicht im Stande war, sich ihrer anzunehmen, obwohl er ihr Beistand versprochen hatte?

Er hatte es geschworen, so wie er seine Liebe geschworen hatte, doch Worte entsprachen nicht immer der Realität. Vielleicht würde er ihr nie verzeihen können, auch wenn er es noch so gerne wollte.

Ihre Sorge zeichnete sich allmählich in ihrem Gesicht ab.

„Alles in Ordnung mit dir, Schatz'?" Seine fürsorgliche Stimme riss Gwendolyn aus ihren Gedanken.

„Ja sicher, ich..." Sie brauchte gar nicht nach einer Ausrede zu suchen, denn ein weiterer Gedanke, der sie bereits verfolgt hatte, fand seinen Weg durch ihren Geist. Es war ein heikles Thema, eines von vielen, die sie die letzen Tage gemeinsam besprochen hatten und das bisher immer außen vor gewesen war.

„Rück schon raus!", sagte Sirius, als würde er Legilimentik beherrschen - er hatte ihren Blick bemerkt.

Gwen zögerte, kam aber zum Entschluss, dass der Zeitpunkt keine Rolle spielen würde, es war zu jeder Zeit ein kniffliges Thema für Sirius.

„Nun", sprach sie und atmete tief durch, legte ihre Ellenbogen auf den Tisch und faltete die Hände. „Ich wollte Severus gerne als Paten einsetzen, sofern er einwilligt."

Sirius schwieg. Sie wusste genau, vor noch wenigen Wochen hätte er lauthals protestiert, doch in ihrer momentanen Situation wägte er seine Worte genau ab. Noch bevor er sprach, wusste sie, was er antworteten würde.

„Ich würde James lieber in dieser Rolle sehen."

Er fuhr sich mit der rechten Hand lässig durch das ungekämmte, schwarze Haar. Seine Augen blickten in die Leere, als würde er noch nachdenken. Gwendolyn war klar, dass es schwer sein würde, ihn zu überzeugen, also entschied sie sich einfach, die Wahrheit zu sagen.

„Es gibt keinen Menschen, der mir ähnlich wichtig ist wie Sev. Wen sonst sollte ich auswählen?" Sirius schwieg und sie fuhr fort: „Können wir uns einigen, wenn du die Patentante aussuchst?"

Nach wenigen Minuten stimmte schließlich Sirius zu.

„Nun gut, nehmen wir Snape und Lily. Die Beiden werden ein gutes Paar abgeben..."

Gwendolyn überhörte mit Absicht den Sarkasmus in seiner Stimme.

~ * ~

Gwendolyn hatte ihr Wort gehalten. Es waren einige Tage vergangen seit Severus' Brief, bevor sie wieder aufgebrochen war. Es war ihr ungewohnt schwer gefallen, Sirius zurückzulassen. Es lag nicht einmal an ihrem schlechten Gewissen, vielmehr war ihr bewusst, dass er während ihrer ganzen Abwesenheit furchtbar einsam in dieser kleinen, engen Wohnung sein musste. Es tat ihr Leid, denn die letzten Wochen, doch vor allem die unbeschwerte Zeit, die sie endlich wieder miteinander teilten, hatte sie ein wenig zusammengeschweißt. So sehr, dass Gwendolyn sich tatsächlich vornahm, Severus an diesem Tag nur einen kurzen Besuch abzustatten, um demjenigen Gesellschaft zu leisten, der sie am meisten verdient hatte: der Mann, der sie, trotz aller Geschehnisse, noch liebte.

Das vertraute Geräusch des knirschenden Kiesweges der Residenz unter ihren Schuhen bemerkte Gwendolyn gar nicht. Die frisch ergrünten Hecken waren in Perfektion von den Hauselfen gestutzt worden und irgendwo in der großen Gartenanlage plätscherte ein Bächlein. Die tiefstehende Sonne fiel auf die makellosen, schneeweißen Kiesel und blendete jeden, der auch nur einen längeren Blick auf sie warf, doch Gwen schenkte keinem dieser Frühlingsphänomene Beachtung.

Ihr Blick war auf die zweiflüglige, bronzene Tür geheftet, die im Schatten eines barocken Portals, am Höhepunkt der Außentreppe, lag. Gwendolyn jedoch beachtete weder die aufwendige Architektur, noch den stilisierten Garten. In Gedanken war sie schon viel weiter gewesen. Etliche Stufen unter den Hallen dieses Anwesens, im einzigen Raum, in dem sie denjenigen fand, den sie so sehr vermisste, dass sie Sirius dafür einige Stunden sich selbst überließ. Tief unter der Lestranges Residenz, ganz in der Nähe der Kerker und des Duelliersaals, befand sich das Laboratorium und darin, für gewöhnlich, der Tränkemeister Severus Snape.

Gwendolyn zeigte ihren Arm vor, ohne darauf zu achten, wer dieses Mal mit der Wache an der Reihe gewesen war. Einer der Türflügel schwang auf und sie konnte ihren Weg fortsetzten.

Sie hatte die Eingangshalle zur Hälfte durchquert, als ein missbilligendes Zischen ihre Aufmerksamkeit erregte. Einen Moment hielt Gwen inne und da sah sie Narzissa in Bellatrix' Begleitung aus der Kemenate schreiten und letztere war diejenige, die ihr eine provozierende Fratze schnitt.

Ihre Hand zuckte zu ihrem Zauberstab in ihrer Tasche, doch eine Bewegung hinter den beiden Frauen ließ sie inne halten. Es war nur ein Schatten, den sie erkannte, bevor Gwendolyn wegsah, denn sie wusste, dass es Voldemorts Silhouette war.

Ihr Herz pochte aufgeregt gegen ihren Brustkorb und Gwendolyn zögerte nicht ihren Weg fortzusetzen.

Auf eine Konfrontation mit dem Dunklen Lord war sie heute - bei Merlin - nicht aus.

Voldemort nickte zufrieden. Sein Blick glitt von der angespannten Narzissa, die stur während des ganzen Gespräches auf dieselbe Stelle des Teppichs gestarrt hatte, zu Bellatrix. Ihr Blick war voller Inbrunst, voll fanatischem Eifer, denn Bellatrix tat seit ihrer ersten Begegnung alles in ihrer Macht stehende, um ihm zu gefallen.

So saßen beide Black-Schwestern vor ihm, wie sie nicht unterschiedlicher hätten sein können, und doch hatten beide ohne Widerrede zugestimmt. Aus unterschiedlichen Beweggründen, gewiss, doch das war nicht relevant. Es spielte keine Rolle, warum sie einwilligten, entscheidend war einzig und allein, dass sie dies taten und dass sie über das Geschehene schwiegen.

Er musste den Becher an einem sicheren Ort wissen, so lange, bis er ein geeignetes Versteck für ihn gefunden hatte. Und was das Tagebuch anging? Es gab keinen besseren Ort, es aufzubewahren als in der Malfoy Bibliothek. Dort war es gut verborgen zwischen tausenden von Büchern, ohne je entdeckt zu werden, und so konnte es dort auf den richtigen Zeitpunkt warten. Auf eine Zeit nach Albus Dumbledore, um sein begonnenes Werk zu beenden, so wie Salazar Slytherin es vorgesehen hatte.

Eine Woge des Triumphes strömte durch seine Adern. Sein Plan war in der Vollendung. Nur ein Einziger fehlte noch. Nur einen einzigen Horkrux würde er noch erzeugen müssen, um sein Ziel zu erreichen. Dann hatte er die Sieben. Sieben, die mächtige, magische Zahl würde ihn zusätzlich schützen. Würde sein Vorhaben und ihn selbst indirekt stärken, doch einer fehlte noch.

Er hatte bereits Gegenstände von höchst historischem Wert erobert. Gegenstände, die einst den Gründern von Hogwarts gehört hatten. Er hatte das verschollene Diadem von Ravenclaw aufgespürt und sogar Hufflepuffs Becher erobert. Von Slytherin, seinem Ahnen, waren ihm gleich zwei Artefakte in die Hände gefallen und er hatte beide, den Ring und das Medaillon, an einem sicheren Ort verborgen. Nur noch eines fehlte in seiner Sammlung. Ein Einziges, und das Fehlen jenes Objektes machte ihn fast wahnsinnig. Es war nur noch ein Teil, das seine Planung komplettierte, ein Gegenstand von Godric Gryffindor.

Er erhob sich mit einer königlichen Würde, ohne auf die beiden Damen zu achten, die bereits die Kemenate verließen. Einen Gegenstand von Gryffindor würde er noch beschaffen müssen, um diesen zum Horkrux zu machen und Gwendolyn würde ihm dabei sicher nützlich sein.

Er war den Black-Schwestern hinaus in die Eingangshalle gefolgt und da sah er sie, als hätten seine Gedanken sie heraufbeschworen. Gwendolyn Dumbledore, Gryffindors Erbin. Eine Todesserin, die sich weigerte, seine Dienerin zu sein, und deren Dienste er dennoch benötigte. Nur noch so lange, bis der Muggelfreund Dumbledore gestürzt war und doch, wer - bei Merlin - konnte sagen, wie lange sich das noch hinauszögerte.

Gwendolyn war erstarrt, er konnte ihre Anspannung selbst auf diese Entfernung wahrnehmen, doch sie hatte augenblicklich auf ihr Okklumentikrepertoire zugegriffen. Er suchte nach ihrem Blick, der stolze, kühne Blick aus den ozeanblauen Augen, doch er fand ihn nicht. Es war nur ein Bruchteil einer Sekunde gewesen, in denen sie einander gegenüberstanden, seit Wochen wieder, doch Gwendolyn hatte seinen Blick gemieden.

Sie wandte sich ab von seinem Anblick, ignorierte Narzissa und Bellatrix und war im nächsten Moment die Treppe hinab geeilt, die sie in die Katakomben der Residenz führte. Perplex stand er einen Augenblick da, ohne die beiden Damen zu beachten, sich der Merkwürdigkeit der Situation bewusst, und sein messerscharfer Verstand kombinierte richtig.

Was auch immer gerade geschehen war, Gwendolyn Dumbledore schien ihm etwas zu verheimlichen.

Gwendolyn schloss ihren Freund fast schon jauchzend in die Arme. Es musste eine Ewigkeit her gewesen sein, dass sie einander gesehen hatten. Zumindest kam es Gwendolyn wie eine Ewigkeit vor.

Sekundenlang hatte sie Severus fest umklammert und ließ diesen erst los, als sich dieser tatkräftig aus ihrer Umarmung löste.

„Dir scheint's wirklich gutzugehen!", sagte er lachend, als er endlich Gwendolyns Gesicht sah.

„Komischerweise schon", grinste Gwen.

„Komischerweise?", hakte ihr Freund nach und schloss die Tür des Laboratoriums hinter ihr.

„Ja", Gwendolyn zuckte mit den Schultern, nachdem sie sich ihres Reiseumhanges entledigt hatte, „irgendwie find ich es schon seltsam. Vor einem Jahr noch hätte mich dieses ewige Rumgammeln an den Rand eines Nervenzusammenbruchs gebracht. Aber im Moment... irgendwie genieß ich diese Ruhe."

„Das machen die Hormone!"

„Ja, vielleicht. Ich fühle mich einfach fantastisch!"

„So siehst du auch aus." Er lächelte herzlich und betrachtete sie genau. „Man sieht aber noch nicht wirklich was", stellte er fest.

„Was?", fragte Gwendolyn empört. Sie hatte beide Hände in den Rücken gestemmt und streckte diesen zu einem Hohlkreuz durch. „Du musst auch richtig hinsehen!"

„Ach ja, jetzt, wo du's sagst, da ist tatsächlich ein kleiner Ansatz."

Sie beide stimmten in ungeniertes Lachen ein und es dauerte einige Minuten, bis Severus sich in Erinnerung gerufen hatte, was sein Tagespensum war, und damit begann, einen weiteren Kessel aufzubauen.

Gwendolyn ging ihm zur Hand, ohne mit der Plauderei aufzuhören, die sich um alles Mögliche drehte und weder Struktur noch System hatte. Gwendolyn redete einfach munter auf ihn ein, was ihr gerade einfiel, und Severus' gelegentliches Brummen und sein Lachen war offensichtlich alles, was sie brauchte.

Die Vorkehrungen hatten fast eine Viertelstunde in Beschlag genommen und nun grübelte Severus vor einem seiner unzähligen Tränkebücher, während Gwendolyn unbekümmert auf einem Stück Süßholz herumkaute, dass sie aus Severus' Vorräten stibitzt hatte. Einige Minuten legte sich friedliches Schweigen auf die beiden Freunde und Gwendolyn hing wieder einmal ihren Gedanken nach, als etwas ihren Herzschlag einen Moment aus dem Takt brachte. Gwendolyn hielt ungläubig mit offenem Mund den Atem an und die trockene Süßholzstange fiel unbeachtet auf den Boden.

Doch da war es wieder. Anfangs kaum mehr als ein Kribbeln, war es nun klar und deutlich zu spüren, und das Bewusstsein, dieses Wunder ließ ihre Augen feucht werden.

„Sev?", flüsterte sie leise und wagte kaum zu atmen, aus Angst diesen großartigen Moment zu zerstören. „Was!?" Seine Antwort war angespannt und als er aufsah, wusste er weder die Situation, noch Gwendolyns Stimme zu deuten.

Mit einem knappen Handwedeln deutete sie ihm näher zu kommen und sah dabei aus, als wäre ihr restlicher Körper mit einer Ganzkörperklammer belegt.

„Noch näher!", flüsterte sie schließlich, als er sie fast erreicht hatte.

Misstrauisch gehorchte er.

„Alles in Ordnung mit dir, Gwen?"

Doch seine Freundin schenkte seinen Worten kein Gehör, ergriff stattdessen seine Hände, schob sie unter das Oberteil ihrer Robe und legte sie auf ihren rundlichen Bauch. Zunächst wollte er protestieren, sah fast schon beschämt zur Seite, als ihm im nächsten Augenblick bewusst wurde, worauf Gwendolyn hinaus wollte, und da entspannte er sich.

Einen Moment lang geschah nichts und außer dem gelegentlichen Zischen einiger Gerätschaften hinter ihnen war auch nichts so hören. Doch dann spürte er es. Kaum merklich und zaghaft war es, ein kleiner Widerstand, der die dünne Haut unter seinen Händen dehnte und gegen seine Handflächen drückte.

Verblüfft sah er auf, in Gwendolyns strahlendes Gesicht, das sich offensichtlich nicht zwischen Lachen und Weinen entscheiden konnte.

„Ist das nicht fantastisch?", fragte sie schließlich und versuchte die Feuchtigkeit in ihren Augen wegzublinzeln.

„Das-", Severus suchte nach den passenden Worten, „ist unglaublich!"

Gwendolyn seufzte zufrieden und schloss für einen kleinen Moment die Augen, um den Augenblick zu genießen und um sich dem bewusst zu werden, was gerade geschehen war, doch der Moment der Ruhe sollte nicht lange andauern.

Etwas Anderes drängte in ihr Bewusstsein, etwas Brutales und Zorniges, dass sie mit einer imaginären Ohrfeige aus ihrer Idylle riss. Es war Voldemorts Aura - und sie war da.

Die Tür wurde aufgerissen.

Wie ertappte Diebe fuhren die Beiden herum. Der Dunkle Lord stand im Rahmen der Labortür, bedrohlich und berechnend und selbst Severus' kühner Versuch, sich schützend vor seiner Freundin aufzubauen, war zum Scheitern verurteilt.

„Lass uns allein, Snape!" Seine Stimme war hart und gnadenlos.

Severus zögerte einen Augenaufschlag lang, doch Gwendolyn hatte sich an ihm vorbeigeschoben und gab ihm stumm zu verstehen, dass er gehorchen sollte. Nur widerwillig kam er dieser wortlosen Bitte nach.

Sekunden später fiel die Tür ins Schloss und sie war alleine. Alleine mit dem Dunklen Lord und Unbehagen legte sich wie ein kalter Schleier um sie und hüllte sie ein.

Gwendolyn begann zu frösteln. Ihr Atem ging deutlich schneller, sie sah in seine Richtung und doch wagte sie es nicht ihn anzusehen. Nicht nachdem, was geschehen war und erst recht nicht nach der langen Abstinenz, die er ihr auferlegt hatte.

„Du hältst mich zum Narren, Gwendolyn?" Seine Stimme war angespannt und drohend.

„Nein, Mylord, sicher-"

„SIEH MICH AN!"

Gwendolyn schluckte. Ihr Mund war furchtbar trocken, doch sie musste konzentriert und beherrscht bleiben und vor allem ihren Geist verschlossen lassen.

Sie sah auf und erschrak. Viele Wochen hatte sie ihn nicht mehr gesehen und in diesen Wochen schien er sich verändert zu haben. Seine Züge, sein markantes Antlitz, war auf eine seltsame Art und Weise verzerrt. Wie ein Kohleportrait, das versehentlich verwischt worden war. Seine Wangen waren hohl und die einst edle, blasse Haut spannte sich nun wie Wachs über die hohen Wangenknochen.

Seine Erscheinung war grotesk und schien nicht mehr als ein winziger Teil von dem zu sein, das er einst gewesen war. Gwendolyn schauderte unwillkürlich.

Nur die schiefergrauen Augen waren gleich geblieben. Blickten sie noch immer wach und berechnend an und versuchten in ihr Innerstes zu schauen. Versuchten wie ein Rammbock ihre geistige Barriere zu durchbrechen, doch darauf war sie gefasst gewesen.

Voldemort kam erneut einige Schritte auf sie zu.

„Was versuchst du vor mir zu verbergen?"

Sie wich zurück, prallte gegen Severus massiven Schreibtisch und verpasste den Moment, da Voldemort mit einer flüssigen Bewegung seinen Zauberstab hervorzog.

„Ich verberge nichts!"

„LÜGEN!"

Es war wie ein Hammerschlag in ihren Schädel, der ihre Barriere fast durchbrach. Gwendolyn taumelte überrascht zur Seite, begann in den Stoff ihrer Roben nach ihrem Zauberstab zu suchen, doch Voldemort nutzte den Überraschungsmoment.

Legilimens!"

Gwendolyn spürte sich zu Boden stürzen, doch das war nun nebensächlich. Im rasenden Tempo zogen Bilder vor ihrem inneren Auge davon und im nächsten Moment war ihr klar, dass Voldemort in ihrem Geist suchte. Es waren wirre Sequenzen ohne Zusammenhang aus allen Zeiten, die hinter ihr lagen.

Sie hörte sich wimmern... die Bibliothek in Hogwarts... versuchte sich an den Raum um sich herum zu erinnern... Honigtopf in Hogsmeade... Regulus in der Großen Halle... noch einmal versuchte Gwendolyn sich zu wehren... ihr erster gestaltlicher Patronus... vergeblich... das Gesicht ihres Vaters, ernst und streng... Aberforth' besorgte Miene... Severus... Sirius... sie musste sich dagegen wehren... Sirius verschwand im Kamin... oder musste fliehen... Streit... Voldemort saß ihr gegenüber... vielleicht disapparieren... ihr Kuss... Schweiß und Hitze... ein schwebender Koffer... Verzweiflung... hatte sie überhaupt genügend Kraft dazu?... Severus' Beglückwünschung... Panik... Schuldgefühle... Gwendolyn versuchte sich loszureißen, versuchte die Bilder aus ihrem Kopf zu verdrängen... Sirius... Angst... Scham... jemand packte sie grob... Sirius, ausgemergelt, gezeichnet... und sie wurden immer deutlicher, die Erinnerung fokussierte sich... „weiß er davon?... Schmerz... Verachtung... „...nein" „... gut, dann werden wir es als mein Blut ausgeben können"... unerträglicher Schmerz und Schuldgefühle... Hoffnung... und dann riss es ab.

Gwendolyn keuchte, sie lag mit dem Rücken auf dem steinernen Boden des Laboratoriums, Voldemort hatte sie losgelassen, doch nur für einen Moment. Einen winzigen Moment, in dem er auf sie hinab starrte und die gerade erlebten Eindrücke sortierte. Es dauerte nur wenige Sekunden, bis er begriffen hatte.

Gwen hingegen krabbelte von ihm weg, ohne Voldemort aus den Augen zu lassen. Sie konnte klar und deutlich in seinem Gesicht lesen, dass er gefunden hatte, wonach er suchte.

Ihr Herz schien einige Schläge auszusetzen, sein Zorn und die Abneigung waren geradezu greifbar. Seine Wut steigerte sich ins Unermessliche. Instinktiv griff sie nach ihrem Zauberstab, kramte in den Erinnerungen und noch während Voldemort sich auf sie stürzte, verschwand die Welt in einem bunten Schwall aus Farben und Formen.

Doch etwas war anders. Irgendwo zwischen Raum und Zeit driftete ihr Geist umher, von einem bleiernen Gewicht beschwert. Der typische Druck wirkte auf ihren Körper, presste jede Zelle zusammen, als müsse sie sich durch einen engen, hohlen Schlauch pressen. Es drückte auf die Lungen, es drückte auf ihren Schädel und der Gedanke an den Ort, zu dem sie wollte, entglitt ihr allmählich.

Gwendolyn sammelte all ihre Konzentration. Sie musste jetzt stark sein, musste gegen den Sog ankämpfen, der sie versuchte zurückzuzerren. Sie versuchte das Netz abzustreifen, das die Appariersperre darstellte. Es war kraftraubend, aber es gelang Gwendolyn schließlich, doch noch immer haftete eine unheilvolle Last an ihr. Sie zerrte an ihrer mentalen Kraft, machte es unmöglich, sich auf ihren Zielort zu konzentrieren. Die Angst sich zu Zersplintern schlich in ihre Gedanken, doch Gwendolyn verdrängte sie, und dann - endlich - war das vertraute Gefühl da.


Sie kam mit einer solchen Wucht auf dass sie taumelte. Das Gewicht, dass die ganze Zeit an ihr gehaftet hatte, war noch immer an ihr. Es zerrte an ihrem Umhang, umklammerte fest einen ihrer Arme.

Gwendolyn wirbelte herum, ohne sich losreißen zu können. Voldemorts Griff war so fest wie ein Schraubstock und sie schrie vor Entsetzen, wand sich und entkam seinem Fluch nur, weil sie ihm ausgewichen war. Gemeinsam taumelten sie einige Schritte zurück, während sie miteinander rangen. Schließlich gelang es Gwendolyn sich loszureißen, sie beschwor einen Schild herauf und war im nächsten Moment disappariert.

Keuchend landete sie am Rande eines Waldgebietes. Ihr Herz trommelte wild und unkontrollierbar in ihrer Brust, das Blut rauschte laut in ihren Ohren. Sie sah sich um. Gwendolyn stand in einem großen Feld Narzissen und blickte hinab auf ein abgebranntes Cottage. Es waren die Überreste des Hauses der McKinnons. Ängstlich sah sie sich um. Sie traute der Situation nicht, wagte es nicht, sich in Sicherheit zu wiegen. Irgendwo in der Nähe knackte es im Unterholz. Gwendolyn fuhr herum. Sie konnte nicht hier bleiben, vielleicht konnte Voldemort sie aufspüren, vielleicht gab es einen Zauber, der es ihm möglich machte, sie zu verfolgen. Noch einmal atmete Gwen tief durch, sammelte ihre Gedanken und machte sich bereit, ein weiteres Mal zu apparieren.

Dieses Mal war die Landung noch unsanfter. Sie taumelte heftig und prallte mit voller Wucht gegen einen der unzähligen Passanten.

„Na hören Sie mal, Miss!", tat dieser laut seinen Unmut kund, doch Gwendolyn beachtete ihn nicht weiter.

Sie tauchte stattdessen in die Masse von Menschen ein, die sich auf der Oxford Street tummelten, und warf immer wieder einen flüchtigen Blick über die Schulter.

Sie zitterte am ganzen Leib. Nicht nur vor Angst, sondern vor allem vor Erschöpfung. Dieser Akt hatte sie Kraft gekostet, hatte sie ausgelaugt und Gwendolyn Nahe an ihre Grenze gebracht. Unruhig folgte sie einige Minuten dem Strom von kauflustigen Menschen, bis sie sich schließlich in einem der vielen Läden an ein Regal lehnte, um sich kurz auszuruhen.

Nur langsam beruhigte sich ihr Atem, während Gwendolyn aufmerksam ihre Umgebung beobachtete. Sie würde noch ein wenig hier ausharren, bevor sie es wagte, zu ihrer Wohnung zurückzukehren. Nur noch ein paar Minuten, denn viel Zeit durfte Gwen nicht verstreichen lassen. Jede Minute, in der sie zögerte, war eine Minute mehr für Voldemort, sich zu organisieren.

Gwendolyn war sich fast sicher, dass er bereits Vorkehrungen traf. Sie hatte es in seinen Augen gesehen, die Intoleranz und den Zorn. Er würde Gwendolyn jagen, so wie er bereits andere gejagt hatte und Lord Voldemort kannte keine Gnade. Gwendolyn schauderte und ein ungutes Gefühl breitete seine Schwingen über sie aus. Sie konnte froh sein, mit ihrem Leben entkommen zu sein, doch nun gab es kein Zurück mehr. Angst schnürte ihr die Kehle zu. Es gab kein Zurück mehr.

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