Kapitel 44

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Gerade saß ich in der Küche auf einem Stuhl und tat nichts. Überhaupt nichts. Ich nahm Stimmen um mich herum wahr, jedoch konnte ich nicht nachvollziehen, wie sie es schafften etwas zu sagen. Genau das fiel mir jetzt so unglaublich schwer. Ein Schock. Daran müsste es liegen, denn anders konnte ich mir meine eigene Lage nicht erklären. Die Worte, die ich gerne aussprechen würde, waren mir im Hals stecken geblieben. Selbst das Atmen fühlte sich anstrengend an. Komisch. Ja, es war sehr merkwürdig, aber auch beängstigend. Alles. Wortwörtlich alles.

Ich fühlte mich gefangen, wie in einem Käfig, obwohl es mein Körper war, indem ich feststeckte. Innerlich schrie ich um Hilfe, aber niemand hörte mich. Keine Menschenseele.

Mein starrer Blick war auf den Boden gerichtet. Ich wusste nicht, wie lange schon und eigentlich wollte ich es auch gar nicht wissen. Im selben Augenblick sah ich zwei Füße vor mir, weshalb ich hochschaute und Hope vor mir erblickte. Sie zwang sich ein Lächeln auf ihre rosa Lippen und reichte mir ein Glas Wasser, was ich schweigend annahm. Die Blondine erwartete anscheinend nicht, dass ich etwas sagte, denn ihr war bewusst, dass ich es nicht tun würde. Daher setzte sie sich an den Tisch und hörte den anderen zu, die ich die ganze Zeit ausblendete. Das Thema von ihnen, worüber sie gerade sprachen, war wichtig, aber ich konnte mich nicht darauf konzentrieren.

Das Glas war weiterhin in meiner Hand und ich betrachtete es sehr ruhig. Nebenbei hörte ich, wie sie Jack seinen Namen erwähnten und damit tauchten die Bilder auf, die ich versuchte zu verdrängen.

Er wurde heute verhaftet.

Als ich wieder daran denken musste, schaffte ich es nicht richtig zu atmen. Ich verlor regelrecht die Kontrolle über meinen eigenen Körper und begann dazu auch noch zu zittern, sodass einige Tropfen Wasser aus dem Glas kippten. Um es nicht fallen zu lassen, umklammerte ich es fest in meiner Hand, doch das schlimmere geschah. Am Ende packte mich eine solche Wut, wodurch ich mit einer schnellen Bewegung auf stand und das Glas an die Wand schleuderte und es in tausenden Stücken zerbrach.

Stille.

Keiner schaffte es etwas zu sagen und jeder starrte mich nur erschrocken an. Die plötzliche Ruhe, die dadurch entstand, tat unglaublich gut. Daher ließ ich mich erschöpft auf den Stuhl fallen und schloss vor Müdigkeit meine schweren Augen.

"Aria", sagte jemand, aber ich reagierte nicht auf die Stimme und weigerte mich die Person anzusehen.

"Mach die Augen auf Engelchen", verlangte Liam.

Langsam tat ich, was er wollte und bemerkte sofort, dass alle längst die Küche verlassen hatten. Aus diesem Grund blickte zu meinem Freund runter, der vor mir kniete und meine Hände in seine nahm. Er hinterließ einen leichten Kuss auf meine Handrücken und schaute wieder zu mir hoch, dabei lag ein sanftes Lächeln an seinen Lippen. Seine Grübchen, die ich so sehr liebte, stachen leicht hervor. Sie ließen mich ebenfalls lächeln, doch meine Angst und Verzweiflung konnten sie trotzdem nicht verstecken.

Meine Augen wanderten zu seinen wunderschönen Blauen, die förmlich glänzten, dabei verlor ich mich unbewusst in dieser einzigartigen Farbe.

Ich zog meine rechte Hand vorsichtig aus seinem Griff los und legte sie stattdessen an seine Wange. Den Augenkontakt brach ich nicht ab und lehnte mich ein Stücke nach vorne, sodass ich meine Stirn gegen seine lehnen konnte. Er schmiegte sich an meine Hand und schloss stumm seine Augen, was ich ihm gleichtat und so verweilten wir für einige Sekunden, bis er auf einmal komplett aufstand und mich auf die Beine zog, nur um mich in seine Arme zu nehmen.

"Ich weiß, dass du Angst hast", flüsterte er.

"Du musst aber niemals Angst haben, wenn ich bei dir bin. Niemals", erklärte er und umarmte mich fester.

Der VerstandWhere stories live. Discover now