Kapitel 8

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"Jedes Mädchen, das ich liebe, verlässt mich", begann er nach einigen Minuten zu reden.

"Von wem sprichst du?", war ich verwirrt.

"Ihr Name ist Fleur", antwortete er, wobei ich mich von ihm löste und somit konnte ich das kleine Lächeln an seinen Lippen erkennen.

"An dem Tag als wir deine Krankheit erfuhren, war ich ihr im Krankenhaus begegnet. Du warst schlafen und deshalb bin ich an die frische Luft raus gegangen. Sie saß draußen auf einer Bank und ich habe mich still zu ihr gesetzt, weil ich sie zuerst gar nicht bemerkt hatte. Es vergingen einige Sekunden und plötzlich sprach sie mich von der Seite an", erzählte er und anscheinend war er so vertieft in seinen Erinnerungen, das er nicht anders konnte und ein wenig zum Lachen begann.

"Also wenn sich Jungs meistens neben mich setzen, versuchen sie mich anzumachen. Es freut mich, dass du nicht von dieser Sorte bist", zitierte er sie.

"Das hat sie zu dir gesagt?", fragte ich schmunzelnd nach und er nickte stumm.

"Nach ihren Worten drehte ich mich zu ihr um und ihre Schönheit hat mich wortwörtlich umgehauen. Ihre großen und schokoladenbraunen Augen bohrten sich in meine hinein, dabei lag ein so wunderschönes Lächeln an ihren Lippen, in das sich jeder Junge verlieben könnte. Sie hatte lange und goldbraune Haare, die ihr unglaublich schön in leichten Wellen über die Schulter fielen. Ihre Ausstrahlung wirkte auf mich beruhigend und sie ließ mich plötzlich alles vergessen. Es war ein unbeschreiblicher Moment, den ich nie vergessen könnte", sprach er weiter und dabei schaute er verträumt ins Leere.

"Was ist danach passiert?", war ich neugierig und bei meiner Frage verging ihm langsam das Lächeln.

"Sie stand auf und ging, dabei fiel mir erst da auf, dass sie einen Krankenhauskittel trug. Verwirrt, aber auch neugierig sah ich ihr hinterher bis sie vor meinen Augen verschwand", fuhr er fort.

"Nie ist sie mir aus dem Kopf gegangen und am Tag deiner OP hatte ich es drinnen nicht mehr ausgehalten zu warten. Ich bin wieder raus gegangen und setzte mich auf dieselbe Bank, wie zuvor. Vor Aufregung war ich kurz vorm Durchdrehen, doch trotzdem merkte ich, dass es diesmal sie war, die sich neben mich setzte", redete er nachdenklich und machte eine kleine Pause.

Das ganze überraschte mich, denn ich hatte nie mitbekommen, dass er ein Mädchen kennenlernte und nicht zu fassen, dass ich nichts bemerkt hatte. Was war ich denn nur für eine Cousine? Jack merkte immer, wenn es mir nicht gut ging und jetzt kam ich mir dumm vor. Ich war so mit mir und meinen Problemen beschäftigt, dass ich meine Familie vollkommen vernachlässigt hatte.

Vielleicht war mir auch nie etwas aufgefallen, weil Jack immer glücklich war. Natürlich gab es immer wieder Tage, an denen er nicht so gut drauf war, aber ansonsten ging es ihm gut.

Dieses Mädchen tat ihm gut, doch nun hatte sie ihn zerstört und ich fragte mich, warum?

"Ich drehte mich zu ihr um und erstarrte für einen Moment, als ich ihre Haare nicht sah. Sie hatte eine Glanze und in dem Augenblick verstand ich, warum sie diesen Krankenhauskittel trug. Vielleicht waren ihre schönen Haare weg, aber das war nicht wichtig, denn sie hatte noch ihr Lächeln an ihren Lippen, wie es in meiner Erinnerung geblieben war. Deshalb begann ich ebenfalls zu lächeln und konnte nicht aufhören in ihr wunderschönes Gesicht zu schauen", lächelte er ganz leicht darüber.

"Du lächelst und stellst mir keine Frage, warum ich keine Haare mehr habe. Interessant", sagte er mir ihre Worte, worüber ich zum Grinsen begann.

"Ich wusste nicht, was ich dazu sagen sollte, deshalb blieb ich still und schaute wieder nach vorne. Außerdem waren noch meine Gedanken bei dir gewesen, deswegen war nicht die Lust in mir mit irgendeinem Mädchen zu reden, die ich nicht einmal kannte. Sie blieb aber nicht still und beichtete mir, dass sie Krebs hätte und heute genauso ihre OP wäre. Drinnen wollte sie aber nicht länger bleiben, denn die Gesichter immer vor den Augen zu haben, die Angst hatten sie zu verlieren, konnte sie nicht mehr ansehen. Aus diesem Grund warteten wir gemeinsam und das ohne etwas weiteres zu sagen", teilte er mir weiter mit.

"Danach habe ich sie nicht mehr gesehen. Erst am Abschlussball bin ich ihr wieder begegnet. Sie war als Gast einer Freundin von unserer Schule eingeladen. An dem Abend war ich glaub ich der glücklichste Kerl, denn dieses Wissen, das sie es überstanden hatte, war schön. Deshalb hatte ich meinen ganzen Mut gesammelt und sie angesprochen. Zusammen waren wir raus gegangen und hatten glaub ich stundenlang miteinander geredet. Sie hatte mir so viel von sich selber erzählt und ich von mir", erzählte er, dabei konnte ich erkennen, wie weh es ihm tat darüber zu sprechen.

"Wenn alles so schön war, was ist dann passiert das du jetzt so...zerstört bist?", stellte ich ihm die Frage, die mich schon die ganze Zeit interessierte.

"Sie ist weg", war darauf seine einzige Antwort und somit war auch das kleinste Lächeln in seinem Gesicht verschwunden.

"Wie weg?", verstand ich nicht.

"Nachdem Abschlussball haben wir uns einige Male noch getroffen, doch vor etwa zwei Wochen ist sie spurlos verschwunden. Ich rufe sie an, aber ihre Nummer ist nicht mehr zu erreichen. Ich bin zu ihrer Freundin gegangen, aber sie weiß auch nicht, wo sie sich befindet", erklärte er.

"Das ist nicht wie bei Emily", sagte er.

"Fleur ist anders", versuchte er mich zu überzeugen und ich glaubte es ihm auch, denn wie er mir sie beschrieben hatte, reichte dafür vollkommen aus.

"Ich habe versucht zu akzeptieren, dass sie weg ist, aber es funktioniert nicht. Überhaupt nicht und ich bin kurz davor den Verstand zu verlieren, denn sie ist jede Sekunde in meinem Kopf. Die ganze Zeit, Aria", war er vollkommen verzweifelt und bei seinem Anblick zerbrach es mir das Herz.

Am Ende hielt er es nicht mehr aus, weshalb er aus dem Auto aus stieg und vergeblich nach Luft schnappte, als ob er ersticken würde. Traurig beobachtete ich ihn und wusste nicht was ich dazu sagen oder nun tun sollte.

Ungläubig schüttelte ich nur den Kopf darüber, denn es ergab doch keinen Sinn, dass sie plötzlich verschwand.

Im Moment verdrängte ich aber diese Gedanken und stieg ebenfalls aus dem Wagen aus. Ich näherte mich zu Jack und blieb vor ihm stehen, der mich völlig am Ende mit seinen Nerven anschaute. Daher blieb ich leise und schlang meine Arme um seinen Bauch. Ich umarmte ihn ganz fest und würde ihn keinesfalls mehr alleine lassen.

"Wir werden sie finden, versprochen", versicherte ich ihm, wozu er nichts sagte, aber meine Umarmung erwiderte.

Der VerstandKde žijí příběhy. Začni objevovat