Kapitel 22

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Ich wollte mich nicht länger im Haus einsperren, denn langsam fühlte es sich wie ein Gefängnis an und das erzeugte bei mir schlechte Laune. Aus diesem Grund waren Liam und ich raus gegangen und spazierten nun an einem schönen Waldweg entlang, wo gerne die Menschen immer waren, wenn sie etwas ihre Ruhe brauchten oder wenn man einfach das Wetter mit seinen Liebsten genießen wollte.

Jack, Hope, Jayden und Kyle hatten uns begleitet und waren mit einem geringen Abstand hinter uns, dabei waren deren Gelächter und die Beleidigungen von meiner besten Freundin nicht zu überhören, was mich immer wieder zum Schmunzeln brachte.

Es störte mich einfach nicht, denn somit ließ es sich anfühlen, als ob alles ganz normal wäre und wir wie normale Freunde zusammen Zeit verbrachten.

Im selben Augenblick legte Liam seinen Arm um meine Schulter, womit er mich näher an sich zog und mir einen Kuss an der Wange hinterließ. Wie ein kleines Kätzchen schmiegte ich mich an ihn, denn es gab gerade nichts schöneres, als bei einem Menschen zu sein, den man liebte. Ein sanftes Lächeln zierte meine Lippen und ich genoss diesen Moment so unglaublich sehr.

"Weißt du, was ich mir manchmal wünsche?", fragte ich in die Stille hinein, wobei er schwieg und darauf wartete bis ich weiter sprach.

"Das wir uns viel früher begegnet wären. Vielleicht...Vielleicht wäre alles anders gewesen", sagte ich traurig und nachdenklich zugleich.

"Ich wünschte wir wären uns nie begegnet", murmelte er daraufhin, worauf ich verwirrt über seine Worte mitten im Weg stehen blieb.

"Warum sagst du sowas?", verstand ich nicht.

"Weil ich ein so großer Egoist bin", antwortete er und konnte mich nicht mehr ansehen, jedoch begriff ich weiterhin nicht, was er damit meinte.

"Ich schaffe es nicht aus deinem Leben zu gehen, obwohl ich weiß, dass ich dich unglücklich mache und es tut mir so unfassbar Leid, das ich dir das antue", erklärte er und schaute dabei so verzweifelt aus, was mir das Herz zerbrach.

Für einen kurzen Augenblick schwieg ich, denn seine Erklärung hatte mich sprachlos gelassen. Ich hatte keinerlei Ahnung davon, das er so dachte und dass er das tat, verletzte mich auf irgendeiner Weise. Von Anfang an war er gegen diese Beziehung gewesen und das wusste ich schon immer, aber das er jedes Mal diesen Gedanken in seinem Kopf hatte, machte mich nun genauso fertig.

Er gab sich weiterhin die Schuld an dem Tod meines Vaters und jetzt lag es höchstwahrscheinlich an Ace, falls es sich natürlich um ihn handelte, der diese verrückten Psychospiele mit uns spielte.

Liam sein Problem war, dass er nicht verstehen konnte, dass all das nicht in seiner Hand lag.

Ich schüttelte fassungslos den Kopf darüber, denn ich hasste es, wenn er immer dachte, dass er an alles verantwortlich war. Traurig beobachtete ich ihn schließlich und holte einmal tief Luft, dabei wanderte mein Blick kurz zu den anderen, die sich etwas weiter von uns entfernt auf eine Bank gesetzt hatten und uns anscheinend nicht stören wollten.

"Du machst mich nicht unglücklich", begann ich nun zu sprechen und meine Augen blieben an seinen hängen, wobei er diesmal derjenige war, der den Kopf ungläubig schüttelte.

"Du hattest viel mehr gelächelt, bevor wir uns kennengelernt hatten. Ich liebte dieses Lächeln", meinte er, wobei sich wieder ein schwaches Lächeln auf meinem Gesicht bildete.

"Wir können nicht immer glücklich sein, aber wir können auch nicht immer unglücklich sein. Genau das macht doch eine Beziehung aus oder nicht? Wir sind zusammen glücklich, zusammen traurig und wir wir machen all das zusammen", versuchte ich ihm zu erklären, aber er schaute noch immer nicht überzeugt über meine Worte aus.

"Bei dir fühle ich mich lebendig", gestand ich, dabei kam ich ihm einen Schritt näher, sodass ich sein Gesicht zwischen meine Hände nehmen konnte.

"Bei dir fühle ich mich frei, denn-", hauchte ich mit einem unregelmäßigen Herzschlag und machte eine kleine Pause.

"Aria gehört zu Liam", beendete ich meinen Satz.

"Sie werden mich nicht mehr los, Mr Black", lächelte ich am Ende, was ihn zum Schmunzeln brachte.

"Verlass mich niemals", flüsterte ich augenblicklich und blickte ihm dabei tief in die Augen, denn das war etwas, wovor ich am meisten Angst hatte.

"Versprich es mir", verlangte ich.

"Versprochen, mein Engel", beruhigte er mich und zog mich in eine feste Umarmung.

"Ist das ein Black Versprechen?", amüsierte ich mich wieder, um die Stimmung zu lockern und löste mich ein wenig aus seinem Griff, sodass ich einen freien Blick in diese schönen Augen hatte.

"Ein Black Versprechen, ja", stimmte er zu und küsste mich anschließend auf die Stirn.

Zusammen machten wir uns auf den Weg nach Hause, da es langsam dunkel wurde und die anderen waren erneut hinter uns, die die ganze Zeit geduldig auf uns gewartet hatten. Mir war außerdem bewusst, dass sie uns nicht einfach so begleiteten, sondern aus unserem Schutz. Sie hatten nämlich genauso Angst, das jede Sekunde etwas passieren könnte, daher wollten sie weder mich und noch Liam alleine lassen. Auf einer Weise war es sehr schön von ihnen und das zeigte, wie sehr wir ihnen wichtig waren, aber es beunruhigte mich auch.

Hope hatte ich nur angelächelt, sodass sie verstand, dass alles in Ordnung war, denn sie schaute vorher sehr besorgt über unsere kleine Diskussion aus.

"Du nimmst die Engelskette nie ab", stellte Liam plötzlich fest.

"Ja", bestätigte ich.

"Warum?", machte es ihn neugierig und ich konnte von der Seite aus sehen, wie er nachdenklich die Augenbrauen verengt hatte.

"Ich fühle mich so leer, wenn ich sie nicht an mir trage, als ob sie ein Teil von mir geworden ist", erklärte ich.

Genau als er dazu etwas erwidern wollte, rempelte mich jemand von der Seite an und bevor ich Bekanntschaft mit dem Boden machte, hielt mich Liam noch rechtzeitig fest. Etwas verärgert hob ich schließlich meinen Blick und wollte sehen, wer keine Augen im Kopf hatte, denn der plötzliche Zusammenstoß tat wirklich an der Schulter weh.

Ein mir unbekanntes Mädchen mit strahlenden braunen Augen stand vor mir und rieb sich die schmerzende Stelle an ihrem Arm.

"Es tut mir wirklich Leid! Ich war so abgelenkt und habe dich gar nicht gesehen! Oh Gott, ich bin so tollpatschig! Ich hoffe, ich habe-", begann sie ohne Pause zu reden, doch sie wurde unterbrochen.

"Fleur?", ertönte die Stimme von Jack.

Der VerstandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt