Olivias Geständnis

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Samu:

Verschreckt lasse ich das Handy auf den Boden fallen. Was ist nur mit meinem Leben passiert? Evelyn hat unser Kind verloren. So richtig in meinen Dickschädel will das noch nicht, aber wie soll man auch jemanden vermissen, den man nie persönlich kennengelernt hat..?

Und doch spüre ich bereits ein paar salzige Tränen, die einfach ungefragt mein gesamtes Gesicht bedecken. Diesmal wische ich sie nicht weg. Warum auch? Von mir aus soll jeder sehen wie schlecht es derzeitig um mich steht. Ich habe es schlichtweg verbockt. Habe alles falsch gemacht was man nur falsch machen kann. Es tut so verdammt weh, zu spüren, dass Evelyn, selbst Evelyn, mir nicht mehr glaubt, keinen Grund hat mich verstehen zu wollen. Das erste Mal blicke auch ich zurück, zurück auf viele Enttäuschungen, aber gleichzeitig schöne, einzigartige Momente. Selbst meine Tätigkeit, die ich sehr liebte und eigentlich immer noch liebe, ließ ich fallen und setzte mich über jegliche Regeln und Verbote hinweg. Das ich Lehrer geworden bin. In jedem anderen Beruf wäre unsere Beziehung nicht so stark zum scheitern verurteilt worden, wie in einem pädagogischen. Vielleicht sollte ich mich einfach an eine andere Schule versetzen lassen... Es würde uns einige seelische Schmerzen abnehmen und mir zusätzlich die Freiheit zurückgeben die ich benötige. Ich fühle mich in Helsinki, bzw. in diesem Bezirk nicht mehr wohl. Frau und Herr Engel's strafende Blicke lassen mich erschaudern. Ich warte bereits nur noch auf dem Tag, an dem sie mich ausquetschen werden. Soweit möchte ich es einfach nicht kommen lassen. Niemals.

Außerdem kann ich ihr so nicht mehr unter die Augen treten. Wie soll ich denn darstehen? Mit ihr um unser Kind trauern und nebenbei erzählen, dass ich sie zur selben Zeit mit einer Kopie betrogen habe?! Eben, das ist wahrscheinlich nicht der richtige Weg. Ich setze mich auf's Fensterbrett und starre nachdenklich in die Ferne. Es ist als wäre ich der einzigst unglückliche Mensch auf dieser Welt. Natürlich weiß ich, dass das nicht stimmt, aber die vielen glücklichen Gesichter draußen, zeigen mir doch wieder wie schön das Leben sein kann, wenn man es nur zulässt. Ich möchte einfach wieder so sein, wie die unzähligen Personen dort vor meiner Nase. Ich bin 38 und habe gelernt, dass Leben selbst in die Hand zu nehmen. Vielleicht ist es an der Zeit endlich dies auch zu tun. Wie würde meine Mutter jetzt sagen..?

"Das Leben ist ein einziger Kampf. Aber ein schöner."

Und deshalb muss ich jetzt kämpfen. Diesmal nicht um Evelyn's Herz.. Sondern mit mir selbst. Mit meinen Gefühlen die endlich abgeschaltet werden sollten. Ein für alle mal. Ich weiß nicht, ob ich diesen Kampf jemals gewinnen werde.. jedoch... Versuchen muss ich es.

Kann man den Direktor auch in den Ferien erreichen? Ich habe keine Ahnung, doch der Versetzungsantrag muss gestellt werden.

"Hey." Jemand klopft unaufhörlich gegen die Fensterscheibe. Ich hebe meinen Blick und schaue in Olivia's Augen. Schnell gehe ich zur Tür und lasse sie herein. "Was verschafft mir die Ehre?" Ich bringe ein gequältes Lächeln zustande.

"Hast du was von Evelyn gehört?" Olivia lässt sich auf die Couch fallen und schlägt lässig die Beine übereinander. Ich schlucke. Muss das jetzt wirklich sein?

"Ich habe mit ihr telefoniert."

"Boah, ein Glück ich dachte es wäre irgendwas passiert. Sie antwortet nicht auf meine Nachrichten."

Hm. Ich versuche mir nichts anmerken zu lassen, was allerdings nicht gelingt. Nur nicht heulen! Wie soll das denn kommen..? Wer ist hier der Erwachsene.. Tja, manchmal bin ich mir da selbst nicht so sicher.

"Samu, alles ok..?!" Olivia beugt sich besorgt vor und mustert mich eingehend. "Du wirkst müde."

"Ach." Ich seufze und erzähle leise alles was ich weiß.

TEACH ME / Samu Haber FF Nơi câu chuyện tồn tại. Hãy khám phá bây giờ