Die Vor- und Nachteile einer Schwangerschaft

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Evelyn:

Ich will es nicht wahr haben. Es ist nicht wahr. Es ist nicht wahr, es ist nicht wahr, es ist nicht wahr. Immer wieder versuche ich mir das ein zu reden. Allein beim Gedanken daran könnte ich mich erneut übergeben. Meine Zukunft hängt am seidenen Faden. Theatralisch fahre ich mir über die Stirn. Ok, dass ist etwas übertrieben, aber.. Ich kann nicht auf eigenen Beinen stehen. Babygeschrei, schlaflose Nächte.. Meine freie Zeit wird zu einer stressigen werden. Ich sehe es schon vor mir: Andere 18- jährige die feiern gehen, während ich zuhause abhänge und meinen mütterlichen Pflichten nachgehe. "Na ja", rede ich mir leise ein. "Noch ist nichts offiziell bestätigt, dem Schwangerschaftstest kann man nach so wenigen Tagen auch nicht glauben." Um den Besuch beim Frauenarzt werde ich trotzdem nicht drumrum kommen. In diesem Moment öffnet sich knarrend die Tür. "Lea! Du wolltest mich doch alleine lassen!" Ein eisiger Zug weht mir über den Körper. Es ist Sommer in Deutschland und trotzdem friere ich wie verrückt.. Normal ist das auch nicht. Ich höre Schritte. Ohne mich um zu drehen, weiß ich wer es ist. Auf meinen Gesicht erscheint ein mattes Lächeln. "Samu. Was machst du hier?" Endlich tritt er in mein Blickfeld. Kann ein Mann noch schöner werden? Scheinbar hab ich das laut ausgesprochen, den Herr Haber versucht ein leichtes auflachen zu unterdrücken. Dabei sieht er eigentlich ganz normal aus. Wie immer eben und doch besonders. Nur er hat diese Anziehungskraft.. und vielleicht mal kurzzeitig auch Elyas. Aber das war nur eine dumme hormongesteuerte Phase. Typisch, ich schiebe alles mal wieder auf meinen Körper. Kommen wir also zurück zum Ernst des Lebens. Samu nimmt meine Hand und hält sie fest. "Lea hat mich angerufen und von etwas erzählt dass uns beide angeht. Sie meinte es wäre besser wenn ich persönlich vorbeikomme. Ich habe mir Sorgen gemacht und mache sie mir immer noch. Was ist los?"

Gebannt schaue ich aus dem Fenster als gäbe es dort etwas spannendes, dass mich brennend interessiert. "Sag mir endlich was los ist. Bist du.." Sein Gesicht nähert sich dem meinen, bis er mir tief in die Augen schauen kann und wir Stirn an Stirn voreinander sitzen. Ich halte diese Nähe gerade nicht aus! Konzentration, Evelyn... "Was bin ich?" "Sag du es mir," kommt es von Samu. "Ich.." Nervös wische ich meine Hände an der Hose ab. "Ich glaube, dass ich schwanger bin." Betreten starre ich auf meinen Bauch. "Oh." Samu's Reaktion hätte ich mir irgendwie anders vorgestellt. "Ich wusste es." Hmm, deshalb diese Verschlossenheit bei unserem letzten Gespräch..?

"Woher..?"

"Na ja, erklär mich ruhig für verrückt oder ähnliches, aber.." Langsam zeichnet er kleine Herzen auf meine Handinnenfläche. "..Ich hatte einen Traum. Normalerweise glaube ich nicht an Vorahnungen, doch ich hatte eine."

"Das ist ja fast unheimlich." Ich erschaudere. Samu's Stirn zieht sich in Falten, was, wie ich leider mit einem Augenzwinkern hinzufügen muss, echt verdammt heiß aussieht. "Du.. glaubst nicht ernsthaft daran..oder?"

"Ist ja jetzt auch egal", falle ich ihm ins Wort. "Viel wichtiger ist: Was sagst du?"

In seinen Augen kann ich ein lebensfrohes Glitzern ausmachen. Er freut sich. Freue ich mich auch? "Evelyn.. Ich wollte schon immer eine Familie gründen."

"Ich bin viiiel zu jung, Samu. Das ist das Problem. Doch gleichzeitig spüre ich schon jetzt eine unglaublich starke Verbindung zu diesem Wesen."

"Willst du es etwa abtreiben?!" Samu's Stirn legt sich erneut in Falten. "Bist du verrückt?! Natürlich nicht, ich habe nur keine Ahnung wie wir das alles bewerkstelligen sollen. Und.. die Schule.."

Ich werde blass. Auch Samu wird schnell wieder nachdenklich. "Wir schaffen das schon, mach dir keine Sorgen."

"Wir werden sehen."

Leichter gesagt als getan. Den Rest des Tages kuschele ich mit Samu draußen in der Hängematte und denke einfach nicht mehr an unsere Sorgen, geschweige den an meine Eltern.. Lea umsorgt mich mit allen möglichen Fressalien, obwohl ich kaum einen Bissen herunter bekomme. Es bleibt sowieso nie lange in meinem Magen. "Deine Eltern müssen noch nichts erfahren", murmelt Samu in mein Haar, als hätte er jetzt auch noch das Gedanken - Lesen erlernt. Hmm. Ich brumme leise und lehne mich wieder an seine Brust. Als ich gerade am einschlafen bin, höre ich ein leises Ratschen. "Ahhhh! Aua." Verschlafen reibe ich mir den lädierten Kopf. "Hey Samu!" Ich rüttele ihn an der Schulter. Der kann doch nicht schlafen, während gerade die Hängematte einkracht! Tzz, Männer.. "Huhu. Samu Haber!"

"Was ist denn?" Auch er reibt sich erstmal den Schädel. "Ich glaub ich krieg ne Beule." Vorsichtig tastet er an seinem Hinterkopf entlang. "Sei doch nicht immer so zimperlich", necke ich ihn. Komisch. In seiner Gegenwart geht es mir gleich um einiges besser. So balgen wir schließlich noch ein wenig auf der Wiese herum, bis ich laut schnaufend auf ihm liege und selig vor mich hinlächele. Samu reibt seine Nase an meiner und gibt mir einen flüchtigen Kuss. "Was soll das denn?", protestiere ich. Er setzt sein kleines Spiel fort, seine Lippen streifen für ein paar Sekunden meine Lippen und lassen gleich darauf wieder von ihnen ab. So langsam wird es mir entschieden zu bunt! Ich küsse ihn, diesmal viel leidenschaftlicher und nicht so zögernd und vorsichtig, wie zu Anfang. Versunken und völlig bei mir erkunde ich sanft seinen Körper, als würde ich ihn das erste Mal sehen. Alles um mich herum blende ich völlig aus. Wir wissen es beide.. Keiner von uns wird aufhören können. Nicht jetzt.

"Räusper.. Ich will ja nicht stören.." Lea trägt ein fettes Grinsen auf ihrem Gesicht herum. "Ich bin ja froh, dass es dir besser geht Evelyn.. aber wenn ihr nicht Erregung eines öffentlichen Ärgernisses provozieren wollt, verschwindet lieber ins Schlafzimmer." Ich richte mich auf und klopfe mir den Staub von der Hose. Dann sehe ich was Lea meint. Die Nachbarn.. OMG, wie peinlich. Sofort bekomme ich rote Ohren. "Was sind denn das für kranke Stalker?!", zische ich meiner Freundin zu. Auch Samu steht mittlerweile wieder und winkt Lea's Nachbarn sogar fröhlich zu. "Also in Finnland sind die nicht so spießig. Kommt mir zumindest so vor." Er zwinkert mir zu und verschwindet im Haus. Mir glühen immer noch die Ohren. Entschuldigend schenke ich den Spannern noch ein kurzes Lächeln und gehe ebenfalls ins Haus. Noch viel später spüre ich ihre Blicke im Nacken. Peinlich.

08.06.14

Evelyn:

Heute ist dieser verdammte Tag. Ich muss mich meinen Ängsten stellen.. und zum..arghh Frauenarzt. Ja, ich weiß, tausend Personen auf der Welt geht es nicht anders, aber ich könnte jedes Mal die Krise kriegen wenn ich hin muss! Dementsprechend schlechte Laune habe ich gerade. Zudem habe ich extreme Stimmungsschwankungen. Macht die Sache nicht gerade besser..

"Entspann dich mal ein wenig. Es ist nur eine Untersuchung." Genervt sehe ich Samu an, der seinen BMW gezielt durch den Verkehr schlängelt. "Du musst dich ja nicht ausziehen. Keiner tastet bei dir irgendwo rum." Da werde ich schon wieder rot. "Haha!" Darüber kann Samu nur lachen. Gemein. "Lass es einfach auf dich zukommen, ok?" Ich nicke und starre gleich darauf wieder starr geradeaus. Meine Hände sind schwitzig, ich knete sie ständig. Es ist ja nicht nur.. heute werde ich erfahren ob ich schwanger bin oder nicht. Eigentlich weiß ich es ja schon.

Nun sitze ich im Wartezimmer. Was ich noch hasse..? Genau, das ewige Gewarte. Aber wer hasst das nicht? Samu sitzt neben mir und drückt alle paar Sekunden meine Hand. Ich stelle mich echt an..

"Frau Engel?" Ich bin nun wieder hellwach und stehe auf. "Soll ich mitkommen?" "Nein, warte hier." Meine Stimme zittert und ich gehe los. Auch meine Beine fühlen sich eher an wie Gummi, sie gehorchen mir nicht richtig. Ich folge der netten Arzthelferin und finde mich kurz darauf im Behandlungsraum wieder.

"Guten Tag!" Die Ärztin schüttelt mir freundlich die Hand. Sie setzt sich und wühlt kurz in den Unterlagen herum. "Haben sie irgendwelche Beschwerden?"

"Nein, also nicht direkt. Ich glaube, dass ich schwanger bin. Aber ich bin mir nicht hundertprozentig sicher."

"Ok." Die Ärztin sieht kurz auf.

"War ihnen in letzter Zeit häufig schlecht oder haben sie sich schwummerig gefühlt? Ist ihre Periode ausgeblieben?"

Ich bejahe alles.

"Gut. Dann werden wir ihnen gleich Blut abnehmen und es untersuchen."

"Ähm und wieso? Kann man das durch das Blut ermitteln?" Ok, dumme Frage, aber ich hab doch keine Ahnung..

"Anhand eines bestimmten Hormons können wir im Labor feststellen, ob sie schwanger sind." Klingt einleuchtend. Tja, um die Routine- Untersuchung komme ich natürlich nicht drumrum. Zum Glück ist sonst alles im grünen Bereich, sodass die Ärztin mir kurz darauf versprechen konnte, dass die Ergebnisse morgen da seien und sie sich telefonisch melden würde.

Fröhlich springe ich in Samu's Arme. "Huch nicht so stürmisch junge Dame!" Er küsst mich auf die Stirn. "Alles gut?" "Die Ergebnisse gibt's erst morgen."

"Dann müssen wir wohl noch warten." Er seufzt und fährt mir durch die kurzen Locken. "Ich will endlich wissen ob ich Vater werde."

"Und ich will wissen ob ich Mutter werde."

TEACH ME / Samu Haber FF Där berättelser lever. Upptäck nu