Kapitel 6

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Vor mir stand niemand anderes, als Frau Lorenz persönlich. Als ihr Blick mich erfasste, huschte kurz ein Ausdruck der Überraschung über ihre Züge, doch dann breitete sich wieder dieses typische, amüsierte Lächeln auf ihren Lippen aus.

"Esme", ihre samtweiche Stimme ließ die feinen Härchen an meinem Nacken aufrecht stehen, als wären sie unter Strom. Wieso rannte ich dieser Frau in letzter Zeit so oft über den Weg?!

"Hallo Frau Lorenz", brachte ich notgedrungen heraus.

"Stalkst du mich etwa?", ihre sonst so dunklen Augen, funkelten verspielt.

"Nein, ich... ich arbeite hier", erklärte ich ihr und linste kurz zu Jonah rüber, der jedoch Abseits stand und etwas in sein Handy tippte. Frau Lorenz folgte meinem Blick.

"Ähm... was darf es denn sein?", fragte ich und versuchte so gelassen wie möglich zu klingen.

"Latte Macchiato, zum Mitnehmen", sagte sie ohne lange zu überlegen. Ich wandte mich um und während ich einen Pappbecher nahm und ihn unter die Kaffeemaschine stellte, merkte ich wie schnell mein Herz schlug. Ich konnte regelrecht das Rauschen des Blutes in meinen Ohren hören. Als ich darauf wartete, dass der Becher sich füllte, beobachtete ich verstohlen meine Lehrerin aus dem Augenwinkel. Sie hatte heute einen grauen Rollkragenpullover und eine enganliegende helle Jeans an, dessen Stoff sich perfekt um ihre langen Beine schlang. Sie war halb zum Fenster gewandt und starrte nachdenklich auf die leere Straße und als sie sich mit den Fingern durch ihr haselnussbraunes Haar fuhr, blitzten mir wieder dieselben Ringe entgegen, die mir schon am ersten Tag aufgefallen waren. Ich verschloss den fertig bereiteten Kaffee und ging zurück zur Theke.

"Bitteschön", sagte ich.

"Danke, Liebes", sie streckte ihre Hand aus und ich reichte ihr den Kaffeebecher. Ihre von draußen noch recht kühlen Fingerkuppen streiften kurz über meinen Handrücken und ich schluckte nervös. Das Geld lag abgezählt in der kleinen Schüssel und ich sammelte die Münzen hastig auf, um sie in die Kasse einzuzahlen.

"Auf Wiedersehen", sagte ich höflich, mit einem kleinen Lächeln an sie gewandt.

"Bis morgen, Esme, habt noch einen schönen Tag", sie zwinkerte mir zu. Leises Läuten der Glocke...Wind...und sie war fort. Sie hatte gesagt, "habt noch einen schönen Tag", nicht "hab noch einen schönen Tag". Oder hatte ich mir das eingebildet? Denn wenn nicht, würde das bedeuten, dass sie gesehen hatte, wie Jonah und ich uns geküsst hatten? Ich schüttelte den Kopf über mich selbst. Was spielte das auch für eine Rolle?

"Woher wusste die deinen Namen?", drang Jonahs neugierige Stimme an mein Ohr.

"Sie ... ist eine Lehrerin an meiner neuen Schule", erklärte ich und er machte große Augen.

"Waaas? Ernsthaft? So sehen also Elitelehrerinnen aus", scherzte er und ich verdrehte grinsend die Augen. Neidlos stellte ich fest, dass ihm ihre Schönheit nicht entgangen war. Wie denn auch?

Nach etwa 5 Minuten, verließen wir zusammen den Laden. Draußen war es kalt und ich freute mich auf den anbahnenden Frühling, dessen Anzeichen schon an allen möglichen Stellen zu erkennen war. Ich vergrub meine Nase in dem dicken Schal, den ich mir heute Morgen umgewickelt hatte, meine Hand war in Jonahs wärmender linken Jackentasche, direkt an Seiner. In solchen Momenten fühlte ich mich, als würde ich das Leben von jemand anderem Leben. Ich schielte zur Seite zu Jonah. Seine Nasenspitze war etwas gerötet, seine ozeanblauen Augen strahlten umso intensiver. Er bemerkte meinen Blick und grinste verlegen.

"Was?", fragte er.

"Nichts", ich schaute wieder nach vorne auf den Weg, umschloss seine Hand jedoch etwas fester. Plötzlich blieb er stehen und ich drehte mich fragend zu ihm um. Er starrte mich mit einem unergründlichen Blick an.

"Jonah?", ich trat vor ihn und blickte verwirrt zu ihm herauf.

"Ich liebe dich Em"

Ich starrte ihn perplex an. Es war das erste Mal, dass er es gesagt hatte. Das irgendeiner von uns beiden es gesagt hatte. Seine blauen Augen blickten mich so herzerwärmend an, dass die Worte mir mit Leichtigkeit über die Lippen kamen.

"Ich liebe dich auch"

Wirklich?

"Wirklich?", Jonah sah mich überrascht an und ich errötete. "Ja, wirklich", sagte ich. Er lächelte glücklich und beugte sich vor. Kalte Lippen trafen auf meine und ich schloss meine Augen. Der leichte Duft nach Zimt kitzelte meine Nase und ich lächelte selig in den zarten Kuss hinein, bis Jonah sich löste.

"Können wir jetzt weiter gehen? Es ist arschkalt hier", fragte ich und er brach in Gelächter aus.

"Aber natürlich, meine Hoheit", sagte er sarkastisch und streckte mir die Hand hin, wie man es gewöhnlich bei einer Tanzaufforderung machte. Ich verdrehte grinsend die Augen und ergriff sie dann. Den Gedanken, ob meine Antwort richtig gewesen war, schob ich beiseite. Es hatte sich richtig angefühlt, war das nicht genug? Ich liebte ihn. Er war für mich, wie ein Zuhause. Er war mein sicherer Hafen, meine Stütze. Er würde mir über den Rücken streicheln, wenn es mir nicht gut ging und mir ein Lächeln auf die Lippen zaubern, nach einem schlechten Tag. Ich liebte ihn.

Hallo ihr Lieben!
Vielen Dank fürs Lesen, ich hoffe die Geschichte gefällt euch bis hierhin.
Ich entschuldige mich für all die Rechtschreibfehler, die ihr bisher erdulden musstet und die euch in Zukunf noch erwarten.

Ich freue mich über Kommentare, Votes und alles Andere, habt noch einen schönen Tag!

𝔼𝕟𝕚𝕘𝕞𝕒Unde poveștirile trăiesc. Descoperă acum