47 - Prinz und Prinzessin

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Die grüne Glasflasche zerschmetterte, als sie von der Kugel erfasst wurde. Ein Knall hallte und die Vögel auf den Baumkronen flohen vor Schreck fort. Es war leicht windig auf dem Hügel, aber die Luft war angenehm kühl.
Kurz atmete ich durch und richtete mich nochmals hin. Mit aufrechter Haltung und zusammengekniffenen Augen versuchte ich mich auf das Ziel vor mir zu konzentrieren.
50 Meter hatte ich ohne Probleme geschafft. Jetzt war 100 Meter Entfernung an der Reihe.
Ich hielt den Atem an und betätigte den Schuss. Knapp hatte die Glasflasche getroffen. Das hätte ich besser hinkriegen können. Ich muss mich besser Konzentrieren!

Obwohl ich mich unsicher fühlte, bereitete ich mich auf die 150 Meter vor und schloss ein Auge, um das Ziel schärfer zu sehen. Mein Kopf war so voll, dass ich die Ruhe im Wald kaum genießen konnte. Meine Gedanken schrieen förmlich, dass ich durch sie abgelenkt wurde.
Lange zielte ich und drückte nicht am Abzugshahn, bis ich mich vorbereitet fühlte. Als ich bereit war, ließ ich die Kugel los. Gespannt wartete ich auf das Klirren der Flasche, doch es kam nichts. Mann! Was was los mit mir?
Aufgebracht ließ ich die Pistole fallen und kickte den Stein neben mir weg. Ich fühlte mich ununterbrochen unter Stress, konnte kaum mehr essen.

Daraufhin fing mein Handy an zu klingeln. Serkan rief mich an.
„Ja?"
„Guten Morgen Abi. Heute wollte ich dir wichtige Informationen zum Plan liefern, doch Yaman hat gesagt, dass du früh aus dem Haus gegangen bist. Können wir uns treffen? Es gibt wichtige Neuigkeiten."
„Ich bin am Hügel und mache Schießübungen. Komm vorbei."
„Ich bin gleich da.", legte er auf. Gut, Serkan hat also wichtige Informationen gefunden. Der Tag fing doch nicht so schlecht an...

Während ich die zweite Runde mache, hörte ich Motorgeräusche. Das war niemand außer Serkan. Bis er kam, drückte ich ab und traf die Glasflasche. Dieses Mal hatte ich es getroffen, doch ich hatte deutlich an Kondition verloren. Diese Schussübungen konnte ich viel besser machen.
Neben meinem Wagen parkte Serkan und eilte sich zu mir.
„Guten Morgen Abi.", stellte er sich zu mir.
„Morgen Serkan.", begrüßte ich ihn und steckte die Pistole ein.
„Gibt es ein Anliegen für die Schussübungen, oder machst du sie zur Übung?", hackte er nach. Womöglich hatte er verstanden, dass etwas nicht mit mir stimmte.
„Sagen wir mal zum Stressabbauen. Was hast du dabei?", fragte ich und deutete auf den Ordner in seiner Hand.

„Ich konnte den Absender von Damlas Post rückverfolgen und habe erfahren, dass sie aus einem kleinen Paketshop etwa 70 Kilometer von Yalıköy entfernt abgeschickt wurde. Mit ein paar Scheinen konnte ich an die Kameraaufnahmen des Paketshops gelangen. Ein junger Mann hat die Post abgeschickt. Die genaue Adresse habe ich hinzugefügt.", fing er an die Neuigkeiten zu erzählen.
„Gut, weiter?"
„Zu den Karacans habe ich wichtige Informationen gefunden. Es war nicht leicht, aber den Mühen war es wert. Wir haben die Wachmänner wie besprochen entführt und sie zum reden gebracht. War nicht leicht, der eine brauchte bisschen mehr auf's Maul, bis er sprach. Ersin hat die geeignete Faust dafür, muss ich sagen. Es gibt ein Mann namens Birol Yüksel, der Informationen von Bahtiyar zu seinen Untertanen liefert. Er ist der Sprachrohr zwischen ihnen. Im Ordner sind Informationen. Und dann gibt es Hidayet Gültepe, der sich um die Verteilung des Drogenhandels kümmert. Sein Name kam in Demirs Unterlagen schon vor, also haben die Jungs wahre Informationen geliefert."

Amüsant erhoben sich meine Mundwinkel.
„Danke Serkan. Ihr seid mir eine große Hilfe. Eure Belohnung werdet ihr auch bekommen.", teilte ich mit.
„Nicht nötig Abi, das ist unsere Aufgabe."
Serkan war so bescheiden.
„Trotzdem, ihr verdient es.", machte ich bewusst und holte meine Pistole wieder raus. Das Magazin war schon fast leer, dass ich sie mit neuen Projektilen füllte.
„Wie ist unser neuer Hacker? Was ist dein erster Eindruck?", fragte ich währenddessen.
„Er kommt vertrauenswürdig vor. Das nötige Wissen hat er auf jeden Fall. Wir können ihn auf Probe stellen, wenn du willst."
„Jetzt ist es nicht nötig. Ich habe auch ein gutes Gefühl bei der Sache."
„Kann ich noch etwas für dich tun? Sonst gehe ich zum Unternehmen.", fragte Serkan.
„Nein, du kannst gehen."

Die Wunde der VergangenheitWhere stories live. Discover now