19 - zwei Verbrecher

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Ich glaube ich würde es nie schaffen.
Ich würde es nie schaffen, dass meine Familie wieder an mich glaubte.
Wie sollte ich das schaffen? Sie hatten mich aus ihrem Leben gelöscht. Sie hatten meine Existenz gelöscht.
Alles war wegen meiner Dummheit passiert. Wegen mein Egoismus. Ich hatte mein Leben selber kaputt gemacht. Alles war meine Schuld!
Egal, wie reuevoll ich jetzt war, würde mir die Reue nichts bringen. Ich musste endlich handeln und nicht mehr denken.
Ich löste meine Hand von der Türklinke und atmete kurz durch. Setze deine Maske auf und lass niemanden etwas anmerken.
Ich machte mich wieder auf den Weg zur Terrasse. Gerade, als ich ins Wohnzimmer abbiegen wollte, kam mir jemand entgegen. Fest wären wir aneinander gestoßen.
„Öykü.", erwähnte ich überrascht ihren Namen. Ich hatte nicht erwartet meine Schwester zu sehen. Sie zeigte mir wieder ihre kalte Schulter und wich meinen Blicken aus.

„Öykü!", wiederholte ich und suchte ihr Blick.
„Wieso bist du noch nicht gegangen?", funkelte sie mich an.
„Was ist los Öykü? Ich will, dass du mit mir sprichst! Mich anschaust!"
„Ich habe keine Lust mehr mit dir zu diskutieren!"
„Ich will nicht mit dir streiten. Ich will mit dir reden. Ich will, dass du mir verzeihst. Sag, was ich dafür machen soll!", erklärte ich.
„Ich will nur in Ruhe gelassen werden. Okay? Lass Yaman und mich in Ruhe! Ohne dich geht es uns besser.", warf sie vor.
„Lüg mich nicht an. Ich weiß, dass ihr mich braucht! Wir brauchen uns Öykü! Wir sind Geschwister.", widersprach ich ihr.
„Denkst du, dass du uns in dieser Lage helfen kannst? Du wirst langsam wie unser Opa! Du verwandtest dich langsam in einen dunklen Verbrecher!", gab sie brüchig von sich.
Unmittelbar erstarrte ich. Die Worte hatten mich zutiefst getroffen.
„Du kannst nichts sagen, weil das stimmt! Wie willst du uns so retten? Ich will meinen unschuldigen Bruder vor mir sehen! Nicht den Mafia Devran!"
„Öykü!", warnte ich sie. Bevor sie anfing zu sprechen, schaute sie sich um.
„Du hast kein Unterschied zu unserem Opa! Du denkst, dass du deine Liebsten beschützt, aber tust ihnen dabei weh! Du hast alles durcheinander gebracht, seitdem du da bist!", setzte sie fort.
Du hast kein Unterschied zu unserem Opa!
Nahm sie mich so wahr? Wirkte ich so abstoßend auf sie?
Öykü hasste es hier leben zu müssen. Sie hasste die dunklen Geschäfte von meinem Opa. Genau so wie Yaman. Seit dem Tod unseres Vaters lebten sie hier. Hier waren sie am sichersten. Mein Opa hielt sie für ihre größte Sicherheit hier auf. Ob das wirklich stimmte, war eine große Frage. Zuletzt wurde Yaman entführt. Meine Geschwister würden in Gefahr sein, solange sie den Nachnamen Atahan trugen. Es war ihr Schicksal.

„Ich wusste, dass alles durcheinander kommen würde. Aber ich bin nicht dafür gekommen. Ich bin gekommen, um euch zu unterstützen! Die Geschäfte laufen momentan nicht gut. Ich bin gekommen, um euch eine Stütze zu werden.", erklärte ich.
Sie schüttelte den Kopf.
„Du bist nicht nur deswegen gekommen! Du bist für die Rache unseres Vaters gekommen! Du willst den Mörder finden und ihn selber umbringen! Ich kenne doch meinen Bruder. Verleugne es nicht...", sagte sie im nächsten Moment. Es lief mich eiskalt an. Sie hatte mich durchschaut.
„Du kannst wieder nicht antworten, weil das stimmt. Was wirst du davon haben, wenn du dich gerächt hast?", kam meine Schwester wieder zu Wort.
„Öykü... es ist unser Schicksal. Wir wurden hier eingeboren. Egal, wie sehr du es versuchst, wirst du nie komplett aus dieser Welt verschwinden können.", machte ich ihr klar.
„Ist es nicht Devran! Wir könnten es hier raus schaffen, aber du versuchst tiefer im Dreck zu sinken!", warf sie vor.
Die Tränen sammelten sich immer mehr in meinen Augen.
„Du siehst nicht meine Absichten Öykü! Ich habe Pläne, von denen ihr keine Ahnung habt!", erklärte ich.
„Welche Pläne denn?", wollte sie aufgebracht erfahren.
„Ich kann sie jetzt nicht verraten. Wenn ihr davon erfährt, werdet ihr euch nicht enttäuschen."
„Ich habe es genug von Lügen Devran.", meinte Öykü ermüdet.
„Das ist keine Lüge.", sicherte ich.
„Ich kann dir nicht mehr vertrauen."
„Bald wirst du mir vertrauen. Es dauert nicht mehr lange und du wirst erfahren was ich meine.", sagte ich und blickte hoffnungsvoll in ihre Augen.
Wortlos ging sie an mir vorbei.

Die Wunde der VergangenheitWhere stories live. Discover now