4 - Doppelidentität

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Es waren schon fünf Tage vergangen.
Enver hatte mir immer noch nichts bezüglich der Aufnahme gesagt. Also war ich auf dem Weg mein Plan zu verwirklichen. Ich hatte die Adresse der Baufirma Atahan in meinen Navigator eingegeben und war losgefahren.
Womöglich hat Enver nichts gefunden. Deswegen habe ich mich nach langem Denken entschieden meine Methode anzuwenden.
Die Spionage.
Nach einer halben Stunde erreichte ich das Ziel. Das Gebäude lag relativ zentral im Stadtteil Levent. (Auf dem Bild zu sehen.)
Ich parkte in einer Ecke und besichtige zunächst das Gebäude. Ich blickte ins letzte Stockwerk hoch. Es hat sieben Etagen.
Bevor ich gekommen war, hatte ich bereits Recherchen gemacht.

Die Baufirma Atahan war teilweise an großen Projekten tätig. Doch so bekannt sind sie nicht. Im Netz waren nicht viele Infos über die Baufirma und der Familie zu finden. Gegründet wurde die Firma Mitte der 70er Jahre von Ömer Atahan. Seine Familie und er führen noch das Unternehmen, das etwa 400 Arbeiter hat. Nebenbei führen sie noch großen Handel mit Baustoffen. Eine Export- und Importfirma über der Wasserstraße also. Der Sitz ist am Hafen vom Stadtteil Avcılar.
Ömer Atahan und seine Familie haben noch große Summen an Arme und kranke Menschen gespendet. Das fand ich auffällig. Sie sind wohl hilfsbereite Menschen. Oder erscheinen nur so.
Ich musste aber mehr über die Atahans wissen. Wieso wurde mein Bruder hier gesichtet? Ist das mehr als eine Baufirma? Hier stimmt irgendwas nicht. Das war mir schon von Anfang an klar.

Ich stieg aus meinem Auto aus und bereitete mich für meinen Auftritt vor. Ich hatte mich heute sehr schlicht angezogen, dass man ja nicht merkte, dass ich wohlhabender war. Dazu zog ich noch eine Brille mit einem schwarzen Rahmen auf und hatte mich anders wie immer geschminkt. Ich trug sogar Kontaktlinsen, denn ich durfte nicht erkannt werden.
Tief atmete ich durch, bevor ich das Gebäude betrat. Mein Auftritt konnte beginnen.
Ich setzte mich in Bewegung und wagte den ersten Schritt in die Empfangshalle. Es wirkte hier seriös und edel.
Ich schaute auf die Stellenanzeige in meiner Hand und glaubte innerlich nicht was ich hier machte. Putzkraft in der Baufirma Atahan.
Niemand hätte je gedacht, dass sich die Stieftochter eines Filmproduzenten als Putzkraft bewerben würde. Ich unterschätze nicht die Arbeit, aber ich bin eine Architekturstudentin mit Zukunftschancen.
Ich will hier als Putzkraft einsteigen, damit ich die Firma besser kennenlernen kann. Die Putzkraft muss sich schließlich im Unternehmen auskennen und vielleicht stoße ich somit auf wichtige Daten.
Zuhause hatte ich mir stundenlang den Plan erstellt. Es müsste problemlos laufen.
Ich lief auf die Infothek zu und fragte nach wo ich mich für die Arbeitsstelle bewerben konnte. Dafür wurde ich in einen Raum geschickt, wo mich eine Frau mittleren Alters empfing.

„Hallo, Sie müssen Sema Ermen sein, oder?", fragte sie. Das war mein Name für den Plan. Als Damla Bayraktar würde ich hier nicht auftreten.
„Ja, das stimmt. Und sie sind Frau Soydan, wir haben gestern am Telefon gesprochen.", bestätigte ich und schüttelte ihre Hand, die sie mir entgegenhielt. Nachdem ich hier für die Stellenanzeige angerufen hatte, wurde ich gleich zum Gespräch eingeladen. Das Gute an der Sache war, dass kein Lebenslauf erforderlich war. Die Firma wollte einfach nur eine zuverlässige Putzkraft. Naja, ich kannte mich kaum über Putzen aus, ich musste einfach nur so tun, wie wenn ich Erfahrung hätte.
„Es freut mich, dass Sie sich beworben haben. Eine junge Arbeiterin wie sie ist bestimmt schnell und präzise bei der Arbeit.", fing sie das Gespräch an.
„Ja, das stimmt. Ich habe zuvor in zwei Wohnungen als Putzkraft gearbeitet und war noch einer Firma in Istanbul Kadıköy tätig. Um mein Studium zu finanzieren brauche ich die Arbeitsstelle. Als ich die Stellenanzeige sah, war ich sehr froh. Das Bauunternehmen Atahan ist eine erfolgreiche Firma, in der ich gut mitwirken könnte.", behauptete ich.
Kurz hielt die Frau inne und ließ die Worte auf sich wirken.
„Das klingt gut. Ich glaube Sie können nach einer Probewoche bei uns einsteigen.", sagte sie plötzlich.
„Wirklich? Vielen Dank!", gab ich erfreut von mir. Alles nur gespielt natürlich.
„Ja, kommen Sie mit mir. Ich stelle Sie unserer Verantwortlichen der Putzkraft vor. Sie kann Ihnen dann die Einzelheiten erklären.", meinte Frau Soydan.

Die Wunde der VergangenheitTahanan ng mga kuwento. Tumuklas ngayon