10 - Tiefen des Meeres

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„Umut, ich kann nicht rein!", gab ich sicher von mir und zog ihn in eine Ecke. Tränen sammelten sich in meinen Augen. Das hatte mir noch gefehlt!
„Wer hat diesen Heuchler hier eingeladen?", fragte er wütend.
„Wenn ich bloß wüsste!"
Hilflos lief ich auf und ab.
„Beruhige dich Damla.", bat er und suchte mein Blick.
„Hey! Damla!", wurde er dann lauter und hielt mich an den Armen fest.
„Dieser Respektloser kann dir nichts antun! Ich bin bei dir, okay?", versuchte er mich zu beruhigen.
„Aber was, wenn wir uns begegnen? Ich-"
„Er kann dir nichts antun! Es ist hier außerdem so groß, dass ihr euch begegnet, ist so unwahrscheinlich! In der Menge kann er dir nichts antun. Erst recht nicht, wenn ich da bin. Außer er will, dass ich ihm die Fresse poliere!", sicherte er. Ein freches Grinsen ging ihm auf.
Daraufhin fing ich an zu lachen. Außer ich will, dass ich ihm die Fresse poliere! Das wäre mir gerecht.
„Stimmt doch! Komm jetzt, wir bleiben ehe nicht lange da."
„Okay, ich muss mich aber kurz frisch machen.", sagte ich und setzte mich in Bewegung. Die Toilette musste gleich links sein.

Meine Hände zitterten noch! Ich stütze mich am Waschbecken und betrachtete mich im Spiegel. Umut wusste nicht, wie sehr es mir noch wehtat. Ich war eher enttäuscht auf mich. Ich wollte nicht mehr darüber reden und war deswegen hier her geflohen.
Mir kam plötzlich Görkem vor die Augen. Wir zwei. Seine Worte, die mich jedes Mal glücklich gemacht hatten... Sein ich liebe dich! schwirrte in meinem Kopf. Wie naiv musste ich sein, dass ich mich auf eine Beziehung mit ihm eingelassen hatte? Er wusste, dass ich verletzt war und hat diese Gelegenheit ausgenutzt. Er hat mich einfach an einer schwachen Zeit kennengelernt.
Wieso ist er gekommen? Er wusste, dass ich auch kommen werde!
Ein Glück, dass wir die Beziehung vor allen verheimlicht hatten. Naja, so lange ging sie jetzt auch nicht. Das waren drei Monate, die ich an ihn verschwendet hatte.
Tränenerfüllt blickte ich meine Hände an. Ich hatte es zugelassen, dass er sie anfassen durfte! Ich ließ eiskaltes Wasser über sie laufen, als ob es meine Hände wieder vor seinen Berührungen reinigen könnte. Monatelang hatte ich ihn nicht gesehen und heute hörte ich, dass er gekommen war...

„Damla?", klopfte es plötzlich an der Türe. Das war Umuts Stimme.
Schnell trocknete ich meine Hände ab und blinzelte die Tränen weg. Mit einem letzten Blick in den Spiegel verließ ich den Raum.
„Tut mir leid, musste noch mein Lippenstift auffrischen.", log ich lächelnd.
„Ich dachte schon, du kommst nicht.", scherzte er.
Wieso war ich überhaupt so schockiert wegen Görkem? Dieser Heuchler ist mir egal! Es macht mich nur wütend, dass ich an ihn geglaubt hatte.

Kurz hielt ich die Luft an, als wir den großen Saal betraten. Überall waren teuer gekleidete Gäste zu sehen, klassische Musik spielte im Hintergrund, Kellner liefen durch und servierten Getränke.
Der Saal war pompös eingerichtet. Wer weiß, wie viel Geld für die Feier ausgegeben wurde. Damit könnte man den ganzen Hungrigen in Istanbul helfen.
„Wie sehr ich diese Atmosphäre hasse.", wandte ich mich zu Umut.
„Solche Preisverleihungen sind auf jeden Fall nichts für mich.", sicherte Umut. Für mich auch nicht. Ich wollte jede Sekunde zurück. Was suchte ich überhaupt hier? Ich war leider ein Familienmitglied der Metiners. Ein unerwünschter.

Wir schauten uns um und gingen herum.
„Ich bin jetzt schon gelangweilt.", teilte ich mit.
„Ich auch.", stimmte mir Umut zu.
„Sollen wir bisschen draußen laufen? Der Garten sieht schön aus.", fragte er.
Ich nickte und zusammen gingen wir Richtung Ausgang.
Der Garten war schon gepflegt. Bunte Blumen verzierten die Gegend. Hier hatte man einen schönen Ausblick auf die Stadt und dem Bosporus. Eine Straße unter war schon die Strandpromenade.
Es war echt schön hier.

Während ich mich umschaute, blieb mein Blick bei zwei Frauen stehen, die womöglich über mich redeten. Vorwurfsvoll musterten sie mich an. Dann drehten sie sich wieder um, als ob sie nicht über mich geredet hätten. Was redeten sie denn über mich?
„Reden sie über mich?!", fragte ich und wollte auf sie losgehen, doch Umut hielt mich ab.
„Lass sie reden. Was willst du außerdem machen? Ihnen die Haare rausreißen?", fragte er skeptisch.
„Guck, kaum bin ich hier, fängt schon das Gerede an. Ich hasse es einen berühmten Stiefvater zu haben!"
Erhan ist Produzent und der Besitzer von Metiner Media. Er arbeitet mit bekannten Kanälen und produziert Filme und Serien. Durch sein Unternehmen habe ich auch Görkem kennengelernt. Er hatte in einem Film mitgespielt, der von Metiner Media produziert wurde. Eigentlich ist er Model, doch hatte damals eine Anfrage für einen Film bekommen. Als er zu einer Besprechung gekommen war, hatten wir uns kennengelernt. Wäre ich doch bloß an dem Tag zuhause geblieben...

Die Wunde der VergangenheitWhere stories live. Discover now