24. Kapitel

6.3K 315 71
                                    

„Was hast du jetzt?", fragte ich Scarlett und schmiss meinen Spind mit voller Wucht hinter mir zu.

Es war mittlerweile Mittwochnachmittag und wir mussten immer noch in der Schule hocken.
Zwar hoffte ich immer noch, dass meinem Physiklehrer auf ganz plötzliche Weise etwas passierte, wodurch er leider nicht den Unterricht machen konnte.

Jedoch hoffte ich das jedes Mal vor gefühlt jeder Unterrichtsstunde und die Chance, dass es Realität wurde, war relativ gering.

Nachdem wir gestern erfahren durften, dass Angelo absofort nun Martina alle zwei Tage trainieren sollte, hatten wir uns auf dem Weg zu mir laut ihm Auto darüber ausgelassen, wobei jeder von uns sein Wissen an Schimpfwörtern präsentieren durfte.

Zwar hatten wir die Situation dadurch auch nicht ändern können, aber es wenigstens konnten wir unsere Aggressionen auslassen.
Abgesehen von Angelo, der war sogar noch heute Morgen, als er mich abgeholt hatte schlecht gelaunt.

„Ich hab gleich Musik", murmelte Scarlett und machte ein Würgen.
Ich musste darauf leicht schmunzeln und stellte mir dabei vor wie unser viel zu kleiner Musiklehrer durch den Raum hüpfte und probierte die Schüler mehr zum Singen zu animieren.

Cara und ich hatten ihn früher deswegen oft mit einem Gartenzwerg verglichen, da er einen genau so langen weißen Bart besaß.
Ein Schüler hatte ihn sogar mal eine rote Zipfelmütze geschenkt, worüber er sich sogar gefreut hatte.

Eigentlich war er ja auch ein ganz cooler Lehrer, aber seine Leidenschaft zur Musik war manchmal ein bisschen übertrieben.
Er konnte halt einfach nicht einsehen, dass nicht jeder Schüler ein musikalisches Talent hatte.

„Naja, ich hoffe einfach, dass wir heute einen Film über Mozart oder so schauen", riss Scarlett mich aus meinen Gedanken und knallte die Tür ihres Spindes neben mir zu.

Ich musste darauf leicht grinsen und schüttelte etwas den Kopf.
„Dass würde er vielleicht machen, wenn wir noch in der Middle School wären, aber momentan sind wir das nicht mehr. Also kannst du dich darauf gefasst machen, dass ihr gleich strickt durcharbeiten werdet"

Scarlett stöhnte darauf einmal genervt auf, aber umarmte mich schließlich trotzdem noch einmal zum Abschied.

Anschließend schaute ich ihr hinterher, wie sie die Treppe runter verschwand.
Eigentlich wollte ich mich darauf ebenfalls umdrehen und in die andere Richtung laufen zu meinem Kurs, wurde jedoch am Handgelenk festgehalten.

Verwundert drehte ich mich herum und durfte nun in Angelos schwarze Augen schauen.
„Hey", hörte ich ihn sagen und spürte wie er mir einen Kuss auf die Wange gab.

„Hi", antwortete ich und schenkte ihm ein kleines Lächeln.
Anscheinend war seine schlechte Laune über den Tag wieder verschwunden.

„Hast du jetzt noch Unterricht?", fragte er und hob eine Augenbraue an, worauf ich mit einem Nicken antwortete.
„Aber ich werde jetzt nicht schwänzen sowie du es bestimmt tun wirst", schob ich noch schnell hinterher, als ich bereits das Grinsen auf seinen Lippen erkennen konnte.

„Keine Sorge, ich wusste eh schon das du nein sagen würdest, deswegen habe ich erst gar nich gefragt"

„Schlauer Jung", kommentierte ich seine Antwort mit einem leichten Grinsen im Gesicht, worauf er seinen Arm um mich herumschlang.

Ein paar Sekunden später bekam ich auch schon mehrer Küsse auf die Wange gedrückt.

„Aber nach der Schule können wir gerne was machen", schlug ich vor, nachdem ich mich etwas aus seinem Armen befreit hatte.

Sofort verdunkelte sich seine Miene, worauf ich den Kopf leicht schief legte.
„Was ist?"

„Ich soll nach der Schule anfangen mit Martina zu trainieren", murmelte er und man konnte deutlich heraus hören was für eine Motivation er dazu hatte.
Nämlich gar keine.

„Lass es doch einfach ausfallen", probierte ich ihn dazu umzustimmen, aber er schüttelte darauf nur den Kopf.
„Geht nicht, wenn mein Onkel davon erfährt dann reißt er mir den Kopf ab. Außerdem plappert Martina auch gerne mal, weswegen er es bestimmt noch schneller herausfinden würden"

Ich seufzte einmal auf und lehnte mich etwas gegen den Spind.
Es herrschte Stille zwischen uns in der keiner was sagte, sondern wir nur dem Gequatschte der vorbei laufenden Schüler lauschten.

„Kylie", vernahm ich irgendwann Angelos Stimme, wobei man das Seufzen nicht überhören konnte.
„Du weißt, dass ich das nicht freiwillig mache"

„Ich weiß", murmelte ich nur leise.
Trotzdem änderte sich darauf nichts in seinem Gesichtsausdruck.
Ich spürte wie er sich zu mir vorbeugte und seine Arme um mich herumlegt sowie sein Kinn auf meine Schulter stützte.

„Wenn ich es schaffe, komme ich heute Abend noch vorbei", vernahm ich ihn an meinem Ohr, worauf ich einmal nickte.

Zwar war ich immer noch enttäuscht darüber, aber ich probierte trotzdem das Positive zu sehen.
Jedoch klappte das nicht ganz.

Irgendwie wurde meine Enttäuschung immer größer, desto mehr ich daran dachte.
Er schwänzte die Schule, die eindeutig wichtiger war, als so ein bescheuertes Training der Tochter eines Mafiachefs, die wahrscheinlich in den nächsten Tagen eh wieder zurück fahren würde nach LA.

Irgendwie hinterfragte ich dies schon ein bisschen.
Schließlich hatte Angelo sich schon öfter gegen seinen Onkel gestellt und ich wusste auch ganz genau, dass er davor keine Angst hatte.

Nein, viel mehr liebte er es, wenn er sich gegen ihn stellen konnte.
Wahrscheinlich gab ihm das so ein gewisses Gefühl von Freiheit und Stärke.
Wie es halt so üblich war bei den männlichen Wesen auf dieser Welt.

Aber warum stellte er sich nicht dieses mal gegen ihn?
Es wäre doch nur einmal.

Schnell schüttelte ich mich einmal etwas, um die Gedanken wieder los zu werden.
Wahrscheinlich überdachte ich momentan einfach alles nur wieder, wie ich es bei Cole früher auch getan hatte.

Aber Angelo war nicht Cole, also sollte ich lieber schnell damit aufhören.
Es war schließlich nur ein Nachmittag.

„Ich probiere nachher nochmal vorbeizukommen", riss Angelo mich abermals aus den Gedanken, worauf ich leicht nickte.
„Danke", murmelte ich und gab ihm einen Kuss auf die Wange.

„Aber mach dir keinen Stress", schob ich noch hinterher, worauf er mich etwas angrinste.
„Keine Sorge, wenn dann werde ich Martina Stress machen, damit wir mit dem Training schneller fertig sind und ich zu dir kann"

Ich musste darauf leicht schmunzeln und schlang meine Arme um seinen Hals.
„Auch wenn das eigentlich nicht sonderlich nett ist, habe ich nichts dagegen einzuwenden"

Dann beugte ich mich etwas zu ihm vor und drückte ihm einen Kuss auf den Mund.
„Hab dich lieb", murmelte ich noch, worauf sich ein Lächeln auf seinen Lippen ausbreitete.

Anschließend löste ich mich von ihm und lief den Gang herunter zum Raum runter, wo ich meinen nächsten Kurs hatte.

~•~
Bevor ich es wieder vergesse hier noch ein Kapitel.

„Kylie" ist nun in der Endphase und ich freue mich schon wahnsinnig drauf die letzten Worte des Epilogs zu schreiben :-)
Was macht ihr so?

Kylie | ✓Where stories live. Discover now