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Der Auftritt war erledigt. Es war Mitternacht. Ewa und Larissa hatten gute Arbeit geleistet. Die Kasse war voll. Georg war zufrieden. So voll war der Club noch nie gewesen. Ewa war erschöpft. Die körperliche Anstrengung spürte sie in ihren Muskeln, aber auch psychisch war es anstrengend gewesen. Jetzt wo sie wieder in der Umkleide war, dachte sie über Georgs Reaktion nach. Was verheimlichte er? Sie musste es herausfinden. Das ist er ihr schuldig. Sie musste wissen, was da passiert war! Aber was wenn es zu schlimm ist? Wäre es nicht dann besser im Ungewissen zu bleiben? Ewa seufzte. Sie ging die Treppen hoch in Richtung Zimmer. Sie wollte einfach nur ins Bett. Schlafen und mal nicht nachdenken. Alles vergessen. Ewa war so in Gedanken versunken, dass sie gar nicht sah, dass jemand ihr entgegen kam. Sie stieß mit ihm zusammen. "Na Nu. Ewa. Wie schön dich zu sehen." Der Glowa! Ewa wurde ganz warm aufeinmal. Sie starrte ihn geschockt an. Wie sollte sie reagieren? Bloß nichts anmerken lassen! "Alles in Ordnung bei dir Ewa?" fragte der Glowa gefährlich freundlich. Sie nickte stumm. "Das ist gut. Ich habe gehört, dass du gute Arbeit geleistet hast. Georg ist stolz auf dich. Und ich auch. Dein Einsatz ist hier sehr wichtig. Gut gemacht!" Er streichelte sie über ihre Haare. Diese Berührung verursachte bei ihr eine Gänsehaut und Ewa ging einen Schritt zurück. Der Glowa sah sie an und seine Augen glänzten. Er schien sich zu amüsieren. "Nun denn Ewa. Schlaf gut und träume süß. Du wirst es brauchen." Und damit ging er davon. Ewa sah ihn perplex nach. Dann rannte sie zu Larissa. Larissa war schon im Bett. "Ewa! Was ist denn los?" "Sorry. Ich wollte nur sagen, der Glowa ist hier." "Echt? Oh scheiße." Larissa sprang aus dem Bett und lief sofort raus. Sie musste sich beeilen, damit sie ihn nicht verpasste. "Viel Erfolg." Ewa sah ihr hinterher, dann ging sie in ihr Zimmer.

Es war dunkel und kalt. Samira lag auf den kalten Kellerboden. Bewegen konnte sie sich nicht. Alles tat ihr weh. Erst jetzt war sie wieder Herr ihrer Sinne. Erst jetzt hatte der Verstand sich wieder eingeschaltet. Stunden waren schon vergangen. Stunden, in denen sie wie jetzt auf dem Boden gelegen hatte. Sie musste verarbeiten, was vorhin passiert war. Sie konnte es immer noch nicht begreifen. Unangenehme Schmerzen plagten sie immer noch und überall spürte sie noch die Hände an ihrem Körper. Nun war sie auch eine Frau, wie viele. Eine, die vergewaltigt wurde. Und das nur weil sie ihre Freundin gewarnt hatte. Was war nur passiert? In welcher Welt lebte sie? Was war nur mit ihrer alten Welt passiert? Sie fror. Kleidung hatte sie keine an. Sie war nackt. Ihre Kleidung lag auf dem Boden zerstreut. Dreckig und zerrissen. Sie konnte sie nicht mehr anziehen. Hilflos rappelte sie sich auf. Sie biss die Zähne zusammen und Tränen traten ihr in die Augen. Das war sie gewesen. Ihre Strafe. Würde noch mehr passieren? Etwas gutes hatte es ja. Jack war verschont geblieben! Vielleicht konnte sie wenigstens ihn retten. Als sie stand zitterte sie. Sie musste sich an der Wand abstützen, damit sie nicht hinfiel. Sie schaute ihren Körper an. Da war Blut. Schnittwunden. Prellungen. Blaue Flecke. Sie erinnerte sich an der ersten Begegnung mit Isabell. Damals hatte sie diesen leeren Blick bei ihr gesehen. Der Blick von einer Frau, die vergewaltigt wurde. Nun war sie in der selben Situation. Wie surreal! Sie dachte an Isabell und fragte sich, was sie gerade tat. Würde sie sie irgendwann finden und sie retten? Sie wünschte es sich so sehr. Aber andererseits wie würde ihr Leben in der normalen Welt dann aussehen? Ihre Beziehung würde genauso leiden wie die von Isabell gelitten hatte. Sie wusste dass es nicht mehr dasselbe wäre. Wie stand Jack jetzt zu ihr? Hasste Er sie? Hatte er zugesehen? Wie ging es ihm? Samira ging mit langsamen Schritten den Raum ab und tastete sich an den Wänden. Sie wusste dass sie hier nicht rauskam. Aber eine Sache hoffte sie noch mehr und zwar dass die Männer, die eben hier waren, nie wieder diesen Raum betraten. Denn das könnte sie nicht noch mal ertragen. Erschöpft ließ sie sich auf den Boden fallen und blieb liegen.

Isabell hatte eine Nachricht von Ewa bekommen. Es war so weit. Larissa würde heute das erste Mal den Glowa beschatten! Hoffentlich ging alles gut und hoffentlich sah er sie nicht! Würde er sie zu Samira führen? Das wäre so schön um wahr zu sein. Umso schneller könnten sie sie dann befreien. Isabell war zu aufgeregt um zu schlafen. Mehrere Male stand sie auf und sah nach ihrem Sohn. Der schlief aber friedlich weiter. Würde Ewa sich jetzt noch melden oder erst morgen früh? Am besten wir treffen uns morgen dann um die Ereignisse zu besprechen. Schrieb sie an Ewa. Dann legte sie sich wieder hin und fiel in einen unruhigen Schlaf.

Larissa hatte sich schnell auf dem Weg gemacht. Wie ein Schatten folgte sie dem Glowa. Ihr Herz pochte Wie wild. Hoffentlich sah er sie nicht! Der Glowa ging in mehrere Clubs ein und aus. Wahrscheinlich waren das auch seine anderen Unternehmen. Stunden vergingen. Larissa taten die Beine weh. Ob er sie bemerkt hatte? Sie war sich unsicher. Bei dem nächsten Club ging sie mit rein, um auf die Toilette zu gehen. Danach saß sie sich so hin, dass er sie nicht im Blickfeld hatte. Er telefonierte. "Ist gut. Ich werde da sein. Und seid pünktlich. Alles ist vorbereitet." Er stand auf und verließ den Club. Larissa wartete ein bisschen dann ging sie ihm hinterher. Er stieg in ein Auto und sie in ein Taxi. Sie war angespannt und nervös. Mehrere Male biss sie auf ihre Unterlippe. Sie merkte dass der Taxifahrer sie beobachte. "Können Sie bitte auf die Straße achten?" fuhr sie ihn an. Er wurde rot. Das gibt es doch nicht! Immer diese Notgeilen... Eine Straße vor ihr hielt der Glowa an. Sie fuhr noch eine Straße weiter, dann stieg sie aus. Mit klopfenden Herzen ging sie zurück. Sie waren in einer abgelegenen Gegend. Waldgebiet. Es war dunkel und ab und an hörte sie Tiergeräusche. Wo waren sie nur? War das der Ort an dem Ewas Freundin festgehalten wurde? Passen würde es. Larissa war aufgeregt. Vorsichtig näherte sie sich dem verlassenen Haus. Es war anscheinend eine Art Tempel gewesen. Sie versteckte sich im Gebüsch. Ihr Versteck war sehr gut gewählt, denn sie konnte in ein Fenster hineinschauen. Natürlich musste sie nur aufpassen, dass sie keiner sah. Da die Scheiben zerbrochen waren, konnte sie hören was drinnen vor sich ging. Der Glowa stand mit einigen Männern in dem Raum. Ein Altar war ganz vorne aufgestellt worden. Kerzen waren angezündet. Es sah aus wie ein Gottesdienst. Aber schnell wurde Larissa klar, dass es genau das Gegenteil war. Die Männer trugen schwarze Kutten und Totenkopfmasken. Sie summten eine Melodie und standen in Reihen vor dem Altar. Plötzlich öffnete sich die Tür und jemand kam herein. Er trug einen Sack in seinen Händen liegend. Larissa stutzte. Kannte sie den Mann? Der Sack wurde auf dem Altar gelegt. Ein anderer Mann öffnete ihn. Larissa hielt die Hand vor ihrem Mund. Ein Schaf wurde daraus genommen. Es war am Leben aber festgebunden. Es mähte ab und an ängstlich. Was hatten sie mit dem Schaf vor? Nun öffnete sich die Tür abermals und zwei weitere Männer in Kutten traten ein. In jeder Hand hielten sie eine Kerze und nun wurde das Summen lauter. Alle Männer stimmten mit ein. Der Glowa öffnete nun eine andere Tür und trug eine Person heraus. Es war eine junge Frau. Sie trug ein weißes Kleid. Ihr Haar war offen und hing herunter. Larissa sah ihr ins Gesicht. Es schien als wäre die Frau nicht ganz da. War sie unter Drogen gesetzt worden? Larissa war verwirrt und angespannt. Was würde da jetzt passieren? Als das Summen weniger wurde legte der Glowa die Frau auf den Altar. Schlief sie? Nein. Larissa konnte deutlich sehen, dass die Augen offen waren. Sie war anscheinend doch unter Drogen gesetzt worden! Was würde jetzt passieren? Larissa erschrak als sie sah wie ein Mann dem Schaf näher kam. Er hatte ein Messer in der Hand. Er sang auf einmal ein komisches Lied und dann schlug er dem Schaf den Kopf ab. Larissa schlug die Hand auf ihre Augen. Sie duckte sich. Als sie sich einigermaßen beruhigt hatte lugte sie wieder hervor. Der Mann verteilte das Blut auf dem Altar und auch auf die Frau. Dann ging er zur Seite und sah den Glowa erwartungsvoll an. Dieser ging nach vorne und drehte sich um. Alle sahen ihn an. "Heute ist es soweit. Die zweite Opfergabe ist für euren Meister angekommen. So möge der Meister es annehmen, und ihren Körper von all dem schlechten reinigen, was sie tat. Sie ist keine Jungfrau mehr, aber das ist nicht schlimm." Er drehte sich nun zu einem Mann, den Mann der Larissa irgendwie vertraut vor kam. "Georg. Du darfst heute beginnen. Da du seit dem letzten Mal griesgrämig dreinschaust, möchte ich dir heute die Chance lassen anzufangen. Damit keiner der anderen Männer sie wieder berühren wird. Sie gehört dir, das weiß ich. Also wenn du wirklich möchtest, dass sie dein Eigentum ist, dann musst du es uns auch zeigen. Geh zu deiner Laleczka."Der Mann zögerte. Dann trat er vor. Larissa stand unter Schock. Was Georg? Georg macht bei dieser Sache mit? Larissa konnte es nicht fassen, sie hatte Mitleid mit der Frau. Wer war sie? Und warum sagte der Glowa dass sie zu Georg gehöre? Laleczka? Das hieß Püppchen. Wer war seine Puppe? Eine Frau, die er begehrte. Larissa sah die Frau an. Lange Haare. Und das Gesicht so leer. Als Georg die Haare aus ihrem Gesicht nahm und sich runterbeugte um etwas zu ihr zu flüstern, da sah sie es. Sie hielt die Hand auf ihrem Mund und ließ sich nach unten fallen. Fest presste sie die Hand auf ihrem Mund um ihren Schrei zu unterdrücken! Sie war nicht dem Ziel näher gekommen. Sie war etwas anderem näher gekommen. Einen Teufelskult. Das konnte doch nicht wahr sein! Das war doch ein Alptraum. Die Frau, die dort auf dem Altar lag war nicht etwa Ewas Freundin oder Isabell. Sondern Ewa!

Until you are MineWhere stories live. Discover now