Nachdem Frühstück, bei dem sie kaum einen Bissen runter brachte,schnappte der männliche Teil der Familie Sparks sich Christian undder weibliche sich Alexandra, um die Hochzeit vorzubereiten. Kate,Grace und Irene schleppten Alexandra erst in den nächstenBrautmodeladen und zwängten sie in unzählige verschiedene Kleider,dann zum Juwelier, um passenden Schmuck zu erstehen, anschließendzur Maniküre, Pediküre, Ganzkörpermassage und zum Schluss zumFriseur, der ihr Haar derart kunstvoll frisierte, lockte undhochsteckte, dass sie Angst hatte sich zu bewegen. Und währenddessenplapperten sie permanent aufgeregt auf Alexandra ein, erzählten ihrvon der Kuchen, in der sie heiraten sollten, von dem Pastor, der sietrauen sollte, wer sich um das Catering kümmern würde, was es zumDessert geben sollte, welche Farbe die Blumen haben würden undwelche Musik gespielt werden sollte. Alexandra spürte gar nichtsmehr. Keine Angst, keine Nervosität, keine Zweifel, keine Freude.Sie war wie betäubt, überrumpelt von den Erlebnissen der letztenTage. Sie kam sich vor, wie in einem sehr seltsamen Traum und siewusste nicht, ob sie erwachen wollte oder nicht. Zum Glück warenGrace, Irene und Kate, die stundenlang gebraucht hatte, um sich ihrBrautjungfernkleid auszusuchen, viel zu aufgeregt, um zu bemerken,wie still Alexandra war. Zur Mittagszeit löffelte Alexandra wiemechanisch ihr Gericht – sie hätte nicht einmal genau sagenkönnen, was es war – und lauschte mit halbem Ohr der Diskussionder anderen über Eheringe und ob Christian, dem diese Aufgabezugetragen worden war, wohl die richtigen aussuchen würde.

Dochschließlich war es soweit. Grace zupfte liebevoll die letztenRüschen an ihrem Brautkleid zurecht und strich die Spitze glatt.Dann öffnete sie die Schmuckschatulle und legte Alexandra dasCollier um, das sie ausgesucht hatten. Kalt und schwer lag es umihren Hals. Schließlich schien Grace mit ihrem Werk zufrieden undbetrachtete Alexandra prüfend. ,,Sie sehen wunderschön aus,Alexandra." In ihren Augen glänzten Tränen der Rührung. ,,Ichlasse Ihnen jetzt noch ein bisschen Zeit für sich, aber setzten Siesich nicht hin, sonst zerknittert Ihr Kleid. Ihr Brautstrauß stehtin der Vase dort drüben. Rufen Sie einfach, wenn Sie irgendetwasbrauchen." ,,Danke, Grace", flüsterte Alexandra und auf einmalklang ihre Stimme erstickt. Als die Tür hinter Grace ins Schlossfiel, schien ein Wall einzubrechen und die Emotionen überwältigtenAlexandra. Sie rang um Atem, ihre Kehle war wie zugeschnürt und eingewaltiger Druck presste ihr den Brustkorb zusammen und die Luft ausden Lungen, sodass sie glaubte zu ersticken. ,,Oh Gott!", flüstertesie heiser und ihre Stimme brach. ,,Oh Gott!" Sie schlug sich dieHände vor die Stirn, vergrub die Finger in den Haaren, ungeachtet,ob es ihr Make-up oder ihre Frisur zerstörte. Sie sah in den Spiegelund erkannte sich selbst nicht wieder. Eine Frau in einemwunderschönen weißen Brautkleid, mit glotzendem Schmuck um den Halsund einer atemberaubenden Hochsteckfrisur, doch in ihren Augen brannte das blanke Entsetzen. ,,Wie konnte ich nur?" Sie griff mitbeiden Händen in die schweren, ausladenden Röcke, mit bebendenHänden, am ganzen Körper zitternd, aschfahl im Gesicht. ,,Oh Gott,wie konnte ich nur!" Schuldgefühle, Panik, Entsetzen undVerzweiflung schlugen über ihrem Kopf zusammen und drohten sie zuertränken. ,,Wie konnte es nur soweit kommen?" Ihre Stimme klangerstickt. ,,Wie konnte ich nur zulassen, dass es soweitkommt!" Sie schwankte, ihre Knie drohten nachzugeben und sie musstesich an der Wand abstützen. ,,Du hattest recht, Christian",hauchte sie. ,,Das hier ist kein Spiel!" Sie krümmte sichzusammen. Der psychische Schmerz war so stark, dass ihr beinahe übelwurde. ,,Ich kann das nicht mehr! Ich kann nicht mehr lügen. Ichmuss das beenden. Ich hätte niemals damit anfangen dürfen! Wiekonnte ich nur ..." Sie schluchzte trocken auf. Der Schmerz war sostark, dass sie nicht einmal weinen konnte. ,,Es ist meine Schuld. Esist alles meine Schuld!" Sie warf den Kopf zurück und stieß einenlautlosen Schrei aus, während die Verzweiflung sie von innen herausauffraß, wie Säure. Es klopfte an der Tür. ,,Alexandra? Bist dusoweit?" Es war Kate. Alexandra zwang sich tief einzuatmen. Einefast unheimliche Ruhe packte sie, betäubte ihre aufgewühltenEmotionen und ließ in der dumpfen Leere eine seltsameEntschlossenheit zurück. Sie strich ihr Kleid glatt, rückte ihreFrisur zurecht und griff nach ihrem Brautstrauß. ,,Ja, ich binsoweit." Ihre Stimme klang hohl, fremd. ,,Es ist soweit!"


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