Natürlich ließ er sie nicht in Ruhe. 

Es fing damit an, dass jemand die Luft aus den Reifen ihres Wagens gelassen hatte, als sie am nächsten Morgen ins Büro fahren sollte.,,Almound!", brüllte sie. ,,Ist das Ihr Ernst? Was klischeehafteres ist Ihnen wohl nicht eingefallen!" 

Maisie empfing sie mit hochgezogenen Augenbrauen, als Alexandra zum erstenMal in ihrer Laufbahn als CEO eines der größten UnternehmensAmerikas aus einem gewöhnlichen gelben New Yorker Taxi stieg. ,,KeinWort", knurrte Alexandra. ,,Ihr Kaffee, Mrs Knight." Mit einem entschuldigenden Lächeln reichte ihre Sekretärin ihr einenPappbecher. ,,Zwei Drittel Kaffee, ein Drittel Milch, ein Hauch vonZimt, etwas Schokoraspel mit 65% Kakaoanteil." ,,Sie sind Schatz,Maisie." Seufzend nahm Alexandra den Becher entgegen und betrat dasGebäude. Unwillkürlich warf sie verstohlene Blicke um sich, halb inder Erwartung, Almound würde hinter der nächsten Eckehervorspringen. Doch sie erreichte ihr Büro ohne unangenehmeZwischenfälle und ließ sich erleichtert auf ihren Stuhl sinken.,,Sie haben eine Telefonkonferenz in einer halben Stunde und um halbzwei ein Treffen im Rixon's mit dem Chef dieser Marketing-Kampagne." ,Stephenson?" ,,Ja, genau der. Außerdem wird IhreAnwesenheit bei der Zeugnisvergabe der Abschlussabsolventen der BrownUniversity erwartet." ,,Danke, Maisie. Ich kümmere mich drum."Maisie empfahl sich mit einem höflichen Lächeln und Alexandrawidmete sich den Bergen an Unterlagen auf ihrem Schreibtisch. Siegriff nach ihrem Kaffee, trank einen Schluck ... und schnellte miteinem Entsetzensschrei in die Höhe. Der Becher fiel auf ihrenSchreibtisch und Kaffee spritzte über all ihre Unterlagen und ihremakellos weiße Bluse. Hektisch schnappte sie nach Luft und wedeltesich Luft zu. Irgendjemand musste Chilipulver in ihren Kaffee getanhaben. Und sie ahnte, wer dieser jemand war. Aufgeschreckt von demSchrei, stürzte Maisie herein und starrte ihre Chefin entsetzt an.,,Was ist passiert, Mrs Knight?" ,,Was passiert ist?", knurrteAlexandra. ,,Christian Almound ist passiert!" Sie holte tief undzitternd vor Zorn Luft. ,,Wären Sie so nett, mir ein sauberes Kostümzu besorgen?" ,,Natürlich, Mrs Knight." Pflichtschuldig eilteMaisie davon und Alexandra ließ sich zurück in ihren Stuhl sinken.Mit vor Wut zitternden Händen umklammerte sie die Armlehnen so fest,dass ihre Fingerknöchel weiß hervortraten. Da bemerkte sie etwas amBecher. Sie drehte den Becher und las: Na? Spaß bei derArbeit? Ciao ciao bella. Alexandras Hände krampften sich so fest um den Becher, dass er aufplatzte undsich auch noch der restliche Kaffee über die Tischplatte verteilte.Unkonzentriert widmete sie sich wieder ihrer Arbeit, während sie im Geiste bereits Mordszenarien durchspielte.

Eswar bereits später Nachmittag, als Alexandra die Werkstatt erreichte, in die ihr Auto gebracht worden war. Immerhin hatteAlmound den Anstand gehabt die Reifen nicht zu zerstechen, sondernnur die Luft rauszulassen. Alexandra war schlecht gelaunt. Der Tagwar ganz und gar nicht nach Plan verlaufen. Almound und seine fiesenkleinen Tricks waren ihr nicht aus dem Kopf gegangen und sie hattekaum das erreicht, was sie hatte erreichen wollen. Es war alleinihrem Charme und ihrer Professionalität zu verdanken, dass mehrereGeschäfte heute nicht aus dem Ruder gelaufen, Deale nicht geplatztwaren. Und das hatte sie alles diesem hinterhältigen Widerling zuverdanken. Als sie die Werkstatt betrat, stand ihr Wagen auf derHebebühne und die Reifen waren zu ihrer Freude schon wiederaufgepumpt. Der Mechaniker kam ihr entgegen, wischte sich die öligenHände an einem schmutzigen Tuch ab. ,Mrs Knight." Er schüttelteihr die Hand. ,,Ihr Wagen ist fertig. Sie können ihn gleichmitnehmen." Alexandra nickte und begann den Wagen zu begutachten,betrachtete ihn von allen Seiten. ,,Was tun Sie da, Mrs Knight?",fragte der Mechaniker verwirrt. ,,Haben Sie alles doppelt unddreifach kontrolliert? Keine gekappten Bremsen? Keinedurchgeschnittenen Schläuche? Niemand, der das Öl herausgelassenoder den Sprit gegen Wasser ausgetauscht hat?" ,,Mrs Knight, ichbin verwirrt ... ich verstehe nicht ..." Der Mechaniker schienratlos. ,,Es ist so, dass ..." Ein Geräusch ließ Alexandraverstummen. ,,Wie fährt man dieses Ding runter?" Restlos verwirrtdeutete der Mann auf einen Hebel. Prompt legte Alexandra ihn um.Langsam fuhr die Hebebühne herab. Auf Schulterhöhe brachteAlexandra sie zum stehen. Sie trat an den Wagen heran und spähtehinein. Almound lag in ihrem Wagen quer über der Rückbank, dieKnöchel übereinander geschlagen, die Arme hinter dem Kopfverschränkt. Er grinste Alexandra unverschämt schelmisch an, alsdiese ihn wütend anstarrte. ,,Sie auch hier, Alexandra? Was für einZufall! Kaffee gefällig?" Er hielt einen Pappbecher hoch. SeineAugen funkelten. Alexandra widerstand dem Drang ihm den Kaffee insHemd zu gießen nur mit Mühe. ,,Mr Almound, was für eine ...unangenehme Überraschung", stieß sie zwischen zusammengepresstenZähnen hervor. Mit einem zuckersüßen Lächeln wandte sie sich anden Mechaniker, der das Spektakel mit einer Mischung aus Verwirrungund Belustigung beobachtete. ,,Offenbar leidet mein Wagen unter einemParasitenbefall. Können Sie mir ein gutes Mittel empfehlen?" DerMechaniker sah zwischen ihr und Almound hin und her. Dann warf er ihrdie Autoschlüssel zu. ,,Regeln Sie das unter sich. Aber lassen Siemeine Werkstatt heil und schließen Sie ab, bevor Sie gehen." Erging und Alexandra sah ihm kopfschüttelnd nach. ,,Tja, jetzt sindwohl nur noch wir beide da." Almounds Stimme hatte einen gefährlichtiefen und samtigen Unterton. ,,Nein, nur noch Sie." Alexandraschenkte ihm ihr strahlendstes Lächeln, legte den Hebel um und fuhrdie Hebebühne bis zum Anschlag in die Höhe. Mit einemtriumphierenden Lächeln schlenderte sie betont langsam aus derWerkstatt, ignorierte Almounds Protestgeschrei und schloss ab. 

Sobaldsie Zuhause war, rief sie Maisie an. ,,Maisie? Ich bin's. KriegenSie raus, wo Christian Almound wohnt. Ja, jetzt sofort. Und besorgenSie mir blaue Tönung. Ja, Sie haben mich schon verstanden. Gut.Danke. Auf Wiederhören." Mit einem diabolischen Lächeln legteAlexandra auf, schenkte sich ein Glas Rotwein ein und wartete. Kaumeine halbe Stunde später rief Maisie sie zurück, teilte ihr Nameund Adresse des Hotels mit und, dass Almound bis jetzt noch nichtzurück sei. Dankend legte Alexandra auf. ,,Rufen Sie mir ein Taxi",wies sie den Sicherheitsmann an, der ihr eine Papiertüte reichte.,,Und tun Sie mir den Gefallen und holen meinen Wagen morgen frühaus der Werkstatt ab, sodass ich morgen damit zur Arbeit fahren kann.Und lassen Sie ihn vorher noch einmal durchchecken." Ihr Taxinäherte sich mit quietschenden Reifen. Sie nannte dem Fahrer dieAdresse und lehnte sich mit einem Gefühl der Genugtuung gegen diefalschen Lederpolster. Als das Taxi vor dem gewünschten Hotel hielt,drückte sie ihm rasch einen Dollarschein in die Hand und stieg aus.,,Ich hätte gerne den Schlüssel zu Zimmer 312", informierte sieden Rezeptionist. Dieser musterte sie mit einer hochgezogenenAugenbraue. ,,Sind Sie Mrs Alexandra Knight?" ,,Haben Sie mein Fotoin der Zeitung gesehen?", fragte Alexandra seufzend. ,,Mr Almoundhat vor Kurzem hier angerufen und gesagt, dass Sie kommen würden. Erhat Anweisungen gegeben, Sie auf gar keinen Fall in sein Zimmer zulassen." Alexandra schnalzte missbilligend mit der Zunge, dannhellte sich ihre Miene auf. Sie warf dem Rezeptionisten einverführerisches Lächeln zu und klimperte ihn unter langen dichtenWimpern an. Mit zwei Fingern griff sie in ihren unerhört tiefenAusschnitt und zog ein Bündel Dollarnoten hervor. ,,Er muss ja nieerfahren, dass ich jemals hier gewesen bin", schnurrte sie. ,,Nein,natürlich nicht, Ma'am." Gierig griff der Mann nach demGeldbündel und reichte ihr den Schlüssel. ,,Tztztztz", machteAlexandra triumphierend. ,,Männer sind so berechenbar." Sie fanddie richtige Zimmertür und schloss auf. Wie zu erwarten war seinApartment nicht gerade eine Ausgeburt an Ordentlichkeit.Kopfschüttelnd stieg sie über Bücherstapel, Zeitungen undherumliegende Jeans hinweg zum Badezimmer. Ohne die Tür aus denAugen zu lassen, griff sie nach der Flasche mit dem Shampoo und gosses bedächtig in den Ausguss. Dann zog sie die blaue Haartönunghervor und füllte sie bedächtig in die Shampooflasche, verschlosssie und stellte sie wieder zurück, als hätte sie niemals jemandweggenommen. ,,Ut sementem feceris, ita metes", zitierte sieAlmound. ,,Wer sät, der erntet, mein Freund."




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