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"Na komm schon Kira", flehend sah sie mich an. Meine Argumente konnten das Mädchen nicht wirklich überzeugen.
"Und wo willst du hin?", die Skepsis in meiner Stimme war nicht zu überhören und auch mein Blick sprach Bände. Ich merkte, wie sie ganz leicht verzweifelte. Anscheinend hatte sie nicht damit gerechnet, dass ich nicht so ganz mit ihrem Plan einverstanden war.
"Einfach ein bisschen raus. Ich lieg schon seit einem Tag durchgängig hier, es wird so langsam langweilig.", ihr Blick war der konstante Hundeblick mit dem sie immernoch probierte mich zu überreden. Ich hab ja eigentlich auch kein Bock die ganze Zeit hier zu liegen, aber erstens sollten wir nicht mehr nach draußen und zweitens, was ist wenn wirklich was passiert? Ich hab einfach keine Lust Ärger zu bekommen.
"Sorry Lotte, aber ohne mich. Wenn halt wirklich was passiert oder wir erwischt werden sind wir richtig dran. Mein Bruder ist bei der Polizei, was meinst du würde der für einen Aufstand machen. Darauf hab ich einfach keinen Bock. Außerdem bin ich müde, gut' Nacht.", Somit war das Schlusswort des Tages gesprochen und ich legte mich, mit dem Gesicht entgegengesetzt von ihr, hin und schloss die Augen. Dieser ganze Tag war schon wieder so anstrengend, dass ich innerhalb weniger Minuten einschlief. Besonders ruhig jedoch auch nicht, da mein Kopf die ganze Zeit das Szenario von heute morgen durchspielte. Nur eben viel extremer als es wirklich war. Einmal träumte ich auch Frau Lichter sei dabei ums Leben gekommen und ihr Geist hatte mich verfolgt. Schweißgebadet wachte ich nach dieser Einbildung auf und musste erstmal tief durchatmen und mir klar machen, dass es nicht echt gewesen ist. Einschlafen konnte ich danach nicht mehr. Zum Glück war es schon relativ früh am Morgen, so dass es auch nicht zwingend notwendig war. Ein Blick nach rechts, ließ mich jedoch wieder erschrecken. Das Bett von Lotte war leer.
Ich hoffe nur nicht, dass sie doch abgehauen ist, denn wenn ich am schlafen bin bekomme ich absolut garnichts von meiner Umgebung mit. Vielleicht ist sie ja einfach nur auf die Toilette gegangen.
Um das zu überprüfen schwang ich mich, natürlich langsam, aus dem Bett und watschelte genauso langsam Richtung WC. Obwohl ich sah, dass die Tür nicht abgeschlossen war, klopfte ich vorsichtig und wartete erstmal auf eine Rückmeldung. Als keine kam, öffnete ich die Tür. Der Raum war menschenleer. Teils gut, teils schlecht. Immerhin wäre es auch nicht sonderlich toll gewesen, wäre sie hier ohmächtig gelegen. Doch ein Problem hatte ich trotzdem. Denn bei einer Untersuchung ist sie höchstwahrscheinlich auch nicht um 6 Uhr morgens. "Fuck, Lotte wo bist du?", murmelte ich leise und verzweifelt. Auch der Blick aus dem Fenster brachte mir nicht viel. Zu dieser Uhrzeit war sowieso noch keiner draußen und außerdem hatte man von ihr auch nicht alles im Blick. Als ich mir sicher war, dass sie nicht hier war drückte ich den Schwesternknopf und tigerte solange nervös im Zimmer umher. Als dann endlich die Tür des Raumes aufging konfrontierte ich die Pflegerin sofort mit der Situation. Meine Stimme war immernoch nervös und inzwischen auch panisch. Ich hab einfach Angst davor, dass ihr etwas passiert ist. "Ganz ruhig Kira, wie werden sie finden. Du bleibst hier, ich sag meinen Kollegen bescheid.", beruhigte sie mich und verschwand wieder. Unruhig wackelte ich mit meinem Bein und betrachtete nochmal ihren Nachttisch. Selbst ihr Handy befand sich noch darauf. Irgendwas war hier gewaltig faul. Sofort wendete ich meinen Kopf zur Tür, als diese erneut aufging. Es war eine mir noch unbekannte Ärztin, gefolgt von der Schwester, die bereits heute war. "Birgit Maas, hallo. Wann war Charlotte denn das letzte mal da?", stellte sie sich zügig vor und probierte sofort an Informationen zu kommen. "Weiß ich nicht, gesehen hab ich sie gestern Abend so um 10 das letzte Mal, dann bin ich schlafen gegangen", ich hielt mich möglichst kurz um keine unnötigen Informationen zu erzählen. "Ist irgendwas vorgefallen zwischen euch?", erkundigte sich die Schwester. War unser kleiner Streit wirklich der Auslöser dafür gewesen, dass sie jetzt weg ist? Ziemlich unwahrscheinlich. Sie erschien eigentlich so, dass ich dachte ihr würde das nicht viel ausmachen.
"Naja, eine kleine Diskussion halt. Aber mehr auch nicht.", gab ich murmelnd zu und sah zu Boden. "Und um was ging's?", forschte die Ärztin nach. Anscheinend war es für sie doch wichtiger, als ich ursprünglich gedacht hatte. "Sie wollte noch raus, wohin genau weiß ich nicht, aber ich hab ihr halt gesagt, dass das keine gute Idee ist.", erklärte ich den beiden Frauen. Sie sahen sich nur gegenseitig an. Für einen kurzen Moment herrschte Stille. Doch diese wurde durch eine weitere Schwester unterbrochen, die in den Raum kam:"Auf der Station konnten wir sie nirgends finden und keiner hat sie gesehen. Die Polizei und Erziehungsberechtigte sind verständigt." Dass das so ein Großaufgebot wird hätte ich auch nicht erwartet. Aber es ist berechtigt, schließlich war sie nicht ohne Grund hier und wer weiß ob ihr was passiert ist und sie jetzt irgendwo liegt. Die ersten Tränen kullerten mir übers Gesicht, sobald ich wieder alleine war. Es ist alles meine Schuld. Ich hätte nicht gleich schlafen sollen, vielleicht wäre es ja auch einfach besser gewesen mit ihr mit zu gehen, anstatt sie nur doof an zu motzen. Immerhin wären wir dann wenigstens zu zweit gewesen.

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Nächstes Kapitel kommt um 21 Uhr:))
Man liest sich im nächsten Teil<3

ASDS//Problemkind Where stories live. Discover now