❥ Sie können meinen Schwiegersohn ruhig durchlassen

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»UND WARUM GENAU DARF ICH NICHT ZU IHR?«, fragte ich die Dame an der Rezeption aufgebracht und wär beinah selbst über den Tisch gesprungen, um im Computer nach der Zimmernummer von Adeline zu suchen. Zu ihrem Glück stand Marco neben mir und konnte mich jeder Zeit aufhalten. »Ich will doch einfach zu Adeline Schneider!«, machte ich klar und fuhr mir verzweifelt durch meine Haare.

»Tut mir leid, aber ich darf nur Familienangehörige durchlassen und Informationen über ihren Zustand preisgeben.«, erwiderte sie und schaute tatsächlich aus, als würde es ihr leidtun. Doch gerade konnte ich ihr Mitgefühl nur wenig gebrauchen, da ich einfach Adeline sehen wollte. »Solang Sie mir nicht sagen, in welchem Bezug Sie zu der Patientin stehen, kann ich Sie unmöglich–«

»Sie können meinen Schwiegersohn ruhig durchlassen.«, fiel ihr Bernd, der Vater von Adeline, ins Wort und schenkte mir ein leichtes Lächeln, dass ich in meiner Verfassung gerade einmal erwidern konnte. Die Frau sah mich leicht skeptisch an, nickte dennoch mit ihrem Kopf und schaute anschließend zu Marco, der mir mitteilte, dass er auf mich im Warteraum warten würde.

Mit einem kurzen Handschlag verabschiedete ich mich bei ihm und folgte Bernd, der seine Hand auf meine Schulter legte und anschließend seufzte. In seiner Gegenwart traute ich mich schon gar nicht zu fragen, was nun mit Adeline war und wie es ihr gerade ging – Zu sehr hatte ich davor Angst gehabt, dass er mir die schlimmste Nachricht überhaupt gab. Da tat der Ausfall in der restlichen und kommenden Saison wegen einem Kreuzbandrisses weniger im Herzen weh!

»Ich kann mir gar nicht vorstellen, in was für eine Hölle meine Adeline gehen musste.«, sagte er nach einiger Zeit und erschrak mich leicht. »Ich dachte, dass ein Verfahren bei der Polizei, die Gespräche mit der Schulleitung und ein Workshop gegen Cybermobbing helfen würde, aber das hat es nicht. Und als Vater, gebe ich mir natürlich die Schuld dafür.«, sagte er und blieb vor den Aufzügen stehen. »Sie stand am Ende und niemand hatte es ihr wirklich angesehen.«

»Wollte sie–«, fing ich an und wollte, dass Bernd meine Gedanken dementierte.

»Sich das Leben nehmen?«, unterbrach er mich und nickte anschließend mit dem Kopf. Ich sah ihm an, dass er mit den Tränen zu kämpfen hatte und auch ich musste mich zusammenreißen, um nicht gleich zu weinen.

Wie egoistisch konnte ich nur sein und all die Zeichen ignorieren? Ich hab offen und ehrlich zu, dass ich mich nach der Veröffentlichung des Videos mehr auf mein Image konzentriert hatte als nun auf Adeline und wenn ich könnte, würde ich die Zeit wieder zurückdrehen!

»W-Wie geht es ihr jetzt?«, traute ich mich zu fragen und trat mit ihm in den Aufzug.

»Ihr Zustand ist nun stabiler. Die Ärzte mussten sie in ein künstliches Koma versetzten, damit ihr Organismus zu entlasten. Sollte alles gut laufen, dauert es nicht mehr lang bis sie wieder aufwacht.«, antwortete er und lächelte wieder. »Jetzt heißt es einfach nur Hoffen.«, fügte er hinzu und drückte den dritten Knopf von unten.

Bis der Aufzug seine Türen wieder öffnete, blieb es zwischen uns still und ich spürte, wie nervöser ich wurde. Es wollte immer noch nicht aus meinem Kopf, dass ich es hätte verhindern können – Sie hatte mich gebraucht und ich war nicht für sie da gewesen. Da verstand ich auch, dass Sydney mich nun hasste!

Und das machte sie mir auch mit ihren hasserfüllten Blicken deutlich, als wir nun vor ihrem Zimmer standen. Auf der Intensivstation.

»Hey, man.«, meldete sich Isaak zu Wort und hielt mir seine Hand hin, in die ich einschlug. »Meine Mutter ist gerade bei ihr. Wenn sie rauskommt, können wir rein, wenn du willst.«, teilte er mit und sah ebenso erschöpft aus wie sein Vater.

»Klar.«, nickte ich und steckte meine Hände in die Jackentasche, während ich wartete.

Ich bewunderte Isaaks Redebedarf in diesem Moment, da er mich und jeden Anderen hier versuchte auf andere Gedanken zu bringen, obwohl seine Schwester hier lag.

Nach langem Warten kam die Mutter raus und schenkte mir einen kurzen Blick, der in mir irgendwas auslöste. Ich wusste nicht, wie ich ihren Blick nun deuten sollte, aber positiv vermutlich nicht.

Isaak schob mich leicht in das Zimmer und auch hier wusste ich nicht, was ich tun sollte. Adeline schon fast regungslos im Bett liegen sehen ließ das Blut in meinen Adern gefrieren und würden die Geräte nicht den gewohnten »Piep« Ton machen, wie ich es auch aus Filmen kannte, würde ich vermutlich heulen. Und gerade stand ich den Tränen wieder nah!

»Scheiße.«, kam es aus mir heraus und trat näher an ihr Bett. Sofort nahm ich ihre Hand und strich ihr mit dem Daumen drüber. »Es tut mir sowas leid, Ade.«, entschuldigte ich mich bei ihr und schaute sie an.

Keine Reaktion.

»Der Arzt meinte vorhin, dass wir ihr irgendwas positives erzählen sollen. Negatives könnte sie nur überfordern.«, teilte Isaak mit mit und stand auf der anderen Seite des Bettes. »Ade gibt dir hierfür nicht die Schuld.«, sagte er und zog aus seiner Jackentasche einen Umschlag heraus. »Hab ich auf ihrem Schreibtisch gefunden.«

Sofort nahm ich den schon geöffneten Umschlag entgegen:

Lieber Julian,
wenn du das hier liest, ist es wahrscheinlich
schon zu spät. Ich möchte dir für alles
danken! Ich danke dir für deinen Humor, der mich
immer zum Lachen gebracht hat, deine Freundlichkeit und dafür, dass du mein Freund bist. Wir sind vielleicht nicht sehr lange zusammen, dennoch hab ich das Gefühl, dass ich mit dir schon vieles erlebt hab! Ich liebe dich und werde es auch immer tun - auf der anderen Seite -. Wenn du jetzt denkst, dass du jetzt Schuld hast, kann ich dir die Last nehmen. Es hat nichts mit dir zutun, obwohl ich deine Unterstützung schon gebraucht hätte. Aber die Schuld gebe ich nicht dir!

Es hat mich immer mehr verletzt, was im Internet über mich wegen dem Video geschrieben wurde. Irgendwann hab ich es einfach nicht mehr ausgehalten und... nun ja..

Es tut mir leid, Juli

-In Liebe, deine Ade

»Warum bin ich nur so ein Vollidiot?«, fragte ich mich selbst und konnte meine Tränen diesmal nicht zurückhalten. Ich liebe dieses Mädchen und ich würde wirklich alles dafür tun, um ihr Lächeln nochmal zu sehen!

𝐓𝐢𝐥𝐥 𝐃𝐞𝐚𝐭𝐡 𝐃𝐨 𝐔𝐬 𝐀𝐩𝐚𝐫𝐭 ❥ 𝑗. 𝑏𝑟𝑎𝑛𝑑𝑡Donde viven las historias. Descúbrelo ahora