Kapitel 1

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Kapitel 1

Die Wochen vergingen so schnell, dass es kaum zu glauben war, dass es bereits soweit war.

Aaron führte Saori vorsichtig in Richtung Kutsche und war darauf bedacht, ihre Gefühle möglichst schnell zu spüren und darauf zu reagieren.

Nicht einmal zwei Wochen waren vergangen, als man versucht hatte, sie umzubringen. Noch immer war sie sehr verschreckt und vertraute fast niemanden.

In ihrer Entwicklung hatte es einen Rückschritt gegeben, denn sie nahm überhaupt nichts mehr von anderen an. Nicht einmal mehr den Frischkäse von Leikas Mutter, den sie immer so gemocht hatte. Das hieß, sie aß nur noch rohes Gemüse und Früchte, die sie selbst auswählte.

Dennoch hatte die Engelsheilerin Belle einen Kontakt zu ihr aufstellen können. Viel Zeit haben sie miteinander verbracht und über einige Dinge gesprochen. Behutsam war die blonde Frau mit Saori umgegangen. Ihre Angst vor Belle hatte dadurch etwas nachgelassen.

Nun aber stand sie vor einer neuen Herausforderung. Dem Fest, auf dem Aaron und sie als Einweihung tanzen sollten. Lange hatten sie dafür geübt und auch daran gearbeitet, dass Saori nicht gleich vor Aufregung und Angst zusammenbrach.

Aaron hatte ihr versprechen müssen, mit seinem Staub zu helfen, wenn es gar nicht anders ging.

Mit einer Hand hob Saori den langen, himmelblauen Rock hoch, damit sie nicht darauf steigen und ihn beschädigen konnte. Ihre Hände steckten in weißen Seidenhandschuhen, damit sie keine Angst haben musste, etwas zu berühren und zu töten. Sie als Todesbringerin hatte die Dämonin ständig Angst, andere mit ihrer Berührung zu verletzen.

Saoris Körper steckte in einem wunderschönen weiß blauem Kleid, welches mit einer silbernen Brosche an ihrer Brust verschönert war. Diese Brosche hatte Aarons Mutter gehört und sah aus wie Engelsflügel. Mal hatte es in das Kleid mit eingearbeitet.

Die Schultern blieben frei, doch zwei glänzende, weiße Bänder gingen um ihre Oberarme und hielten somit das Kleid an Ort und Stelle. Das Kleid wurde durch einen fast transparenten Stoff vollendet, welches in einer großen, breiten Schleife auf der hinteren Seite des Kleides angebracht war.

Ihre schlanke Figur darin wurde deutlich hervorgehoben, gaben aber nicht zu viel Preis.

Die langen, silbernen Haare mit einem violetten Stich hatte Aaron selbst kunstvoll nach oben gesteckt und sie mit wunderschönen Blumen aus dem Garten verziert. Saori sah aus, als würde sie heiraten.

Ihr Gesicht war blass, aber sie versuchte zu lächeln und tapfer zu sein. Sie musste da durch, denn danach würde die Königin die Entscheidung treffen, ob sie Aarons Verlobung mit einer Engelsfrau annullieren würde oder nicht. Diese Möglichkeit wollte sie dem Engel an ihrer Seite nicht nehmen.

Er wollte diese Verlobung nicht und sie konnte ihm da raus helfen.

"Geht es?", fragte Aaron sanft, der ihr etwas mit dem Kleid half. Er selbst trug eine Tunika, die von Weiß zu hellem Blau verlief und überall mit goldenen Verzierungen geschmückt war. Die langen, silberweißen Haare waren zu einem einfachen Zopf gebunden, den er eigentlich immer trug. Ohne irgendwelche Zusätze und dennoch stand es ihm sehr gut.

„Muss es ja", ächzte Saori, die völlig damit beschäftigt war, den ganzen Stoff irgendwie in die Kutsche zu schaffen und möglichst nicht zu zerdrücken. Dass sie nervös und ängstlich war, spürte er. Doch zusammen würden sie da durch gehen.

Aaron half ihr ebenfalls und so waren sie bald darauf zusammen in der Kutsche. Wobei der Stoff von Saoris Kleid ganz schön viel Platz einnahm.

Seufzend strich sie sich vorsichtig über die hochgesteckten Haare. „Wie könnt Ihr mir nur das Ganze antun?", murrte sie nicht gerade glücklich. „Mich in so ein Kleid zu stecken, das fünfmal größer als ich ist?", schnaubte sie. Das war übertrieben, doch so kam es ihr vor.

"Trage es wie eine Rüstung", sagte Aaron sanft. "Niemand wird dir so zu nahe kommen, weil sie Angst haben dein Kleid zu drücken", lachte er und küsste ihre Wange.

„Nur funktioniert das bei Euch nicht", bemerkte sie trocken. „Ihr zieht sie mir lieber gleich aus, damit nichts mehr zwischen uns ist", neckte Saori den Engel.

Ihre Hände nestelten unruhig in ihrem Schoß und sie konnte nicht verstecken, wie aufgeregt sie war. Ihr Albtraum wurde wahr, so vielen anderen Engeln zu begegnen.

"Das stimmt, aber da bin ich auch die Ausnahme von der Regel", nickte er zustimmend und küsste ihre Wange.

Kopfschüttelnd lachte sie leise, um sich abzulenken. „Wie lange werden wir bis dorthin brauchen?", erkundigte sie sich, als sie spürte, wie die Kutsche anfuhr. Ihre Hände griffen in den weichen und leichten blauen Stoff und sie versuchte, nicht in Panik zu verfallen.

Hoffentlich würde das Fest bald vorbei sein. Wo würden sie überhaupt schlafen? Oder würden sie gleich danach zurückkehren?

"Es wird leider etwas dauern", entschuldigte Aaron sich. "Wir kommen erst recht spät an. Du solltest jetzt noch etwas schlafen, wenn du kannst."

„Das wäre eine gute Idee. Nur, dass ich vor Aufregung nicht schlafen kann, ist Euch nicht bewusst, oder?", fragte sie ihn mit einer hochgezogenen Augenbraue.

"Doch, das dachte ich mir fast", meinte er entschuldigend. "Möchtest du etwas Staub?"

„Wäre nicht schlecht", gestand Saori seufzend. Von allein würde sie nicht schlafen können und wenn die Fahrt lange dauerte, wäre das eine Qual, solange wach zu sein.

Aaron nickte. "Jetzt sofort?", fragte er, "und wann soll ich dich aufwecken?"

„Nach dem Fest?", fragte sie lächelnd. Wie schön wäre es, alles zu verschlafen. Saori hatte ihm sogar das Angebot gemacht, sie schlafen zu legen und mit seinen silbernen Fäden sie wie eine Marionette tanzen zu lassen. Doch das hatte er abgelehnt.

Das war auch kaum möglich. Leider. "Erst, wenn wir landen oder noch davor?", fragte er entschuldigend. So gern er es ihr erspart hätte, leider war das nicht möglich.

„Bitte davor. Dann habe ich noch genügend Zeit, in Panik auszubrechen", bemerkte sie nüchtern. Ihr blieb die einzige Hoffnung, dass alles schnell vorbei war.

"Komm her zu mir", bat er und öffnete die Arme, damit sie zu ihm kommen und er sie halten konnte.

Umständlich kam sie zu ihm herüber, und ließ sich in seine Arme nehmen. Sofort wurde sie ruhiger, weil er einfach da war. „Wehe, Ihr zerdrückt das schwer hergestellte Kleid", warnte sie ihn neckend.

Aaron lachte. "Keine Sorge, das richten wir, wenn wir ankommen", versicherte er ihr und stäubte sie ein, damit sie zur Ruhe kam.

Sie spürte, wie viel ruhiger und müder sie wurde. Von Aaron gehalten zu werden, war schon hilfreich, aber nun war sie froh, dass sie nicht so lange leiden musste. Vermutlich würde sie Aaron verrückt machen, bis er sie freiwillig zum schlafen legte.

"Wir sehen uns heute Abend wieder", sagte er sanft und küsste ihre Stirn. Dann war sie auch schon eingeschlafen.

Aingeru Aroha - Dämonenhochzeit (Band 6)Where stories live. Discover now