Stilles Gedicht

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Die Stille ist gelogen,
denn sie ist gar nicht leer.
Es sind seit je geflogen
die Ding in ihr umher.
Sei still in deinem Geiste,
sei unverkrampft, hör zu,
was in Gedanken kreiste,
dort kreist und geb kein Ruh.

Gedanken, die sich paaren,
zu Reimen und Idee'n,
verfolgen dich in Scharen
als Wind aus Worten wehn.
Verfolge sie, und jage
in deinem Dichterwahn.
Wenn's dir entflieht, nicht zage,
erlosch'n ist kein Vulkan.

Verirr dich in den Versen,
und suche möglichst viel;
bemerk den Ariadnefaden
zu früh nicht in dem Spiel.
Vergiss nicht, mitzuschreiben,
der Geist ist dein Dozent.
Du sollt'st im Studium bleiben,
auch wenn der Kopf dir brennt.

Die beste aller Stillen
ist die im Tiefgefühl.
Entzieh dich ihrem Willen -
kein Wort wird kalt und kühl.
Noch stiller ist die Asche,
doch nur im Sonnensinn.
Denn Feuers durstig lasche
Ideen nur sind im Sinn.

Vergiss die Wut im Leisen,
denn sie ist längst besiegt.
Sub animis, die kreisen,
der Krampf am Boden fliegt.
Die Stimmen draußen bleiben,
gesproch' nicht wird - gedacht.
Die Still gewährt dem Schreiben
und Denken meine Macht.

Ich suche meine Stille
und ihr des Nektars Reich.
Mein allerletzter Wille
ist's Sterben still zur Leich.

Ein Buch, so bunt wie das LebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt