Kapitel 5: Verhängnisvolles Tattoo

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Lou's POV:
Die ersten Sonnenstrahlen dränge durch die verdunkelten Jalousie. Meine Haare kitzelten an meiner Nase. Ich musste niesen und öffnete langsam meine Augen, neben mir hörte ich wieder das vertraute Brummen. Auch das Bett und das Zimmer in dem ich lag, waren mir nicht ganz unbekannt. Ich erkannte den großen, dunklen Kleiderschrank, ich war also bei Mo gelandet. So langsam erinnerte ich mich an letzte Nacht, an den Spielplatz, dass wir miteinander geschlafen hatten und dass Mo dann vorgeschlagen hatte zu ihm zu gehen.
Dieses Mal ließ mich irgendwas nicht sofort abhauen, sondern ich blieb einfach bei ihm liegen und kuschelte mich an ihn.
Ich spürte seine Wärme und den gleichmäßigen Rhythmus seines Herzens. Gestern Abend war einfach nur toll gewesen, ich fühlte mich bei ihm sicher, geborgen, er hatte mir einfach zu gehört, ehrlich zu gehört, ich glaube er war der erste Mensch, außer Anna, dem ich so offen und ehrlich gegenüber gewesen war. Was wahrscheinlich nicht zu guter letzt am Alkohol und dem Joint gelegen hatte. Erst jetzt merkte ich, wie sehr mein Schädel pocherte...
Aber das war mir in diesem Moment egal, ich genoss die Nähe zwischen uns. Komisch, ich dachte immer morgens zusammen aufzuwachen, wäre voll überbewertet. Doch jetzt, wo ich hier so lag, mein Kopf auf Mos Brust, die sich langsam auf und ab bewegte, genoss ich das Gefühl der Geborgenheit.
Jetzt nahm ich mir auch die Zeit mir seine Tattoos genauer anzusehen. Auf seiner linken Hand waren Schriftzeichen, auf dem Unterarm ein Schriftzug: Ma familia, darüber ein Engel. Jetzt lag ich auf ihm guckte mir die Tattoos bei seinem Hals an, auf der linken Halshälfte hatte er drei Sterne. Ich guckte in sein makelloses Gesicht, die schwarzen, leicht gelockten Haare, standen ihm echt gut. Dann rollte ich zur rechten Seite runter, er schien immer noch zu schlafen, obwohl ein leichtes Grinsen seine Lippen umspielte, was mich daran zweifeln ließ.
Ich startet diesmal vom Oberarm, wo ein Adler war, ich küsste jetzt jede Stelle leicht, was ihm zu gefallen schien. Dann war ich unten an seiner Hand angekommen, auf der der Totenkopf prangte, ich drehte sie um, um meine Hand in seine zu legen.
Da sah ich es, das was für immer zwischen uns stehen würde, das was unsere Leben für immer belasten würde: er war nicht groß und trotzdem so bedeutend.
An seinem rechten Handgelenk trug er ein Dreizack. Erst kniff ich mich leicht um zu gucken, ob ich noch träumte, dann wäre das definitiv einer der schlimmsten Albträume gewesen. Doch das Tattoo verschwand nicht. Es schnürte mir die Kehle zu, ich merkte wie ich immer wütender wurde. Er wusste die ganze Zeit wer ich war und hatte trotzdem mit mir geschlafen?! Langsam dämmerte mir wer er war, ich kannte ihn. Natürlich er war Mo Dax. Der Sohn vom größten Feind meines Vaters. Und ich hatte mit ihm geschlafen, na ja ich hatte ja nicht gewusst wer er war, aber ich wusste, dass das für meinen Vater wie Hochverrat war. Ich fühlte mich so ausgenutzt. Wut kochte in mir hoch.
Wie konnte er mir das antun, er wusste, dass wenn das rauskommt, eine riesen Schande war...das könnte tödlich für uns enden!
Mit vor Wut glänzenden Augen sah ich ihn an. Im nächsten Moment spürte ich, wie meine Hand sein Gesicht traf. Ich hatte ihm eine saftige Backpfeife gegeben. Augenblicklich schlug er die Augen auf, und ohne dass ich irgendwas sagen musste, wusste er was los war. ,, Lass es mich erklären Lou...", fing er an. Doch ich wollte ihm nicht weiter zu hören:,, Ich hab dir vertraut und du hast dieses Vertrauen missbraucht...", schrie ich. Am liebsten hätte ich nochmal zu geschlagen. Wie konnte ich nur so blind gewesen sein?! Ich sprang vom Bett auf, zog mich in Windeseile an. Mo war ebenfalls aufgesprungen und startete einen neuen Erklärungsversuch:,, Du kannst mich hassen, aber lass es mich wenigstens erklären."
Doch der Versuch änderte nichts an meinem Drang zu gehen, Wuttränen rannten mir die Wangen hinunter, aber ich ließ seine Worte einfach an mir abprallen.
,,Du hast mir bewiesen, dass man wirklich nur sich selbst vertrauen kann." Mit diesen Worten knallte ich seine Schlafzimmertür hinter mir zu und rannte die Treppe hinunter, die letzten Stufen sprang ich. Ich hörte hinter mir Gepolter und ein:,,Lou warte!" Aber ich hatte schon die Haustür zu geknallte und lief von seinem Grundstück, mein Auto stand ja noch beim Park. Ich lief und lief, immer weiter, einfach nur weg. Mit jedem Schritt kochte meine Wut runter und ich beruhigte mich allmählich. Wie konnte man nur so ein Arschloch sein? Ich hatten ihm mein ganzes Herz ausgeschüttet und innerlich noch gehofft, dass ich das nicht bereuen würde. Jetzt wurde ich eines besseren belehrt. Nach einer gefühlten Ewigkeit kam ich atemlos am Park an, meine Atmung war schnell, ich keuchte und rang verzweifelt Luft, kraftlos ließ ich mich in das nasse Gras fallen. Durch mein T-Shirt spürte ich das nasse Gras an meinem Rücken.Wie ich da so lag entspannte sich langsam meine Atmung. Irgendwie sah ich plötzlich alles verschwommen, wahrscheinlich lag es an den Tränen, ich weinte und konnte gar nicht mehr aufhören. Ich schloss die Augen und hoffte alles zu vergessen, was passiert war. Irgendwann machte es Klick bei mir. Mit einem Ruck setzte ich mich auf.
Das war nicht ich, das war nicht die starke Lou Rylers, die jedem zeigte wo es lang ging. Ich benahm mich wie eine andere Version, der eigentlichen Lou Rylers. Ich würde doch nicht weinen wegen einem bescheuerten Wixer, der meinte mir wehtun zu müssen. Stop! Er konnte mir doch eigentlich gar nicht wehtun, weil ich ja gar keine Gefühle für ihn hatte. Ja, wir hatten zweimal miteinander geschlafen und ja, ich hatte ihm mein Herz ausgeschüttet, aber das lag nur an dem Alkohol und an der Situation in der ich mich gestern befanden hatte. Ich fühlte nichts für ihn, das war gar nicht möglich, ich kannte ihn ja nichtmal richtig. Außerdem konnte ich mich gar nicht verlieben, das kann und durfte nie, niemals passieren. Liebe macht ein verletzbar, gefühlsduselig und vor allem zeigte man dadurch Schwäche. Das war das, was mir immer beigebracht wurde und nur wegen ein paar Frühlingsgefühlen würde ich nicht meine Prinzipien über Bord schmeißen. Nein, ich würde jetzt auf der Stelle wieder zur alten, kontrollierten, starken, unverwundbaren Lou werden.
Ich stand auf und lief zu meinem Auto, mittlerweile war es Nachmittags als ich einen Anruf erhielt. Ich saß gerade auf der Kausch, dass ich saß war vielleicht nicht das schlechteste. Am Telefon war mein Bruder, der mir, wie ich zu dem Zeitpunkt dachte, den Einlauf meines Lebens geben würde:,, LOU FUCKING RYLERS! WARUM kommst du seit ZWEI Tagen nicht zur Arbeit?! Wir brauchen dich hier und nenn mir einen guten Grund, warum ich jetzt nicht zu dir fahren und dich umbringen sollte?" Ich schluckte, so wütend hatte ich ihn noch nie erlebt. ,, Ich war beschäftigt, ich komme morgen wieder...", sagte ich, mit Erstaunen darüber wie fest und unbeeindruckt meine Stimme klang.
,,Morgen reicht nicht, du steigst heute Abend in den Flieger nach Los Angeles und besprichst dich dort mit unseren Geschäftspartnern aus Hong Kong! Oder ich reiß dir deinen kleinen, süßen Arsch auf.!"  Ich wagte es nicht zu widersprechen. Ich wollte noch etwas zum Abschied sagen, aber hatte schon aufgelegt. Ich zitterte, heute war wirklich nicht mein Tag.
Schnell packte ich meine Sachen zusammen und verließ meine Wohnung, stieg in meinen Wagen und fuhr zum nicht all zu weit entfernten Flughafen. Ich fluchte, als ich sah, dass es keine Parkplätze beim Parkhaus gab, es war keiner der großen Flughäfen, sondern ein kleiner, privater Flughafen, wo die Reichsten der Reichen ihre Privatjets hatten. Ich parkte also in der Tiefgarage und rollerte mit meinem Koffer die verlassene Unterführung zum Eingang des Flughafens entlang. Plötzlich torkelte ein Mann auf mich zu. Ich roch den starken Geruch nach Alkohol. Er war betrunken:,, Hey, Schlampe, was nimmst du für nen Blowjob?" Er sah mich auffordernd an. Zuerst beachtete ich ihn nicht weiter, doch dann stellte er sich mir in den Weg und griff nach meinem Arm, ich schlug seine Hand weg:,,Lass mich in Ruhe, Penner!", zischte ich. Er taumelte nach hinten. Doch ich hatte ihn unterschätzt, ehe ich mich ducken konnte, landete ein heftiger Schlag auf meinen Lippen, die Unterlippe platzte auf. Der Schlag war ganz schön gezielt gewesen, dafür das er betrunken war. Blut lief in meinen Mund, ich ließ meinen Koffer los, so nicht, dafür hatte er sich definitiv einen schlechte Tag ausgesucht.
Mit beachtlicher Kraft traf ich gezielt seinen Kopf, er fiel zu Boden. Blut rann aus einer Platzwunde am Boden, er blieb reglos liegen. Meine Knöchel waren verschmiert von seinem Blut und in meinem Mund machte sich der Geschmack von Eisen bemerkbar. Ich spuckte das Blut im meinem Mund vor ihn, als kleines Andenken. Mit aufgeplatzter Lippe und ohne zu gucken, ob der Typ noch lebte, griff ich nach meinem Koffer und lief meinen Weg weiter, als wäre nichts gewesen. Irgendwie war das gar nicht schlecht gewesen, so fühlte ich mich wieder, wie die alte Lou Rylers: gefühlskalt und unberechenbar.Ich genoss das Gefühl wieder ich zu seien kurz und eilte dann durch die kalte Nachluft weiter. Doch eine Frage blieb in meinem Kopf zurück: Gab es nur noch Idioten auf dieser Welt?
————————————————————————Das fünfte Kapitel schon, vielen Dank für die 60 Reads;)
Mal sehen, wie es weiter geht mit Lou. Viel Spaß beim Lese! :)

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