Nervensägen und zu viele Trinkspiele

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Das mir niemals eingefallen war, wie nervig andere Menschen sein konnten, lag bloß daran, dass meine Eltern ein großes Anwesen mitten in der Pampa besaßen. Dad war reich und Mum gab nun mal Geld aus, irgendein Ausgleich musste ja herrschen. Meine beiden Brüder waren bereits ausgezogen, als ich noch zur High School ging. Karl war bereits dreißig und hatte schon geheiratet und Jackson hatte ich seit längerer Zeit nicht mehr gesehen.

Mum und Dad waren alt, wirklich alt und sie hatten versucht aus uns vornehme, zivilisierte Menschen zu machen. Meine Brüder scheinen dies auch ziemlich gut angenommen zu haben, bei mir musste allerdings irgendetwas gewaltig schief gelaufen sein.

Ob es daran lag, dass ich ein Mädchen war?

Oder eher daran, dass ich ein Mädchen war und Kleider verabscheute?

Ich lag auf meiner schäbigen, alten Couch und dachte darüber nach, wieso ich eigendlich abgehauen war. Was eigendlich bei mir schief gelaufen war.

Und dann hörte ich es. Mitten unter der Woche und ich merkte, dass meine Eltern mir das wichtigste nicht beigebracht hatten.

Nachbarn waren und werden immer komplette Arschlöcher sein. Fynn wird immer ein komplettes Arschloch sein. Fynn's Freunde werden ebenfalls immer komplette Arschlöcher bleiben.Es gab einfach kein Entkommen.

Durch die Papierwände hallte der Bass so sehr, dass ich das Gefühl bekam, die Musik würde in meiner Küche laufen. Nur das mein Musikgeschmack definitiv besser war, als dieser Elektromüll auf der anderen Seite der Wand. Ich starrte zur Decke rauf und stellte mir diese eine Frage, die ich mir schon lange stellen sollte: Wieso war ich die einzige normale in diesem Gebäude? Wieso merkte niemand wie bescheuert es war an einem Montag Abend eine Feier zu schmeißen? Wieso war ich die jenige, die den Müll irgendwie beenden musste?

Ich setzte mich mit einem genervtem stöhnen auf und sah auf meine Handyuhr. Es war nicht mal elf. Ich legte das Handy wieder zur Seite und stand auf um in die Küche zu schlürfen. Stimmen im Flur, Gelächter. Ein seufzen meinerseits. Ich schlug meinen Kopf gegen die Küchentheke und verweilte einen Moment in dieser Position.

Wenn drüben eine Party in Gange war, hatte Fynn sicherlich nichts dagegen, wenn ich auftauchen würde, immerhin klang es nach vielen Leuten.

Ich würde mich so zierlich bewegen, da würden nicht einmal meine lilanen Haare auffallen. Mit einem Schnauben und einem leichtem Kopfschütteln löste ich mich von der Theke und spazierte durch meine leere Wohnung. Ob ich Fynn verklagen sollte? Immerhin störte er die Nachtruhe, er störte meine Nachtruhe. Es wäre was anderes, wenn ich wenigstens in meinem Schlafzimmer schlafen könnte. Ich blieb stehen und sah auf das Sofa. Es stand da, einsam und alleine, nahezu verlockend sich hinauf zu legen.

Obwohl es alt, schäbig und hässlich war, hatte ich mich schneller in es verliebt als ich es für möglich gehalten hatte. Lag vermutlich bloß an meiner Vorliebe für alles was alt war. Das erinnerte mich bloß daran, dass ich mein geliebtes Radio zurück gelassen hatte.

Mit einem Grummeln stellte ich mich an die Seite des Sofas und versuchte es Richtung Schlafzimmer zu schieben. Es bewegte sich wenige Millimeter und blieb dann bloß stehen, als würde es sich weigern in mein Schlafzimmer geschoben zu werden. Ich seufzte und ließ mich über die Lehne auf das Sofa fallen. Auf der anderen Seite der Wand schien die Party im vollen Gange zu sein. Draußen im Flur trampelten noch einige herum und desto länger ich so da lag und der schlechten Musik zuhörte, desto wütender wurde ich. Ich spürte schon wie mir der Dampf aus den Ohren stieg und genervt von meinem Leben und Fynn Dummheit, stand ich auf und sah an mir herunter, ich trug immer noch die Klamotten von heute Morgen und meine Schminke schien ebenfalls noch zu sitzen.

Friends in a roundabout wayWo Geschichten leben. Entdecke jetzt