1 - Der Flügelschlag eines Schmetterlings

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Ich fand ein Buch.

John und ich packten gerade unser Gepäck aus dem alten Ford. Die Sonne knallte erbarmungslos auf uns herab, sodass wir uns schnell aus dem Staub machten.
Im Haus herrschte Gott sei Dank eine angenehme Kühle.

"Ich habe mir das Haus älter und verstaubter vorgestellt.", gab John zu und öffnete eine Bierdose, welche er wieder irgendwo her gezaubert hatte.
Ich entschied mich, John nicht gleich anzumachen, weil er schon um diese Uhrzeit anfing, zu trinken.
Stattdessen richtete ich meinen Messy-Bun und machte ich mich daran, das alte Haus zu erkunden.

Ehrfürchtig betrat ich die Treppe, die zum zweiten Geschoss führte. Die dunklen, matten Holzstufen knarrten, sobald ich mein Gewicht auf sie verlagerte. Jeder einzelne klang anders als die vorige und ich fragte mich, ob man mit ihnen vielleicht sogar ein Lied zustande bringen könnte. Genug Zeit, dies auszuprobieren würde ich ja haben, sobald wir komplett eingezogen waren. In diesem Kaff eine Arbeit für mich zu finden hatte sich als Problem dargestellt. John hatte trotzdem darauf bestanden, dem aufwühlenden Stadtleben zu entkommen und in diese verschlafene Hafenstadt zu ziehen. Für ihn als Altenpfleger war die Gegend ja auch perfekt ...
Ich seufzte leise, traute mich aber nicht, John mit meinen Sorgen zu belasten, nachdem ich schon mein Ja gegeben hatte.

Oben im Treppenflur, dessen gelbe Wände mit einer Bordüre verblassten Blumenmusters auf Augenhöhe beklebt waren, fiel mir nach ein wenig Umsehen eine Klappe an der Decke ins Auge und ich freute mich. "Es gibt einen Dachboden, John! Da liegt bestimmt alles mögliche alte, super interessante Zeug drin rum!"
Er erschien beladen mit einem großen Karton in den Armen am unteren Ende der Treppe.
"Wenn das dich so brennend interessiert, dann guck doch nach, was du so findest.", schlug er schulterzuckend vor und verschwand wieder von meiner Bildfläche.
Er schien nicht gerade übermäßig angetan von alten Dachböden zu sein.
Sollte mich aber wenig kümmern.

Ich streckte mich nach dem Riegel der alten Luke und öffnete diese.

Eine Leiter klappte ruckartig auf, sobald ich alles entriegelt hatte. Mit ihr zusammen puffte eine riesige Staubwolke auf mich herab.
Hustend flüchtete ich zurück auf die Treppe und kam erst wieder, als sich der Staub größtenteils gelegt hatte.

Mit den glänzenden Augen eines Kindes erklomm ich nun die Leiter und fand mich im nächsten Augenblick in einem Chaos von Antiquitäten wieder. Mein Entdecker-Herz sprang mir fast aus der Brust.
Ich tänzelte zwischen den Stapeln von Dingen herum, bedacht, nur auf die stabilen Holzbalken zu treten.
Ein paar Mäuse verschwanden verschreckt unter einem alten Blumentopf.
Hier oben war es stickig warm und gedämpftes Licht fiel durch ein kleines Dachfenster.
Ich strich mit meiner Hand über einen verschmutzten Spiegel. Dann fiel mein Blick auf ein altes Grammophon. Und letztendlich fing eine verstaubte schwarze Kiste meine Aufmerksamkeit.
Bedächtig trat ich näher, hob ihren Deckel an und fand eine Sammlung von Antiquitäten aller Form und Farbe im Innern des Kantons.
Unter Puppen und verblassten Postern, die teils schon auseinander fledderten, als ich sie anhob, kramte ich ein Buch hervor.
Es war leicht eingeschlagen und nicht sehr dick. Als ich den Einband mit meinem Ärmel sauber wischte, erschien der Titel.

BTS - Die Weltstars

Ich runzelte die Stirn.
Das sagte mir rein gar nichts, obwohl ich doch so eine Leseratte war.
Ich suchte nach einem Autor, aber es war keiner vermerkt.
Verwundert wollte ich das Buch aufschlagen, aber bevor ich dazu kam, rief John mich von unten zu sich, ich solle ihm gefälligst helfen kommen, der Dachboden sei später auch noch da.
Ich seufzte und nahm das Buch einfach mit nach unten, um es nachher genauer unter die Lupe nehmen zu können.

Die ganze Zeit über - als ich die Klappe des Dachbodens schloss, die Treppe nach unten hopste und bei John zum Dienst antrat - konnte ich nicht aufhören, darüber nachzudenken.
Wenn BTS Weltstars waren, müsste ich man doch eigentlich schon mal von ihnen gehört haben, oder? Lebte ich momentan schon ganz hinter dem Mond?

ƒօɾցօԵԵҽղ | втѕWhere stories live. Discover now