99 - Niederkrachende Gerüste

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"Auf die Straße, schnell!", kreischte ich. 

Die anderen sprangen sofort herunter vom Bürgersteig. Nur wenige Sekunden später rutschte ein Brett von dem Gerüst, stürzte herunter und riss dabei die halbe Konstruktion mit sich. 

Der Aufprall des Holzes und Metalls auf dem Boden krachte so laut, dass ich meine Fingernägel in Layans Arm krallte. Wir alle zuckten zusammen und stellten uns instinktiv vor, was gewesen wäre, wenn wir noch dort gestanden hätten. Juzu neben uns atmete schwer unter ihrem Mund-Nasen-Schutz, den sie noch immer zur Tarnung tragen musste.

Jimin fluchte und V wuschelte sich mit vor Schreck geweiteten Augen durch die Haare. J-Hope umarmte seine Freundin schweigend, als er bemerkte, wie sehr sie diese überaus knappe Flucht verstört hatte. 

Erst das Hupen eines Autos, dessen Weg wir versperrten, unterbrach unsere Schockstarre. Jungkook drückte uns zu Seite, sodass das Auto vorbeifahren konnte. Wir standen nun wieder auf dem Bürgersteig knapp hinter dem Chaos an Brettern und Metallstreben, die gerade eben zu Boden gescheppert waren. 

Selbst Frieda zitterte unübersehbar und schien mit sich selbst genug beschäftigt zu sein, als dass man sie jetzt hätte ansprechen können. 

Jin schlug mit der Faust gegen die Hauswand neben ihm. "Das habt ihr von euren unnötigen Risiken.", tadelte er uns mit toternstem Blick. 

"Wir sind ja nicht gestorben.", erwiderte Jimin trocken. "Wir waren aber kurz davor.", feuerte Jin zurück, "Und ich weiß ja nicht, wie seelisch kaputt du bist, aber zumindest ich verspüre noch keine große Lust, jetzt schon ins Gras zu beißen, weißt du?" "Ich bin nicht seelisch kaputt!", zischte Jimin sichtlich angegriffen. "So, wie du dich in letzter Zeit benimmst und bei den Massen Zigaretten, die du in dich hinein inhalierst?" Jin lachte heiser. "Jetzt ist keine Zeit, sich über so etwas dummes zu streiten, ihr beiden!", sprang Frieda dazwischen, ihre Stimme klang jedoch weitaus weniger bestimmt als normalerweise. "Tut mir leid, dass dein neuer Romeo nicht mehr alle Tassen im Schrank hat und gerne unter Holzbrettern begraben werden will." Jins Nerven waren eindeutig durchgebrannt, das war uns jetzt allen klar wie Kloßbrühe, sogar nich klarer. Eher destilliertes Wasser. Jin machte mir schon leichte Angst in diesem Moment. 

"Tut mir leid, dass ich mir nicht so leicht gefallen ist, BTS zu vergessen und mir ein neues Leben aufzubauen. Du kleines Muttersöhnchen, dir war das doch eh alles relativ egal an sich. Hauptsache, du hast gutes Geld gemacht und wurdest als Worldwide Handsome verehrt!" Jimin war nun auch auf der Palme. Nachdem er das Jin so ins Gesicht gepfeffert hatte, spuckte er nur auf den Boden, drehte sich auf der Stelle um und stolzierte zurück in Richtung Hotel. 

Wir blieben alle schweigend zurück. Schweigend und unentschlossener denn je. "Jetzt hau doch nicht ab, du Memme!", rief ein aufgebrachter Jimin seinem älteren Kollegen hinterher, der sich aber nicht noch einmal umdrehte oder anderwaltig innehielt.
"Ich ... ich glaube, ich habe meinen Appetit auch verloren.", murmelte J-Hope und zog Juzu, die immer noch bleicher als ein Blatt Papier war, vorsichtig hinter sich her. Suga seufzte, murmelte Frieda ein paar Worte zu und drehte sich mit Händen in den Taschen seiner dunkelgrauen zerschlissenen Jeans wieder um, um ebenfalls zum Hotel zurückzukehren.
Als V und Bernd es ihm gleich taten, drehte sich Layan ebenfalls zum Gehen. Ich hielt sie an der Hand zurück. "Ich habe aber echt Hunger, weißt du.", informierte ich sie. Mein knurrender Bauch bestätigte meine Aussage. Layan sah ein wenig panisch zwischen V und mir hin und her. Sie schien auch irgendwie neben sich zu stehen. "Aber vielleicht solltest du im Hotel ein bisschen Karten mit den beiden spielen." Ich nickte leicht zu Taehyung und Bernd herüber. Layan lächelte dankend, nachdem mein Magen noch einmal lautstark gurgelte und ich sie in Richtung der beiden Männer schob.

Jimin fluchte, kickte einen Stein über den Bürgersteig und stapfte in die entgegengesetzte Richtung. "Jimin! Warte! Park Jimin!" Damit stolperte auch Frieda davon. Jetzt waren es nur noch RM, Jungkook und ich.
"Ich will aber nicht zurück zu dem ollen Buffettfraß", quengelte ich leise. RM feixte leicht, wurde aber gleich wieder ernst und schüttelte einfach den Kopf über mich.
"Und du willst jetzt also zu dritt in das Restaurant? Wer weiß, was sie noch geplant haben. Wir sollten besser alle zusammen bleiben, meinst du nicht?"
"Ja", seufzte ich, "Wer weiß. Niemand versteht sie. Aber ich weiß, dass ich gleich mit hoher Wahrscheinlichkeit verhungerte, wenn es so weitergeht."
"Also was jetzt?" Jungkook sah zwar immer noch sehr mitgenommen aus, stelle sich mir aber in den Weg.
"... MCes?", nuschelte ich, nervös, ob diese alltäglich normale Frage gerade unangebracht war.
Aber RM schüttelte den Kopf und umarmte mich mit den Worten, ich solle mit Kookie gehen, er selbst mochte des Essen dort sowieso nicht so gerne.
"O-ok", säuselte ich als Antwort. Und viel zu kurz darauf war ich allein mit Jeon Jungkook Justin Seagull Golden Maknae höchstpersönlich. Neben uns lagen immer noch die Überreste des zusammengestürtzen Gerüstes, was die Atmosphäre umso mehr anspannte.
"Wollen wir dann mal gehen?", erkundigte er sich und hörte sich deutlich weniger bestimmt als sonst an. Mein Magen knurrte demonstrativ.
"Ich nehme das mal als ein Ja." Er grinste schief, irgendwie erzwungen, aber trotzdem unendlich süß. Ich lachte heiser und wollte am liebsten im Boden versinken. Jungkook allerdings nahm einfach sein Handy heraus und öffnete Google Maps, um uns schnellstmöglich zum nächstgelegenen Fast Food Restaurant navigieren zu können.

-

Ich ging neben Jungkook her. Neben ihm fühlte ich mich klein, richtig klein. Er schaute stur nach vorne, irgendwie gedankenversuchen aber doch aufmerksamer als ein Adler auf der Jagd. Dabei waren wir ja eigentlich in unserem Falle die Gejagten, weshalb ich diesen Verglich gleich wieder stirnrunzelnd verwarf. Ich war einfach durch den Wind. Das musste es sein..
Und da bogen wir auch schon um die Ecke und eine herbstliche Böe begrüßte uns. Aber auch der Mc Donalds, den wir endlich erreicht hatten, blinkte uns mit seinen typischen Farben entgegen, die jeder Bautyp der Fast Food Kette aufwies.

Jungkook öffnete mir die Tür wie richtiger ein Gentleman und ich konnte nicht anders, als in mich hinein zu grinsen. Egal, was heute oder in letzter Zeit passiert war, Jungkook blieb für mich immer Jungkook.
"Idiot.", murmelte ich, als ich an ihm vorbei in die stickige Wärme des Hauses glitt.

Wortzähler: 1033 Wörter
Don't kill me wenn irgendetwas seltsam ist, ich habe dieses Kapitel gefühlt im Halbschlaf geschrieben huch
Das Kapitel ist gewidmet an BlackOrchiedee
Hab dich lieb <3333

ƒօɾցօԵԵҽղ | втѕWhere stories live. Discover now