Teil 26

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Das Geräusch eines sich im Schloss herumdrehenden Schlüssels weckte mich aus meinem Dösen. Sofort sprang ich auf und rannte zur Tür.
Kaum sah ich Ella durch den Türspalt huschen, fiel ich ihr auch schon um die Arme. Sie war ein ganzes Stück größer als ich, doch mein Kopf schmiegte sich perfekt in ihre Halsbeuge.
Wir standen ein paar Sekunden einfach nur schweigend so da, genossen die ersehnte Nähe des jeweils anderen.
Irgendwann ließ ich sie wieder los, sodass sie erstmal die Tür hinter sich schließen konnte.
„Hey", sagte ich mit einem fetten Grinsen im Gesicht.
„Hi, schön das du da bist. Ich freue mich wirklich dich endlich wieder zu sehen."
Sie legte ihre Tasche ab, schmiss die Schuhe zu all den anderen und öffnete zu aller erst zwei Flaschen Bier. Klirrend stießen wir an und aus irgendeinem Grund fingen wir beide gleichzeitig an zu lachen.
Es überraschte mich immer, dass wir doch eine so enge Verbindung zueinander hatten, obwohl wir naja nicht gerade nah beieinander wohnten.
„Ich hab gedacht wir machen den Nudel-Brokkoli-Auflauf, den du so gerne magst, wenn das okay ist", sagte sie und grinste mir zu.
Als wir fertig waren mit vorbereiten und der Auflauf im Ofen vor sich hin backte, setzten wir uns an den Tisch gegenüber und unterhielten uns, als wären wir auf einem Date - nur viel lustiger.
Bis mein Handy klingelte.
‚Wincent' blinkte es auf.
Schnell drehte ich es um.
„Mell!", sagte Ella empört. „Warum gehst du denn nicht ran? Das war doch Wincent!"
Sie klang verwirrt. Kein Wunder, wer ging schon nicht ans Telefon, wenn der Schwarm anrief? Nur dass Wincent nun mal nicht mehr so wirklich mein Schwarm war...
„Keine Lust, mit ihm zu reden", murmelte ich nur.
Ella schaute mich fragend an. Wie konnte ich glauben, sie würde nichts bemerken, wenn etwas nicht in Ordnung war.
„Och ja, ich hab nen Korb bekommen", stöhnte ich auf.
„Tell me everything", meinte sie nur, ohne eine Miene zu verziehen.
Ich seufzte und überlegte, wie ich das alles möglichst kurz zusammenfassen könnte.
„Freitag Abend waren wir halt beide auf ner Party eingeladen. Und wir haben ziemlich viel Zeit zu zweit verbracht. Und von dem davor hab ich dir ja schon alles erzählt. Ja und ich dachte halt wenn nicht jetzt wann dann. Wenn ich sechs Wochen hier bin ist es zu spät."
Ich stoppte für einen kurzen Moment und atmete tief durch. Das alles noch einmal Revue passieren zu lassen, bereitete mir Gänsehaut.
„Aber er meinte halt, dass er das zwischen uns nur freundschaftlich sieht. Nie im Leben hätte ich damit gerechnet. Ich meine wir haben uns zwei Mal geküsst, wir haben eine Nacht zusammen verbracht, wir waren fast zusammen im Bett. Wie kann ein Mensch dann noch sagen, dass das alles nur freundschaftlich ist?" Ich redete mich immer mehr in Rage.
All das rauszuschreien tat unglaublich gut. Ich war so sauer.
„Ich weiß es nicht", murmelte Ella und verzog grübelnd das Gesicht. „Wie kann jemand dich nicht wollen? Das tut mir sehr Leid mein Schatz, ich hätte es dir so gegönnt und ich verstehe nicht, warum es so gekommen ist."
Eine Träne kullerte alleine aus meinem Augenwinkel. Schnell wischte ich sie weg, doch Ella hatte sie bereits gesehen.
„Komm wir essen jetzt erstmal", sagte sie und stand voller Energie auf, um den Auflauf aus dem Ofen zu holen.
„Und wenn es dann nicht besser ist, gehen wir feiern und saufen bis du alles vergessen hast. Ist das kein Plan?"

asystoliaWhere stories live. Discover now