1. Kapitel

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"Und? Doch nicht so schlimm?" Anna stieß mir ihren Ellenbogen unsanfter als beabsichtigt in die Seite.
Sie wankte ein bisschen und mir fiel das Glühen in ihrem Gesicht auf, dass schon sehr nahe an den Ton ihrer leuchtend roten Haare reichte. Ich grinste.
"Uuund, du bist doch schon rabendicht Schnucki".
Sie verfiel in Kichern und nickte mit einem schrägen Grinsen im Gesicht. Ich lächelte sie liebevoll an.
Anna war ganz anders als ich, ich bewunderte sie immer wieder für ihre lockere, furchtlose Art. Sie dachte nicht nach, sie tat einfach wonach ihr der Sinn stand. Das war es, was ich an unserer Freundschaft so schätzte. Sie war die einzige meiner Freundinnen die mich hierzu hatte überreden können.
Ich nahm ihren Arm um sie zu stützen und beschloss ein wenig aufzuholen. Suchend ließ ich meinen Blick durch die Menge der Jugendlichen schweifen. Wo hatte sie nur das Bier her? Ich sah auf den Plastikbecher in ihrer Hand. Es war nur noch der letzte Spuckschluck übrig.

Das war mein erstes Konzert, zählte man mal den Kinderchor, zu dem mich meine Mutter damals geschleppt hatte nicht hinzu. Es war laut, es war aggressiv, es war erhebend. Auf meiner inneren Liste schrieb ich Metal nun auf die Seite der Dinge die ich mochte.
Die Musik dröhnte von der Bühne und einige Deppen hatte schon den Pogo(1) eröffnet. Die Menge, ganz in schwarz gekleidet, zerwühlte sich und schwankte als stünde sie auf einem Schiff bei schwerem Seegang. Hin und wieder verlor jemand das Gleichgewicht und wurde sogleich von vielen Armen wieder auf die Beine gehievt. Ich rollte mit den Augen und wischte mir den verschwitzen, blonden Pony zurück. Meine Haare trug ich auf Annas Anraten heute offen. Ein Fehler wie ich nun feststellte. Es war heiß. Die Körper, der Masse in Bewegung, gaben eine unangenehme Wärme ab. Der Geruch von Bier und schwitzenden Körpern wehte in Wellen in mein Gesicht und ich beschloss definitiv zu nüchtern zu sein um so viel jugendlichem Testosteron entgegen zu treten.
Wenn ich eins von den Partys meines Cousins gelernt hatte, dann dass man Betrunkene nur sehr schwer nüchtern ertrug.
Anna gurgelte glückselig in ihren Becher und ich entdeckte endlich die Theke. Eigentlich war es kaum eine Theke zu nennen, der Aufbau bestand nur aus jeweils zwei gestapelten Bierkästen und einem Holzbrett darüber. Dahinter standen einige emsig beschäftigte Gestalten die mit der Ausgabe und dem Kassieren beschäftigt waren.
Ich beobachtete sie einen Moment in ihrem Tun, nahm die fröhlich kichernde Anna entschlossen fester am Arm und zog sie durch die Menge.
Es waren überwiegend Jungs anwesend und die wenigen weiblichen Besucher die ich ausmachen konnte, waren auf Grund ihrer ebenfalls.. imposanten.. Erscheinung nur schwer auszumachen. Aber welches Publikum war schon von einem Konzert das den Titel "Barbarian Savage Fest" auf den Flyer druckte zu erwarten.
Anna und ich drängelten uns mit unseren zierlichen Körpern nahezu mühelos durch das Publikum. Vor der Schlange am Getränkestand blieben wir schließlich stehen.
"Ich will auch noch was trinken!" forderte Anna und hielt mir ihren leeren Becher unter die Nase. Sie versuchte mich unschuldig bittend anzusehen und zog dabei eine etwas theatralische Schnute.
Ich schüttelte den Kopf und löste ihr grinsend den Becher aus der Hand. "Ähm, was hälst du davon, wenn du dich jetzt etwas zurück hälst? Am Ende fällst du noch einem wie dem da zum Opfer" ich wies auf einen bulligen Typen mit braunen verschwitzen Haaren, der in Schaufelradbagger-manier, ein großgewachsenes Mädchen mit langen geflochtenen Zöpfen zu beeindrucken versuchte. "Niemals die Deckung vernachlässigen! Das wär heute fatal." Ich schob mich an einem Jungen vorbei der mir einen verächtlichen Blick zuwarf und erreichte endlich mein Ziel. "Ein Bier bitte!" schrie ich den jungen Mann an der mit dem Rücken zu mir gerade einen neuen Bierkasten hinter die Theke stellte.
"Klar doch!" brüllte er sich umdrehend zurück. Mir wurde schlagartig bewusst, dass die Band in jenem Moment zu spielen aufgehört hatte, als ich entgegen der Musik meine Bestellung schrie. Ich lief purpurrot an und bemerkte erst jetzt den Jungen richtig der mir nun schelmisch grinsend den gefüllten Becher hinhielt.
Der Junge war großgewachsen, hatte ein Gesicht wie von Engeln geschnitzt, braune wuschelige Haare und die schönsten grünen Augen die mich je ungeduldig angestarrt hatten. "Willst dus oder nicht?" fragte er den Becher leicht schwenkend und mir wurde bewusst, dass ich irgendetwas tun musste. Schnell schnappte ich mir den Becher und kramte in der Tasche meines Rockes nach dem passenden Geld.
Ich drückte es ihm in die Hand und murmelte "Jo, danke" und drehte mich auf dem Absatz um.
Einen Moment stand ich noch verdattert mit dem Becher in der Hand an Ort und Stelle, um dann langsam wieder in die irdische Welt zu gelangen, die ich eben mir nichts dir nichts verlassen hatte.
Als almählich auch wieder die Musik lauter in den Ohren dröhnte, verließ mich auch die Röte und ich sah mich um.
Erst jetzt bemerkte ich, dass sich Anna aus dem Staub gemacht hatte. Ich seufzte und machte mich auf die Suche nach meiner rot-zöpfigen, betrunkenen Freundin. Ich fand sie schließlich vor dem Saal an der Straße, schwankend angelehnt an einen blonden Jungen der ganz hingerissen schien. Sein freundliches Gesicht hing vertäumt an ihren Lippen, augenscheinlich konnte er sein Glück kaum Fassen ein so schönes Mädchen an einem solchen Ort zu treffen.
Im Näherkommen hörte ich sie etwas von dem Verhältnis von Schnee zu Eis beim Skifahren plappern.
Soweit ich wusste, war Anna in ihrem ganzen Leben noch nie im Skiurlaub gewesen. Dass sie nur Nonsens von sich gab schien aber den blonden Jungen nicht zu stören.
"Da bist du ja!" begrüßte ich sie und wandte mich dann an den Jungen der mich etwas irritiert musterte.
"Hey, ich bin Astrid" stellte ich mich vor und musterte ihn ebenso kritisch wie er mich. "Ähm. Ja. Kristoff" stellte er sich vor und heftete seinen Blick wieder auf Anna.
Diese warf mir einen "Bitte!Bitte!Bitte!"- Blick zu und schob mich ein bisschen außer Hörweite. "Ich bin verliebt!" Flötete sie mir ins Ohr und strahlte mich dann wie ein Honigkuchenpferd an.
Ich schüttelte entsetzt den Kopf. "Das ist doch nicht dein Ernst! Du hast den Kerl eben kennengelernt. Ihr kennt euch wie lange? 5 Minuten? Man kann sich doch nicht in 5 Minuten verlieben!"
Ich beugte mich ein bisschen zur Seite und warf noch einen Blick auf Kristoff der mir ebenfalls einen nahezu flehenden Blick zuwarf. Ich musste lachen. Der Typ sah wirklich zu lieb aus, als dass ich große Sorgen um sie haben müsste.
"Na schön. Tu nichts was ich nicht auch tun würde. Und falls doch.. verhüte wenigstens."
Ich nahm ihr das Handy aus der Tasche und kontrollierte den Akkustand. Danach drückte ich es ihr in die Hand und zwinkerte" Trink trotzdem lieber nichts mehr, du verträgst das nicht so gut."

(1), Pogo- Tanz bei dem man sich anrempelt, mit den Schultern ineinander kracht.
Man tanzt nicht mit der Absicht andere zu verletzen. Je nach Zusammensetzung der Gruppe bleibt das aber meist nicht aus. Eskalation als Tanz. Ist sehr befreiend ;)

Hiccstrid FanficTempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang