Kapitel 46

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Ich schlug meine Augen auf und blickte mich hektisch um. Das Zimmer in dem ich lag kam mir bekannt vor. Zwei Sekunden später wusste ich auch, wieso. Es war mein Zimmer. Also mein wirkliches Zimmer. Zuerst spürte ich Freude, aber dann verschwand dieses Gefühl. Ich war wieder beim FBI. Was war geschehen? Und wo waren die anderen? Ich musste mit Jack und Mr. Y oder Mr. X reden. Am besten mit beiden.

Ich richtete mich langsam auf und fiel fast augenblicklich wieder zurück in mein Kissen. Der Schmerz, der in meinem Kopf aufgetaucht war, war unerträglich. Ich betastete vorsichtig meinen Kopf und zuckte zusammen. Da schien eine Platzwunde zu sein. Aber das war unwichtig. Ich musste zu Mr. X oder Mr. Y. Ich versuchte nochmal mich aufzusetzen, dieses Mal langsamer und schaffte es auch. Wenig später öffnete ich meine Tür und lugte heraus. Niemand in Sicht. Kein Wunder, denn mit einem Blick auf die Uhr stellte ich fest, dass es mitten in der Nacht war. Auf dem Hof musste ich mich kurz umorientierung, denn das Büro meines Schulleiters lag etwas anders, als auf dem CIA-Gelände. Langsam stakste ich über den Hof und klopfte nach einer halben Ewigkeit an die Tür. Drinnen hörte ich schon gedämpfte Stimmen.

"Herein.", sagte zwei Stimmen gleichzeitig. "Entschuldige.", sagte eine der Stimmen, "ich vergaß, dass es dein Büro ist!" Wieso dutzden sich Mr. X und Mr. Y ? Ich dachte nicht weiter darüber nach und trat ein. Jack saß in einer Ecke auf dem Sofa, aufdem damals, als Mr. X mich zum CIA abbeordert hatte, Hr. Mahn und Fr. Möller gesessen hatten. Er sah müde aus. Kein Wunder, denn es war nachts und er hatte einen langen Tag hinter sich.

"Maglen. Willkommen zurück.", begrüßte Mr. X mich und sah mich ausdruckslos an. Seine Stimme hatte einen leicht säuerlichen Unterton und ich fühlte mich sofort unwohl in dem Zimmer. Mr. Y kam auf mich und schüttelte mir die Hand. "Maglen! Schön dich wieder bei uns zu haben. Du warst eine ganze Weile weg, aber wir dachten, dass ich und Jack hier warten, bis du wieder wach bist. Uns war klar, dass du bestimmt gleich mit uns sprechen willst.", sagte er freundlich. Ich sah unsicher von ihm zu Mr. X, der uns beide finster ansah und dann wanderte mein Blick zu Jack. "Hi.", sagte ich vorsichtig und hob meine Hand zum Gruß. Er starrte stur geradeaus. Noch einer, der anscheinend wütend war.

"Setz dich doch.", bot Mr. Y mir an und deutete auf den Platz neben Jack. Ich sah zu unwillkürlich zu Mr. X hinüber, schließlich befand ich mich in seinem Büro. Er nickt mir zu und ich setzte mich ein gutes Stück weg von Jack auf das Sofa. Ich ließ meine Hände unsicher in meinen -wie ich feststellen musste- Schlafanzugärmeln verschwinden. Anscheinend hatte mich jemand umgezogen und ich geisterte wie ein Geist nachts auf dem Kampus herum. Wie peinlich! Hoffentlich hatte das niemand gesehen.

"Also Maglen, stimmt es, dass du Kontakt zum FBI aufgenommen hast, um ihnen geheime Informationen über die Supermärkte zu übermitteln?", fragte mich Mr. Y, der mir gegenüber Platz genommen und seine Hände gefaltete hatte.

Ich schüttelte sofort den Kopf. "Natürlich nicht. Ich habe mich da vollkommen rausgehalten!", sagte ich verärgert. War klar, dass Jack so etwas behauptete, anstatt sich auf meine Worte zu verlassen.

"Und stimmt es, dass du dem CIA Standorte der Supermärkte des FBIs verraten hast?", fragte Mr. Y erneut und wieder schüttelte ich schnell den Kopf. Das war wohl Alexs Werk. "Nein, das stimmt nicht. Ich habe ein paar mal Überwachungsdienste mit Jack und Harry durchgeführt, aber weiter nichts. Ich habe auch dem CIA nichts verraten. Da  würde ich mir doch ein Eigentor schießen!", erklärte ich, um einen neutralen Tonfall bemüht. Mr. X kam auf die Sofas zu. "Dann erkläre uns doch bitte, was du denn dann in dem Supermarkt gemacht hast?", forderte er mich auf und sah mich aus seinen Augen dunkel an. Er war wohl sehr wütend auf mich. Ich schluckte.

"Ich habe einen Verdächtigen aus dem Netzwerk verfolgt und bin zufällig dort gelandet. Jack und ich hatten die Vermutung, dass etwas nicht stimmt, weshalb wir beschlossen die Kunden zu observieren.", sagte ich und sah zu Jack hinüber, der mich mit verschränkten Armen ansah. "Und warum seid ihr mit diesem äußert gefährlich Verdacht nicht sofort zu uns gekommen?", donnerte Mr. X mit einschüchternder Stimme und ich zog unbewusst meine Kopf ein.

"Weil es nicht sicher war und wir nicht aus einer Mücke einen Elefanten machen wollten.", sagte ich und starrte nun meinerseits wütend zu Jack. Er konnte mir ruhig mal helfen den beiden das ganze Fiasko zu erklären. Er machte aber keine Anstalten dazu.

"Man könnte meinen, dass du nach der Sache nichts gelernt hast!", schimpfte Mr. X und ich zuckte zusammen. Das war gemein. Immer beurteilten mich die Lehrer danach, wenn etwas nicht nach Plan lief. "Das habe ich daraus gelernt.", zischte ich mit zusamnengebissenen Zähnen. Mr. Xs Faust donnerte auf den Tisch. "Dreh hier nicht den Spieß um, Maglen!", sagte er wütend. Mr. Y legte Mr. X beruhigend eine Hand auf die Schulter und murmelte ihm etwas zu. Mr. X nickte.

"Tut uns leid euch zu sagen, dass unsere Erwartungen in euch zu hoch waren. Ihr seid raus!", sagte Mr. X dann ruhig und gefasst. Fassungslos starrten Jack und ich ihn an. Endlich meldete sich auch Jack zu Wort, allerdings nicht zu meine Gunsten, wie ich wütend feststellte. "Nur weil Maglen einen Fehler gemacht hat wollen Sie mich bestrafen?", fragte er. Mr. Y wollte antworten, aber ich war schneller. "Ich habe einen Fehler gemacht? Ich? Du hättest mir die Wahrheit sagen müssen! Von wegen du gehst einer Spur nach! Wenn du mir das mit dem Supermarkt gesagt hättest, dann hätte ich mich von allen ferngehalten!", rief ich enttäuscht.

"Ach ja? Weil du auch immer die Wahrheit sagst hm?", schoss er zurück. Ich starrte ihn böse an. "Wann habe ich nicht die Wahrheit gesagt?", fragte ich leise. "Du hast mir verheimlicht, dass du in meinem Zimmer warst!", fauchte Jack mich wütend an. Wie hatte er das denn herausgefunden? Warum hatte er nichts gesagt? "Ach? Dazu fällt dir nichts mehr ein!", sagte Jack bitter. "Warum hast du mich nicht darauf angesprochen?", fragte ich ungläubig. Das hätte ich jedenfalls getan. "Du hättest es doch nicht zugegeben!"

"Oh doch! Ich wollte nur wissen, was du mit dem Kommentar zu deiner Familie gemeint hattest! Ich dachte, ich könnte dir vielleicht helfen, schließlich waren...sind wir Freunde...oder wenigsten Kollegen.", erklärte ich verzweifelt.

Jack lachte bitter auf. "Wenn du mir wirklich hättest helfen wollen, dann hättest du mich so gefragt!", sagte er ohne eine Regung in der Stimme und wandte sich ab. Die ganze Unterhaltung verletzte ihn anscheinend genauso viel wie mich.

Mr. Y räusperte sich:" Seht ihr? Deshalb überlassen wir den Fall jetzt den Profis.", erklärte er uns. "Den Profis? Sie haben uns gesagt, dass schon einige voll ausgebildete Agenten draufgegangen sind.", höhnte ich. "Das steht nicht zur Diskussion, Maglen. Ihr seid abgezogen. Es wäre ohnehin viel zu gefährlich für euch geworden!"

Ich sagte nichts mehr. Seine Ansage war deutlich genug. Wir waren gescheitert. Schon wieder. Wahrscheinlich würde ich jetzt nie mehr auf einen Einsatz können. Zwei Fehlschläge hintereinander waren vermutlich einer zu viel.

"Komm Jack, lass uns zum CIA fahren und du Maglen, gehst besser ins Bett zurück. Zu viel Aufregung tut deinem Kopf bestimmt nicht gut.", sagte Mr. Y und sein Tonfall duldete keinen Widerspruch, sodass Jack und ich umgehend aufstanden und mit ihm Mr. Xs Büro verließen. Er sah nachdenklich an die Wand und antwortete nicht auf Jacks und meinen Abschiedsgruß.

Mir machte das auch nichts mehr aus. Das Gefühl, ein Versager zu sein hatte auf einen Schlag alle Kraft aus mir gezogen und ich trottete nur noch Müde hinter Mr. Y her zurück über den Hof zu meinem Zimmer. Ohne ein Abschiedswort zu Jack oder Mr. Y ging ich in das Gebäude. Auch sie sagten nichts.

Young Spys: Auge in AugeWhere stories live. Discover now