Kapitel 6

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Diesmal begegnete ich auf den Fluren keiner Menschenseele. Das war typisch, denn um diese Zeit waren alle auf ihren Zimmern und machten Hausaufgaben. Ich ging die völlig weißen Fluren entlang und klopfte an Janas Zimmertür. "Herein", sagte eine Stimme und ich öffnete die Tür und trat ein. Jana lag auf dem Bett und eine Krankenschwester war bei ihr. "Hallo Miss, ich bin sofort weg. Ihre Freundin muss nur noch ihre Tabletten nehmen.", begrüßte sie mich. Jana verzog das Gesicht bei dem Wort Tabletten, schluckte sie jedoch tapfer hinunter. Die Krankenschwester verließ das Zimmer und ließ uns alleine. "Hey, na wie geht's dir?", fragte ich Jana. Jana lächelte gequält: "Naja, null auslauf, von morgens bis abends irgendwelche Arzttermine und Krankengymnastik, du weißt ja wie das ist." Sie seufzte und verdrehte die Augen, um mich danach wieder anzugrinsen. "Und gibt es irgendwas interessantes? Ich kriege hier GAR NICHTS mit.", wollte sie wissen. "Och....Mr. Smith lässt uns einen Test nach dem Anderen schreiben. Die meisten lernen die ganze Zeit. Der hat echt nerven! Als ob wir nichts anderes zu tun hätten. Und die doofe Marianne hat deswegen einen Nervenkollaps gehabt, angeblich hat Smitti sie mit einem nassen Schwamm abgeworfen, aber das ist nur ein Gerücht. Sie war danach drei Tage nicht im Unterricht.", berichtete ich ihr. Sie lachte laut los und ich stimmte mit ein. Wir mochten Marianne nicht besonderst. "Diese Zimtzicke. Das die sich mal mit Smitti in die Haare kriegt. Echt neee!", japste Jana vor lachen. Allmählich beruhigten wir uns wieder. "Sonst noch was?", wollte sie wissen. Ich schüttelte den Kopf und übergab ihr die Hausaufgaben. In Waffenkunde eine Beschreibung von einem futuristischen Lasergewehr, dessen Herstellung erst in Jahrzehnten erfolgen würde (keine Ahnung wofür wir so etwas brauchen!), in Spionage die Aufgaben 1-5 im Buch zu dem Thema Gefangenschaft und Feindalarm und in Englisch einen Text lesen und verstehen. Ja, bei uns gibt es auch alltägliche, langweilige Fächer, wie Mathe, Deutsch, Englisch, Latein und Französich, usw. dafür wurden allerdings Musik, Reli und Kunst vom Stundenplan gestrichen, damit Fächer wie Waffenkunde, Spionage und Kampfunterricht Platz im Stundenplan hatten. Diese Fächer kann man als Ausgleich, wenn man will in einem Halbjahreskurs besuchen. Ich habe letztes Halbjahr Musik gewählt, aber dieses Halbjahr hatte ich kein Wahlfach.

Eine Weile saßen Jana und ich schweigend am Bett. Ich begutachtete ihren Gips, auf dem schon alle möglichen Leute unterschrieben hatten und sie starrte Löcher in die Luft. "Ähm....Maglen, ich muss dir was sagen.", began sie und bei mir schrillten sämtliche Alarmglocken. Sie hatte mich Maglen genannt, sonst sprach sie mich immer mit Mags an, kein gutes Zeichen. Instinktiv wusste ich, dass das, was jetzt kommen würde mir nicht gefallen würde. Ich schluckte: "Ok...dann schieß mal los." Die fröhliche Stimmung von vorhin war verflogen. "Ich ähm...also", sie stotterte und brach ab. Ich sah, wie sich ihre Augen mit Tränen füllten und wollte sie umarmen, aber da redete sie schon weiter: "Mein Unfall war total schwer. Das wusstet du ja bereits. Der Doktor hat gesagt, dass ich bald wieder Sport machen kann und besser laufen kann, aber vor ungefähr einer Woche hat sich etwas entzündet.", sie schluckte wieder, "es ist ungewiss, wann ich wieder durch die Gegend laufen kann und noch ungewisser, wann ich wieder Sport machen darf, aber am ungewissensten ist, wann und ob ich wieder auf einen Einsatz darf." Ich starrte sie an, dann sagte ich: "Hey, das wird schon wieder. Das kann doch nicht so schlimm sein. Irgendwann, kannst du sicherlich wieder an einem Einsatz teilnehmen." Sie schüttelte den Kopf: "Du verstehst es nicht, es kann Jahre dauern! Meine Verletzung ist schlimmer, als ich dir berichtet habe." "Na und? Das wird wieder, wir helfen dir alle und dann klappt das schon.", meine Stimme klang schrill und panisch. Jana schüttelte nur erneut den Kopf: " Maglen, für einen Agenten, der an keinem Einsatz teilnehmen darf, gibt es hier auf Dauer keine Zukunft.", sie holte tief Luft, "Es tut mir verdammt leid Mags, aber ich werde das FBI verlassen."


Young Spys: Auge in AugeWhere stories live. Discover now