31. Memories

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"Heute werdet ihr die letzte Prüfung ablegen. Diejenigen, die es aus dieser Prüfung schaffen, haben bestanden und sind frei."
Die Kinder schauten leicht erleichtert und doch ängstlich auf ihre Tische. Nr. 4 warf Nr. 3 einen Blick zu, dieser wiederum schaute zu Nr. 8.
Diese drei waren wohl die einzigen im Raum, die auf diese Aussage skeptisch reagierten. Sie waren schon länger in dem Trainingsprogramm und wussten nur zu gut, dass der Trainingsleiter diese Worte oft verwendete, um das höchstmögliche Potenzial der Kinder zu testen.
"Nr. 4. Dieses Mal bist du die Auserwählte, die den universalen Schlüssel suchen muss. Du kennst die Regel. Wenn du den Schlüssel findest musst du die anderen in der gegebenen Zeit befreien. Wie viele das sind, entscheidest du."
Sie wurden nach der Aussage alle zum Mittagessen entlassen, welches in einem riesigen, überwachten Raum stattfand. Nr. 4 suchte ihre beste Freundin Nr. 10 und setzte sich an den Tisch. Die beiden Jungs Nr. 3 und 8 gesellten sich zu ihnen.
"Was glaubt ihr ist es diesmal?", fragte 8 die Gruppe.
"Keine Ahnung. Ich hoffe nur, wir kommen da durch.", sagte 10 verängstigt.
"Du bist noch nicht so lange dabei, deshalb weißt du das nicht. Wir haben bis jetzt immer zusammen gearbeitet und es immer raus geschafft. Diesmal schaffen wir es auch.", sagte 4. Die beiden Jungs 3 und 8 nickten zustimmend.
"Wie heißt ihr eigentlich wirklich?", fragte Nr. 10 und wurde sogleich von den anderen drei gestoppt.
"Frag das nie wieder. Hier darf keiner seinen Namen verraten. Das ist lebensgefährlich. Wenn dir aus Versehen der richtige Name ausrutscht, weil du ihn kennst wirst du mit dem Leben bestraft. Deshalb sagen wir den zur Sicherheit auch niemanden. Behalte deinen auch für dich.", sagte 8.
Er war am längsten im Trainingslager und kannte alles in und auswendig.
"Keine Angst. Du wirst dich daran gewöhnen.", sagte 4 und strich ihrer Freundin über die Schulter.

"4...du kannst das haben. Ich mag dic- ich meinte den Nachtisch eh nicht.", stotterte 3 und schob 4 seinen Nachtisch hin.
"Sicher?", fragte 4.
"Natürlich, er würde dir alles geben, was du willst 4. Nimm auch gleich sein Tablett, nicht wahr 3?", sagte 8 und schlug 3 lachend auf die Schulter. Dieser verschmierte sich am Gesicht und haute Nr. 8s Hand weg.
"Hör auf mit dem Quatsch."
Nr. 4 kicherte und bückte sich zu Nr. 3 rüber. Sie wischte ihm den Fleck aus dem Gesicht.
"Danke", sagte sie und lächelte. Ihre Gesichter waren nur wenige Meter voneinander getrennt.
Nr. 3 wurde rot und ging ruckartig nach hinten, weshalb er vom Stuhl fiel.
"Siehst du. Er ist übelst in dich verknallt 4.", sagte 8 lachend.
"St-stimmt nicht du Schwachkopf", sagte 3 hochrot im Gesicht. Nr. 4 setzte sich verlegen zurück an ihren Platz.
Die Freunde fingen dann an zu lachen, doch verstummten als die Wachmänner sie zurecht wiesen. Nr. 3 bemerkte, wie alle versuchten sich mit Nr. 4 anzufreunden. Jeder wusste, dass sie auf der sicheren Seite waren, wenn sie mit ihr befreundet wären. Sie würde sie dann während der Prüfung auf jeden Fall nicht vergessen. Er wusste auch, dass Nr. 4 zu nett war, um Nein zu sagen, weswegen er versuchte alle von ihr fern zu halten während sie zurück auf ihre Zimmer gingen. Es war unmöglich alle zu befreien. Das hatten die letzten Prüfungen bewiesen.

Die Sirenen gingen an und alle Kinder wurden aus ihren Zimmern gelassen. Sie liefen alle nacheinander in den Prüfungsraum. Jede Zimmergruppe wurde nacheinander in den Raum befördert. Doch heute hatten alle ein merkwürdiges Gefühl.
3 und 4 wurden zusammen rausgelassen und trafen auf 8, der aufgebracht in ihre Richtung rannte.
"Wie kommst du hierher?", fragte 3 doch seine Frage wurde abgeschüttelt.
"Das ist nicht wichtig. Die haben uns verarscht. Jemand hat Wind von diesem geheimen Trainingslager bekommen und jetzt wollen sie uns alle loswerden, um ihre Spuren zu verwischen. 4, du wirst keine Schlüssel finden, da es keinen geben wird, verdammt! Wir dürfen nicht in die Käfige."
4 und 3 schauten 8 völlig schockiert an. Sie wussten alle nicht, was sie tun sollten. Es gab keinen Weg um die Prüfung herum und eine Flucht war auch nicht möglich, während sie zum Raum liefen.
"Was machen wir denn jetzt?", fragte 4 und war den Tränen nahe. 3 ergriff ihre Hand und drückte sie fest.
"Wir schaffen das schon irgendwie. Du darfst nicht schwach werden."
8 nickte zustimmend und sie liefen in den Prüfungsraum. Alle außer 4 wurden in einen Käfig gesperrt, der mit einem Schloss verriegelt wurde. 3 und 8 konnten nur hoffen, dass 4 sie irgendwie befreien würde. Sie wurden in den Raum geschlossen und auf einmal hörten sie eine Stimme.
"Ihr seid nun offiziell in eurer letzten Prüfung. Eure Zeit startet jetzt!"
Man hörte ein grässliches Lachen bevor die Stimme verschwand. Die Kinder suchten panisch nach dem Countdown, doch seltsamerweise fanden sie keinen. Stattdessen fing es auf einmal an zu brennen. Nr. 4 erstarrte für einen Augenblick beim Anblick des Feuers und fing dann hektisch an zu rennen. Sie suchte überall nach dem Schlüssel. Von allen Seiten hörte sie Hilfeschreie, die sie verrückt machten. Sie konnte keine Stimmen mehr ausmachen.
Nr.8 versuchte zu ihr durchzudringen. Er schrie nach ihr doch sie hörte ihn nicht. Stattdessen rannte sie weinend im Raum herum und suchte nach dem Schlüssel. Das Feuer breitete sich immer weiter aus und die Panik stieg. Die Schreie wurden immer lauter. 4 lief glücklicherweise an Nr. 8s Käfig vorbei, weshalb er sie am Arm ergreifen konnte.
Sie versuchte sich loszureißen.
"Verdammt hör mir endlich zu. Es gibt keinen Schlüssel. Die haben uns reingelegt, damit sie uns loswerden können 4! Hör auf nach dem Schlüssel zu suchen!"
4 fing an zu weinen und schüttelte immer wieder den Kopf. Sie wollte es nicht glauben.
"4 hör mir zu. Ich habe kurz bevor wir reingekommen sind hinten in der Ecke ein Stück Sprengschnur versteckt. Bei unserem letzten Test habe ich welche mitgehen lassen und sie versteckt. Benutze das, um das Schloss zu sprengen. Los, geh!", sagte er und ließ sie los. 4 stolperte los und suchte die Sprengschnur. Sie fand sie unter einer der Kisten und brachte sie zu 8. Dieser befestigte diese am Schloss und forderte 4 auf, sie anzuzünden. 4 suchte etwas Holz und zündete sie mit dem Feuer an. Er ging in eine Ecke und sie zündete die Schnur mit Feuer an. Dann rannte sie nach hinten und das Schloss ging mit einem Knall auf. 8 flog mit dem Käfig zur Seite und fing sich eine Wunde am Arm ein. Er unterdrückte den Schmerz und schaffte es noch aus dem Käfig bevor dieser in Flammen aufging.
"Gute Arbeit.", sagte er zu 4. Dann schaute er sich um. 4 legte seinen Arm um ihre Schulter und setzte ihn in eine Ecke. Er schaute sich um und suchte nach etwas.
"Wir waren schon einmal hier. Das ist das Werkzeuglager gewesen. Hier hört man nichts, deshalb haben sie uns hier her gebracht. Wir können so laut schreien, wie wir wollen, es wird uns niemand hören. Diese Mistkerle! Wir müssen die Kisten nach Werkzeug durchsuchen. Schnell!"
Er raffte sich auf und versuchte mit 4 alle Kisten durchzugehen. Die meisten Werkzeuge waren entfernt worden und die, die noch übrig waren, waren nutzlos. 8 knirschte die Zähne und schlug frustriert gegen die Box. 3 und 10 saßen noch im Käfig. 10 war völlig außer sich und schrie und weinte während 3 nur die Augen geschlossen hatte und in der Ecke saß.
4 öffnete eine weitere Box und fand eine Säge.
"8! Ich habe hier was.", schrie sie und holte die alte Säge heraus. Sie rannten damit schnell zu Nr. 3 und versuchten den Käfig zu öffnen. 3 bewegte sich die ganze Zeit nicht. Es war nahezu unmöglich die Ketten zu zersägen. 4 war schwach und 8 hatte eine Verletzung. Doch beide wollten nicht aufgeben.
Plötzlich öffnete 3 die Augen und rannte zu 4. Er nahm ihre Hand durch das Gitter und hielt sie fest. Dann schaute er zu 8.
"Hör zu. Lasst mich hier. Du musst sie und dich selbst retten. Es hat keinen Sinn. Das Feuer ist schon zu weit fortgeschritten. Ihr müsst verschwinden. Lebt für mich weiter. Bitte."
4 schaute völlig panisch zu 3.
"Ich lasse dich nicht hier! Wir schaffen das zusammen.", schrie sie.
8 nickte ihm unter Tränen zu und die beiden versuchten weiter das Schloss zu brechen.
"4... ich liebe dich. Verschwinde endlich. Ich will nicht, dass du wegen mir stirbst. Bitte verschwindet!", schrie 3.
"Das werden wir auch nicht. Wir werden hier alle rauskommen.", sagte 8 und drückte auf die Säge ein. 4 schrie auch und drückte so fest sie konnte auf die Säge. Sie hörten ein Geräusch. Die Ketten gingen kaputt! Sie drückten mit aller Kraft auf die Säge und schnitten durch die Ketten. 8 löste die Ketten und 3 umarmte 4. Sie suchten nach einem Ausweg. 3 fand einen Lüftungsschacht und stapelte Kisten aufeinander.
"Hier können wir raus.", sagte er und stieg auf die Kiste. Als er zurück schaute, sah er 4, die mit der Säge versuchte, Nr. 10s Käfig zu brechen. Der Käfig war schon umgeben vom Feuer und 10 war ohnmächtig geworden.
"Lass das 4. Du kannst sie nicht mehr retten.", schrie 3.
4 hustete und ihre Kraft ließ vom vielen einatmen des Rauches nach. Nr. 3 stieg von den Kisten runter, als er sah, wie die Decke einzustürzen drohte. Nr. 8 rannte zu 4 und schaffte es gerade noch, sie von dem Deckeneinsturz zu bewahren. 4 hustete und stand auf.
"Danke", sagte sie und schaute nach hinten. Ihre Augen weiteten sich und sie schrie nach 3.
8 war zur Hälfte unter dem Geröll begraben. Sie versuchten beide die Seite anzuheben, um ihn zu befreien.

Das Feuer drang immer weiter nach vorne. Es war schon bis ganz vorne in den Raum vorgedrungen. Der Rauch wirkte schon wie ein erstickendes Gift. 8 schrie vor Schmerz und die beiden versuchten weiter die Deckenseite anzuheben. Doch es half alles nichts. Sie waren zu schwach. Sie husteten und konnten kaum atmen. 8 versuchte auch mit beiden Händen die Decke anzuheben. Doch dann merkte er, wie die Decke wieder schwerer wurde und auf ihn fiel. Er schaute zu den anderen beiden und sah wie 3 ihm den Rücken zugedreht hatte.
"Was macht du 3? Es tut weh so. Du musst von unten dagegen drücken. Schnell!", schrie er. Dann sah er was geschah. 3 hatte den Arm von 4 ergriffen und zog sie zu sich. 4 weinte hysterisch während 3 sie zum Schacht zog. Er zwang 4 auf die Kiste nach oben. Sie schüttelte den Kopf und weinte.
4 schaute ungläubig auf den Rücken von 3. Er drehte sich noch ein letztes Mal um und man sah wie die Tränen aus seinen Augen fielen. Er formte ein "Es tut mir leid" und zog 4 mit sich hoch. Sie stiegen schweren Herzens in den Schacht während sie 8s Schreie hörten. Beide drückten sich durch den Belüftungsschacht und kämpften sich ihren Weg nach draußen.
Ein Licht leuchtete am anderen Ende des Ganges und beide kämpften sich mit letzter Kraft zum Ende des Schachts durch. Sie stießen gegen das Gitter und krabbelten auf allen vieren durch die Öffnung ins Freie. 3 nahm 4 an die Hand und rannte so weit er konnte. Es gab weit und breit nichts in der Gegend. Beide versuchten irgendjemanden zu finden, der ihnen helfen konnte. Sie rannten wohl für Stunden doch der Ort war so abgelegen, dass sie nicht einmal ein weiteres bewohntes Gebäude fanden. Geld für ein Münztelefon hatten sie auch nicht. Nachdem sie stundenlang gerannt waren kamen sie an eine Abzweigung. Es waren zwei Wege. Welchen sollten sie entlang gehen? Sie wussten es nicht. 3 schaute auf den Himmel. Seine Augen waren ausgetrocknet. Sein Hals war ebenso ausgetrocknet und seine Kraft ließ nach. Er hatte nicht einmal die Kraft, um weiter Tränen zu vergießen. Nr. 4 war völlig außer Atem und fiel auf ihre Knie. Er hatte sie die ganze Zeit an ihrer Hand mitgezogen, weshalb sie mit seinem Tempo mithalten musste.
Nr. 3 schaute zu 4. Es gab nur diesen einen Weg, um Hilfe zu finden. Vielleicht war es noch nicht zu spät. Sie durften nicht aufgeben!
Er bückte sich zu 4 herunter und schaute in ihre Augen.
"Hör mir zu. Was wir getan haben....war...war nötig, um zu überleben. A-aber vielleicht ist es noch nicht zu spät. Wir werden Hilfe suchen und ihn retten. Dafür....müssen wir uns trennen"

"Nein! Wir können uns nicht trennen. 8 haben wir schon zurück gelassen. Bitte! Wir müssen zusammen bleiben!", flehte 4.

"Ich wünschte das würde gehen. Doch wir wissen nicht, welches der richtige Weg ist. Wir müssen jemanden finden. Du willst doch auch, dass er überlebt. Wenn wir den falschen Weg nehmen war es das. Wir ...müssen uns trennen.  Falls einer von uns jemanden findet, werden wir ihn hierher bringen. Merke dir den Weg. Wir treffen uns in einer Woche wieder hier."

4 weinte weiter doch sie nickte und umarmte 3.
"Noch eine Sache", sagte 3. "Ich...ich brauche jetzt deinen Namen, falls etwas nicht klappt. Damit ich...ich dich...wieder finde.", sagte er und schluckte die Tränen runter.
Sie nickte und zögerte keinen Moment. Er hatte ihr vollstes Vertrauen.

"Jieun."

"Mein Name ist Jaebum."

Er nickte ihr zu und sie schaute in seine Augen.
"Keine Angst. Wir werden uns finden. Egal was passiert.", sagte er und rückte näher zu ihr runter. Sie schloss ihre Augen und er gab ihr einen Kuss. Für einen Moment, wünschten sich beide, sie hätten die Zeit stoppen können. Doch so etwas war nicht möglich. Sie lösten sich voneinander und fingen beide an in verschiedene Richtungen zu rennen.

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Broken Doll [German]Where stories live. Discover now