26. Steh doch endlich auf!

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Sie schaute nach oben und blieb stehen.
"Den Gedanken solltest du lieber schnell vertreiben. Ich wollte dir keine Angst machen. Geh und mach das was du so auch getan hättest. Sonst wirst du es bereuen.", sagte Ahjumma und legte ihr eine Hand auf die Schulter.
Sie schaute nach hinten und Ahjumma nickte ihr beruhigend zu. Für einen Moment hätte sich Jieun am liebsten selbst für Ihre Gedanken geohrfeigt.
"Danke", rief sie und rannte nach oben. Wieso hatte sie angefangen diese Gedanken zu entwickeln? Sie öffnete die Tür zu Jays Zimmer und sah Gray am Handy. Er schaute panisch zu Jieun.
"Wo warst du so lange? Ich habe den Arzt benachrichtigt."
Jieun schaute auf das Bett und dann zur Infusion. Sie musste dringend gewechselt werden. Abgesehen davon war seinen Atemmaske....verrutscht?
Jieun holte den neuen Beutel aus dem Schrank und wechselte ihn schnell. Dann legte sie ihm seine Atemmaske wieder zurecht. Sein Puls wurde langsam stabiler doch er war noch immer unruhig. Irgendetwas war da.
Hatte sie gerade eine Bewegung gesehen?
"Es tut mir leid, ich war nur kurz weg...", sagte sie und ließ Jaebum nicht aus den Augen.
"Das ist ok, du hättest mir bloß Bescheid geben müssen, dass es länger dauert. Ich muss zur Arbeit Jieun.", sagte Gray und lächelte ihr zu während er seine Jacke nahm und zur Tür lief. Sie hm-te und er verschwand aus der Tür.
Was, wenn er aufwacht? Jieun ging einen Schritt zurück und lief dann schnell zur Tür hinaus und Gray hinterher. Dieser stand unten an der Treppe und musterte Ahjumma.
"Gray...willst du nicht noch hier bleiben?", fragte Jieun und stellte sich neben ihm.
Gray schüttelte den Kopf.
"Das geht leider nicht. Ich kann meine Arbeit nicht vernachlässigen. Aber sag mal Jieun, wer ist diese Frau hier?", fragte er und kratzte sich am Kopf.
"Ah das ist Ahjumma. Wir treffen uns hin und wieder immer und sind so Freunde geworden.", sagte sie und Ahjumma nickte.
"Hm..Aso.", sagte er und ging einen Schritt auf Ahjumma zu.
"Mein Name ist Gray. Wir haben uns nicht zufällig vorher schon einmal gesehen? Sie kommen mir sehr bekannt vor.", sagte er und hielt ihr die Hand hin. Ahjumma nahm sie dankend an und schüttelte leicht den Kopf.
"Nicht das ich wüsste, junger Herr."
Er wollte sie noch nach ihrem Namen fragen doch ein Blick auf die Armbanduhr reichte ihm, um aus dem Haus zu eilen. Er entschuldigte sich und eilte schnell aus dem Haus, um nicht zu spät zu werden.

Ahjumma verabschiedet sich auch, obwohl Jieun sie davon abhalten wollte.
"Du bist so ein liebes Kind. Ich wünschte mein Sohn wäre mit dir verheiratet. Ich habe gehört, er soll geheiratet haben aber diese Gerüchte könnten auch falsch sein. Wie sehr ich hoffe ihn noch einmal zu sehen. Komm bei Gelegenheit doch einmal vorbei.", sagte sie noch und verschwand dann hinter der Tür. Als sie in die Ecke abbog kam der Dr schon aus der entgegen gesetzten Richtung angelaufen. Er schaute kurz zu Ahjumma und lief dann zum Haus.
"Hallo Miss Lee. Sie hatten Besuch?"
"Jieun und ja. Eine gute Freundin war kurz da.", sagte sie kurz.
Der Dr nickte und begab sich mit ihr nach oben.
"Gray schien panisch zu sein. Alles ok?"
"Seine Atemmaske war verrutscht und seine Infusion musste gewechselt werden. Ich habe beides gemacht aber sein Puls ist etwas schnell.", sagte sie und öffnete die Tür zum Zimmer. Sie liefen zum Bett und Jaebum lag völlig verschwitzt da und zuckte eigenartig. Jieun schreckte kurz zurück und lief dann auf die andere Seite vom Bett. Der Dr analysierte schnell seine Werte auf der Machine und runzelte die Stirn. Jieun schaute gleichzeitig besorgt und fragend zum Dr.
"Na endlich. Ich dachte schon er hat seinen Kampfgeist verloren. Er versucht wieder aufzuwachen. Ich frage mich bloß, was ihn da aufhält. Kühl ihn etwas und wechsle weiter seine Infusion. Sonst können wir nur abwarten. Falls er aufwachen sollte, kannst du mich wieder benachrichtigen."
Er winkte Jieun noch zum Abschied zu und verschwand dann. Erschöpft von allem setzte sie sich auf den Sessel und schlief dann ein.

Sie wachte durch einen plötzlichen Schrei mitten in der Nacht auf. Noch völlig überwältigt von ihrer Müdigkeit raffte sie sich vom Sessel und massierte sich den Nacken. "Ich hätte nicht einfach so einschlafen sollen", dachte sie sich und versuchte ihre Nackenschmerzen los zu werden. Sie lief zum Bett und sah wie Jaebum sich unruhig hin und her bewegte. Sie nahm den Lappen und wischte ihm die Stirn ab. Dann öffnete sie sein Hemd und wischte ihm den Schweiß weg. Anschließend wechselte sie das Kühlpack auf seiner Stirn und blieb neben ihm sitzen. Er murmelte hin und wieder Dinge wie 'Lasst mich in Ruhe' oder 'Ich will nicht', was Jieun leicht beunruhigte. Sie bekam ein mulmiges Gefühl bei diesen Worten und versuchte nicht hin zu hören. Hin und wieder strich sie über seinen Kopf und er beruhigte sich für ein paar Minuten. Sie seufzte nur und blieb dort sitzen. Es war Vollmond. Das Licht schien hell ins Zimmer und Jieun schaute aus dem Fenster. Wann hatte sie das letzte Mal so richtig geschlafen?
Es waren immer nur ein paar Stunden gewesen am Tag. Ihre Kopfschmerzen waren dieses Mal überwältigend stark. Sie massierte ihre Schläfe und versuchte für ein paar Minuten ihre Augen zu schließen.

Sie hatte sie für zwei Minuten geschlossen als sie Jaebums hastigen Bewegungen hinter sich wahrnahm. Er fing an sich wie wild zu bewegen, so dass sie aufstehen musste, um sich nicht zu verletzen. Jieun wurde vom ruckartigen Aufstehen schwindelig und sie hielt sich kurz am Bett fest. Dann fixierte sie ihren Blick auf einen Punkt und versuchte ihr Gleichgewicht wieder zu finden. Inzwischen war Jaebum schon halbwegs außer Kontrolle. Er schrie einzelne, unverständliche Worte von sich und schlug mit seinen Armen um sich. Erst versuchte sie ihn an den Armen festzuhalten, was sich als eine fatale Idee herausstellte. Sie wurde hin und her gewirbelt und stolperte schließlich nach hinten. Er war um einiges stärker wie sie.
Sie griff nach ihrem Handy und wählte Grays Nummer. Es klingelte ununterbrochen auf der anderen Seite doch keiner hob ab.
"Verdammt", murmelte sie und wählte dann Simons Nummer. Er war meistens beschäftigt und von daher nie zu erreichen, weshalb sie normalerweise immer Gray anrief. Es waren nur Ausnahmen, in welchen sie nach der Nummer von Simon griff. Doch um diese Uhrzeit hatte sie kaum Hoffnung. Sie hoffte nur innig, dass er diesmal aufheben würde. Nach ein paar Klingel kam glücklicherweise auch eine Antwort.
"Hallo?"
"Simon-shi?"
"Der ist grad nicht zu erreichen, soll ich ihm was ausrichten?", sagte die Stimme am anderen Ende. Jaebum schien nicht Ruhe zu geben und man hörte seine Stimme im Hintergrund.
"Ich brauche Simon oder Gray hier, sofort! Egal, wo sie sind, sorg bitte dafür, dass sie auf der Stelle zu Jaebum kommen. Ich brauche Hilfe!", sagte sie nur und legte dann auf.
Sie warf das Handy auf den Tisch und versuchte Jaebum nochmal an den Händen zu halten. Er versuchte sie weg zu stoßen und schrie 'Lasst mich in Ruhe!'
Der Ständer, an dem die Infusion hing, schwankte hin und her und bevor sie diesen festhalten konnte, fiel er auch schon und prallte auf ihre Stirn. Sie fasste die Stange und versuchte sie hin zu stellen. Ihr Kopf fühlte sich geschwollen an.
Ihre Kopfschmerzen wurden stärker während sie versuchte die Stange nicht wieder zum Kippen zu bringen.
Der Aufprall auf ihre Stirn hatte reflexartig ihre Tränen ausgelöst. Sie wischte sie hastig weg und umfasste seinen Arm. Wut kam in ihr hoch. Mit einem mal setzte sie sich auf ihn und hielt beide Arme mit aller Kraft nach unten. Seine Arme bewegten sich immer stärker hin und her doch sie versuchte wenigstens seinen linken Arm in den Griff zu bekommen, damit sich die Infusion nicht löste.
Ein Tropfen Blut fiel von ihrer Stirn auf seine. Sie spürte wie die Flüssigkeit sich langsam in Richtung ihres Auges bewegte. Jaebum schien nicht Ruhe zu geben. Sie verstand nicht, wieso er nicht einfach aufstehen konnte.

"Es sind seine eigenen Gedanken, die ihn verbarrikadieren. Er selbst ist das Problem und die Lösung. Nur er alleine kann sich da rausholen. Deine Aufgabe ist es, ihm das klarzumachen Jieun. Sei seine helfende Hand, er braucht dich. Lass ihn nicht alleine. Seine Fassade wird ihn ins Verderben stürzen. Gib ihn nicht auf, Jieun."

Sie erinnerte sich an die Worte in ihrem Traum. Das Labyrinth. Wieso gerade jetzt?

Sei seine helfende Hand.

Wie sollte sie das anstellen? Sie schaute zu Jaebum und versuchte mit aller Kraft ihn nach unten zu drücken. "Ein Versuch war es wert", dachte sie sich.
"Ya, Park Jaebum! Was machst du da? Sei kein Schwächling und komm endlich raus da. Wie lange soll ich noch auf dich warten. Verdammt, du sollst endlich aufstehen, Park Jaebuuuuuum!"

Sie drückte ihn mit aller Kraft runter und schrie ihm ins Gesicht. Ihre Sicht wurde von einem roten Schleier umhüllt und ihr Blut tropfte weiter auf ihn hinab doch das einzige woran sie dachte war:
Lass mich zu dir durch dringen, bitte!

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Broken Doll [German]Where stories live. Discover now