12. Ahjumma

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Jieun lief so schnell sie konnte durch die Menschenmasse hindurch. Was war das gerade eben? Schnell schüttelte sie jeden Gedanken an den Jungen weg und konzentrierte sich wieder auf das wesentliche. Der Einkauf.
Vor ihr sah sie auf einmal die Frau, welche von dem schwarz gekleideten Typen umgerannt worden war. Sie eilte zu der Frau und half ihr beim Einsammeln der Sachen. Dann gab sie ihr die Tüten.
"Danke dir, liebes Kind."
Jieun nickte nur. Sie wollte weiter laufen, doch dann bemerkte sie, dass die Frau humpelte. Sie hatte Schwierigkeiten, mit den ganzen Tüten zu laufen.
Eigentlich hatte Jieun keine Zeit, um der Frau zu helfen, doch sie konnte nicht anders. Also lief sie zu der Frau und hielt sie am Arm.
"Ahjumma, wohin musst du laufen? Ich helfe dir."
Die Frau lächelte. "Das ist aber nett von dir. Ich muss jedoch noch eine Weile laufen. Am Ende der Straße ist ein Weg zum Berg. Ich lebe dort. Es ist etwas weit."
Jieun lächelte ihr aufmunternd zu. "Das ist schon ok. Ich helfe dir."
Jieun wusste selbst, dass das gelogen war aber sie konnte diese Ahjumma unmöglich in dieser Verfassung alleine lassen.
So liefen sie zusammen den ganzen Weg nach unten bis zum Ende der Straße.
Jieun sagte kein einziges Wort und schaute gedankenverloren nach vorne. Sie wusste immer noch nicht, wie sie es schaffen sollte so viel zu kochen. Und als ob das nicht auch schon genug wäre, half sie nun auch der Ahjumma bis zum Berg. Der Weg schien wirklich sehr lang zu sein.
"Wie heißt du denn eigentlich?", fragte die Frau plötzlich.
"Lee Jieun"
"Ein schöner Name für ein so hübsches Mädchen."
Jieun lächelte und bedankte sich. Sie liefen nun den Berg hoch und Jieun öffnete sich langsam der Ahjumma. Sie sprach sehr wenig doch sie fühlte sich wohl. So kam es, dass sie über einiges sprachen.
Ahjumma lebte schon seit einiger Zeit alleine auf dem Berg. Sie hatte einen Sohn, der in der Stadt arbeitete. Durch einen Unfall hatte sie ihr Bein verloren und seitdem trug sie eine Prothese. Nach dem Unfall hatte sie beschlossen auf dem Berg zu leben und zu meditieren.

Sie kamen am Haus an und Ahjumma öffnete die Haustür. Sie setzten ihre Tüten ab und bat sie sich hinzusetzen.
"Nein, nein. Vielen Dank aber ich muss wirklich los."
"Ich möchte mich irgendwie erkenntlich zeigen. Bitte setz dich doch wenigstens für eine Tasse Tee.", sagte Ahjumma.
Jieun setzte sich widerwillig hin und lächelte gezwungenermaßen.
Sie bereitete den Tee zu und setzte sich mit Keksen zu ihr.
Dann Sie nahm Jieuns Hände und sagte: "Solche zarte, zerbrechliche Hände und diese blasse Porzellanhaut. Ganz wie ein Püppchen. Du scheinst aus gutem Hause zu sein. Das du auf dem Markt herum läufst ist ungewöhnlich. Ich sehe auch schon etwas länger, dass dich etwas bedrückt. Möchtest du mit mir reden? Ich sehe zwar nicht so aus doch ich kenne mich mit deinen Kreisen gut aus."
Jieun seufzte bedrückt und schaute zur Ahjumma.
"Sie haben es gleich bemerkt. Wie kommt es, dass sie sich so gut auskennen?"
Ahjumma lachte nur.
"Bist du verheiratet?", fragte sie.
"Ja...leider", sagte Jieun leise. Doch es war laut genug für Sie, um alles zu verstehen.
"Ich verstehe", sagte diese nur. "Erzähl mir, was dich bedrückt. Vielleicht kann ich dir helfen."
Für einen Moment zögerte Jieun. Sie fühlte sich zwar wohl bei Ahjumma doch trotz allem kannten sie sich erst seit ein paar Stunden. Andererseits brauchte sie gerade echt jemanden, dem sie ihr Problem anvertrauen konnte und Ahjumma schien dieser jemand zu sein. Also beschloss sie schweren Herzens Ahjumma zu vertrauen.
Sie erzählte ihr alles ab dem Tag ihrer Hochzeit, jedoch erwähnte sie keine Namen außer ihren eigenen.
Ahjummas Miene verdunkelte sich immer weiter.
Jieun fing an von Jaebum zu erzählen. Die erwähnte nicht seinen Namen doch alles was er getan hatte.
"Ahjumma, er ist einfach unausstehlich. Keinen Anstand und keine Manieren hat er. Er hat sein ganzes Personal rausgeworfen und jetzt soll ich ein Buffet selbst zubereiten für ein paar tausend Leute?! Macht das überhaupt Sinn?! Aisshhhh ich weiß einfach nicht, was ich mit ihm machen soll."
Es fühlte sich richtig gut an, einfach mal alles rauszulassen. Jieun legte ihren Kopf auf den Tisch und breitete ihre Arme aus.
Sie fühlte sich schon etwas besser.
Ahjumma streichelte ihren Kopf und lächelte.
"Weißt du was? Ich kann eigentlich wirklich gut kochen. Eine Person hast du also schon. Lass uns zusammen anfangen. Wer weiß vielleicht ergibt sich ja noch was."
Jieun schnellte in die Höhe.
"Wirklich? Ahjummaaaaaa", sie rannte ihr förmlich in die Arme und umarmte sie. Ihre Umarmung war warm so wie die ihrer Mutter. Seit langem hatte sie sich wieder wie früher verhalten, als sie noch glücklich war. Es war ein befreiendes Gefühl und sie wollte am liebsten für immer so bleiben. Doch sie wusste, sobald sie zu Hause war, würde alles wie ein Traum zu Ende gehen.
Jieun drückte den Gedanken und die Tränen weg und setzte sich wieder auf.
Ahjumma war aufgestanden und hatte angefangen ihre Sachen in die Schränke zu packen. Sie packte ein paar Sachen in eine Tasche und bereitete sich vor. Jieun schaute sie an. Sie war eigentlich ziemlich jung. So wie ihre Mutter. Alles an ihr erinnerte sie an ihre Mutter.
"Ahjumma", sagte Jieun.
Sie drehte sich um und kam lächelnd auf sie zu.
"Hm?"
"Danke", sagte Jieun.
Sie wollte viel mehr sagen.
Danke, dass du da bist. Danke, dass du mich befreit hast vor dem alleine sein. Danke, dass du mir zugehört hast.
Danke, das war alles was sie sagen konnte.
Ahjumma reichte ihr eine Hand und lächelte wieder, so dass ihre Augen verschwanden.
"Wollen wir dann losgehen?"
Jieun lächelte auch. Zum ersten Mal aus vollem Herzen.
Sie griff nach der Hand und nickte. Es war als würde ihre Mutter ihr die Hand reichen in Form dieser Ahjumma.
"Ja, lass uns losgehen."

Ja lass uns losgehen Eomma.

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Broken Doll [German]Where stories live. Discover now