"dass du bei mir bist"

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(Ich habe 'ihm' bewusst keinen Namen gegeben und auch 'Jessy' ist uns nahezu unbekannt. Naja, spontane Idee. Bin eigentlich ganz zufrieden. Ps. Ja, Jungs können normalerweise nicht in den Mädchemschlafsaal, aber naja. Das ignorieren wir einfach mal.. Xd)

"Lass mich!" Er spürte wie ihre Fingernägel seine Haut zerkratzten. Sie war schnell, so schnell dass er Mühe hatte mit ihr mitzuhalten.

"Bitte bleib stehen, Jessy", flehte er. In ihr regte sich die wärmende Magie, nur er hatte sich je die Mühe gemacht die zweite Silbe an ihrem Namen zu sprechen. Die Tränen brannten in ihren Augen, flossen heiß über ihre Wange. Ihre Hände waren kalt, ihre Beine ebenso. Jessy hörte ihren Herzschlag bis zum Hals, das Blut rauschte in ihren Ohren. Nach den ewigen Treppen war sie zittrig auf den Beinen, nicht unschuldig der Alkohol der ihren Körper nach und nach übernahm. Sie verlor die Kontrolle. Jessy's Oberkörper schwankte gefährlich, doch noch hielt sie sich auf den Beinen.

Er blickte in ihr verweintes Gesicht, die schönen grünen Augen schienen tot, die rosigen Lippen waren spröde und rissig. Tiefe Schatten zeichneten sich ab, die Blässe belegte ihre Züge wie eine geisterhafte Maske.

"Jessy", er machte eine Pause und suchte ihren Blick und sie erwiederte ihn. "Rede mit mir, bitte", seine Stimme klang beinahe noch flehender als zu vor.

Sie öffnete den Mund, nur um ihm daraufhin wieder zu schließen. Noch einmal schwankte sie vor und zurück dann gab der zierliche Körper nach und sie kippte vorne über, gegen seine Brust und er schloss die Arme um sie, damit sie nicht auf den Steinboden krachte.

Jessy zitterte und weinte, ihre Tränen tränkten sein Shirt. Vorsichtig hob er sie hoch. Sie wehrte sich nicht, weinte einfach nur stumm. Erst als er sagte, dass er sie in den Krankenflügel bringen wolle damit sie etwas bekam, was sie wieder nüchtern machte, versuchte sie sich von ihm loszumachen. Sie ruderte, aber er wollte nicht, dass sie doch noch umfiel, sollte er sie loslassen.

"Ist ja gut", so gut es ging strichen seine Finger über ihren Arm, "Hör auf."

"Bring mich bitte einfach nach oben- ich will nur schlafen", Jessy war leiser geworden, ihre Stimme vom Weinen belegt und sie nuschelte. Er seufzte, nickte dann aber und trug sie die Flure entlang zum Gemeinschaftsraum. Schon immer hatte er irgendwie einen Draht zu dem Mädchen gehabt, doch dieses Mal fraß sie es in sich hinein, er wusste nicht, was ihren emotionalen Zustand begründete.

Im Gemeinschaftsraum war es voll, wie jeden Abend und er hatte Probleme sich mit ihr zur Mädchentreppe zu drängeln. Jessy hatte die Augen bereits geschlossen, als er sie hinauf brachte. Nicht weil sie besonders schwer war, eher im Gegenteil, war er froh als Jessy auf ihrem Bett saß, einfach weil sie jetzt nicht mehr fallen konnte. Sie legte sich auf die ordentliche Decke, ihre Hand suchte die seine und zog ihn langsam neben sich auf das Bett.

"Jessy?", fragte er unsicher, als er ihre Locken an seinem Hals kitzeln spürte.
"Bleib bitte- ich will nicht alleine sein", er verstand die geflüsterten Worte kaum, so leise waren sie. Ihr Kopf ruhte auf seiner Brust und er begann sanft mit ihren Haaren zu spielen, da er wusste, dass sie das irgendwie beruhigte.

Es war kurios mit ihr in einem Bett zu liegen, denn seit fast sechs Jahren waren sie Freunde, sehr gute Freunde, aber nicht mehr. Seine Gefühle, die er für sie hegte hatte er sich schon vor einigen Monaten eingestehen müssen und sich irgendwie schmerzlich damit abgefunden, dass Jessy 'nur' eine Freundin für ihn sein durfte und er seine Liebe vergessen sollte. Das hatte er nicht geschafft, aber gleichzeitig geschworen, dass sie es nie erfahren durfte. Zu groß die Angst, sie dadurch zu verlieren. Stattdessen wollte er ihr einfach ein guter Kumpel sein, auch wenn es schwer war.

Voller Sorge war er vor ungefähr einer Stunde nach draußen geschlichen, um nach ihr zu schauen. Gefunden hatte er sie in der Nähe des schwarzen See's im Gras sitzend und einer halbleeren Whiskeyflasche in der Hand. Jessy hatte sonst nie Alkohol getrunken, außer das eine Mal an Silvester. Sie hatte ihn zu sich nach Hause eingeladen, um mit ihr und ihrer Familie den Jahreswechsel zu feiern. Sekt hatten sie getrunken, aber nicht viel und erinnerte sich wie ihre Augen im Schein des Feuerwerks geglänzt hatten.

Wie seine Hand so durch das weiche Haar glitt entspannte sie sich immer mehr, ihr keuchender Atem wurde wieder normal und ihr Herzschlag schlug nicht mehr wie ein Hammer gegen seine Rippen. Er hob vorsichtig den Kopf und sah, dass sie ihre Augen nach wie vor geschlossen hatte.

Wie ein plötzlich aufkommender Blitz huschte eine Erinnerung vor sein inneres Auge. Jessy, wie sie damals bei der ersten Fahrt nach Hogwarts ängstlich und unsicher durch den Zug gelaufen war, verzweifelt nach einem leerem Abteil gesucht hatte. Und obwohl ihr der Mut gefehlt hatte jemanden zu fragen, ob sie sich dazu setzen durfte,  war sie nach Gryffindor gekommen. Schon als kleiner Junge war er fasziniert von ihr gewesen. Ihre grünen Augen, die sich wie ein Strudel aus hellen und dunklen Tönen zusammensetzten waren damals schon so hübsch und geheimnisvoll gewesen wie heute. Damals hatte Jessyy traurig ausgesehen, als sie im Gang des Hogwartsexpresses gestanden hatte. Also hatte er sie gebeten sich zu ihm zu setzen und als sie gesprochen hatte hatte man ihre  schiefen Zähne gesehen. Auch dieser Makel war dank einer Zahnspange längst verschwunden. Schnell hatte sie ihre Unsicherheit überwunden und gemeinsam hatten sie auf der Fahrt nach Hogwarts gelacht und geredet.

Er dachte sie wäre längst eingeschlafen und erschrak ein klein wenig als sie leise: "Danke", sagte.

"Wofür?", da war dieses Lächeln wieder. Unbezwingbar.

"Dass du da bist." "Natürlich bin ich das." Jessy lächelte leicht, dann schlief sie. . Noch eine ganze Weile blieb er so liegen und lauschte ihrem gleichmäßigen Atmen,  eine Hand in ihren Haaren, den Blick an die Decke gerichtet, bis er sich vorsichtig aufrichtete. Sachte legte er sie wieder richtig in ihr Bett und deckte sie zu.  Dann ging er. Jessy würde ihm anvertrauen, was sie so fertig machte und er würde, egal was es war, für sie da sein. Als Freund, auch wenn es ihm das Herz zerriss.

Harry Potter Oneshots [PAUSIERT]Where stories live. Discover now