Teil 5

122 7 0
                                    

"Wir machen es", ich schmiss den Stummel meiner Zigarette auf den Boden, "wenn du dafür sorgst, dass die Kippen nicht ausgehen." Und wenn ich schon dachte dein Grinsen könnte nicht noch breiter werden, hatte ich mich geirrt.
"Komm!", du liefst in Richtung Ausgang.
"Jetzt sofort?", ich blickte dir nach, wie du auf dem Weg entlang gingst, als wärst du ein ganz normaler Junge.
"Wenn nicht jetzt, wann dann, wenn nicht hier, sag mir wo und wann", dein Lachen könnte ich nie vergessen.
"Höhner, dein ernst?", ich lief dir nach. Du legtest deinen Arm um mich und so verließen wir den Park, verließen die Realität.

Wenn ich von meiner Krankheit absehe, konnte ich mir nichts Schöneres vorstellen, als mit dir am Arsch der Welt durch die Gegend zu laufen. Von außen wirkten wir wahrscheinlich ganz normal, naja, vielleicht wirktest du normal. Mein Husten und Aussehen verriet mich wahrscheinlich, aber du hast nie etwas dazu gesagt. Warst du zu nett dafür, oder wolltest du mich nicht verletzen? Eher unwahrscheinlich, doch fandst du mich hübsch? So ausgebleicht, so tot.

"Wohin gehen wir jetzt?"
Du rolltest deine Augen: "Elli, das ist die falsche Frage."
"Warum? Das ist eine ganz normale Frage, wenn man bedenkt, dass wir gerade etwas unglaublich Dummes tun."
"Für mich ist es nicht dumm."
"Witzig."
"Die richtige Frage hätte so genießen: Jack, du wunderschöner, edler Ritter, was muss ich tun, damit du mich nie verlässt?", du wartetest auf meine Reaktion.
Ich sah dich einfach nur an: "Das war jetzt weder süß noch angebracht."
Du ignoriertest meine Aussage komplett: "Darauf hätte ich dann geantwortet: Elli, du wunderschöne, kleine Blume, wie könnte ich dich jemals allein lassen?"

Ja Jack, wie könntest du jemanden allein lassen, den du liebst? Du hast mich nie allein gelassen, aber ich dich und es tut mir leid, das ist unverzeihlich.

"Das ist die falsche Antwort", flüsterte ich und vielleicht hatte ich auch gehofft, dass du es nicht gehört hattest.
"Was wäre denn die Richtige?"
Ich seufzte: "Elli, ich bleibe, bis du mich fortschickst."

Denn ich hatte es vor. Ich hatte vor dich wegzuschicken, wenn ich spürte, es würde mein letzter Tag sein. Du solltest es nicht mitbekommen, ich wollte nicht, dass du es siehst. Du solltest nicht mit ansehen müssen wie der Krebs mich besiegte.

"Ich lasse mich nicht wegschicken", du klangst so ernst, fast hätte ich gelacht. Ein Hustanfall überkam mich und ich spürte deinen bohrenden Blick auf meinem Hinterkopf.
"Durch blödes Anglotzen änderst du auch nichts", ich klang genervter als ich es eigentlich wollte.
"Ich weiß, tut mir leid."
"Kann ich dein Feuerzeug nochmal haben?" Du reichtest es mir ohne ein Wort, doch ich spürte, dass du es nicht gern hergabst. Ich zündete meine Zigarette an, vielleicht wollte ich auch einfach nur irgendwas zu tun haben. Dein Blick wandte sich nicht von mir ab, jedoch wirkte er trauriger als sonst. Du sagtest nichts, du sahst mich einfach nur an. Richtetest deine volle Aufmerksamkeit mir und meiner Sucht.

Du warst so ein toller Kerl, Jack. Warum du dich mit mir abgegeben hast verstand ich bis heute nicht. Es war mehr oder weniger diese Hassliebe wie bei Tom und Jerry. Ich konnte dich nie austehen und ich weiß nicht, ob ich dich liebte, oder das Gefühl, das du mir gabst. Du ließt mich geliebt fühlen, denn das hast du doch, nicht wahr? Du hast mich geliebt.

"Wir gehen jetzt zum Bahnhof", unterbrachst du das Schweigen.
"Klingt einleuchtend."
"Echt, nicht benebelt?"
"Ha, ha, ha", jetzt pustete ich erst recht in die Luft.
"Wir fahren schwarz, wenn das okay für dich ist."

Im Ernst Jack? Jeder Moment könnte mein letzter sein und du fragtest mich, ob mir schwarz Fahren etwas ausgemacht hätte. Das war lustig, denn eigentlich hätte ich alles tun können. Hätte eine Bank ausrauben können, ich hätte meinen ersten Einbruch verüben können, oder hätte ich einen Typen, der es verdient hatte umbringen sollen? Es hätte doch sowieso keine Rolle mehr gespielt, was sollte man einer zum Tode verurteilten Person noch verbieten?

Ich lachte: "Machen wir es uns auf der Toilette gemütlich?"
Du grinstest: "Das wäre eine Option, da wären wir zumindest dicht beieinander."
"Und du behauptest, nicht pervers zu sein", ich schüttelte den Kopf.
"Hey, daran war nichts pervers. Was kann ich dafür, wenn du gleich so denkst?", du betontest das So.
Ich spürte wie ich ein wenig erötete: "Arsch."
"Das sagst du nur, weil du weißt, dass ich Recht habe."
Ich zog an meiner Zigarette, du lagst richtig, doch das hätte ich niemals zugegeben: "Red dir das schön weiter ein." Wir kamen in die Eingangshalle des Bahnhofs.

Niemals hätte ich mir erträumt hier mit dir zu stehen. Generell dich an einem anderen Ort, außer bei unserer Parkbank, anzusehen. Das war einfach zu unrealistisch, zu schön um wahr zu sein. Und jetzt waren wir hier, standen mitten an einem Platz, wo wir nie hätten sein sollen, nie hätten sein dürfen.

Einsam fällt Sterben leichterWhere stories live. Discover now