Teil 3

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Ich wusste nicht, wie ich reagieren sollte, also fing ich an zu lachen und als ich angefangen hatte, konnte ich plötzlich nicht mehr aufhören.

Das war so absurd. Ein Mädchen zu lieben, das dem Tod geweiht ist. Du hättest es verdient glücklich zu werden, verdammt nochmal. Du bist einer der tollsten Menschen, die ich kennenlernen durfte. Ach, was sage ich da? Du warst der Tollste. Ich dachte, ich wäre vorbereitet auf das, was noch kommen würde, doch ich lag falsch, so extrem weit daneben.

Du schwiegst und ich auch. In mein Lachen hattest du leider nicht mit eingestimmt, schade eigentlich.
"Jack?" Du sahst mich an und dann küsste ich dich. Es war erst zurückhaltend, aber das wollte ich nicht mehr. Ich wollte dich, hier und jetzt. Wir küssten uns immer intensiver und ich spürte, dass du mich genauso wolltest, genauso gebraucht hast.

Du hast mich doch gebraucht, oder? Ich meine, du hast mich doch geliebt, oder? Ich hoffe das war keine Lüge, um den Moment zu verschönern.

Ich ließ meine Zigarette fallen. Ich zog dich an mich ran, bis ich deine Brust an meinem Körper spürte. Es fühlte sich atemberaubend an und das Warten hatte sich gelohnt, wirklich gelohnt. Ich weiß nicht, wie lange wir so da saßen, ineinander verschlungen, wie Sonne und Mond, so verschieden, aber wir gehörten zusammen. Dieses kranke Gefühl von Glück überkam mich und ich weiß nicht wie wir es geschafft haben voneinander los zu kommen. Wahrscheinlich hätten wir noch ewig so da gesessen, wenn uns die Glocken nicht daran erinnert hätten, wo wir waren, wer wir waren und was wir gerade taten. Du grinstest mich an und höchstwahrscheinlich sah ich genauso idiotisch zu dir zurück.
"Sowas in der Öffentlichkeit und das mit einem Typen, den du nicht einmal leiden kannst, interessant. Was machst du dann mit jemanden, den du gut findest?"
"Vielleicht habe ich das gerade auch nur aus Mitleid getan", ich zwinkerte dir zu.
"Hat sich aber nicht so angefühlt." Ich streckte dir die Zunge heraus und wollte an meiner Kippe ziehen, doch dann bemerkte ich, dass sie auf dem Boden lag. Ich starrte erschrocken auf die Erde.

Ich hatte noch nie eine Zigarette nicht zu Ende geraucht. Jack, was machtest du mit mir? Alles war so verdreht, so ironisch, aber keinesfalls lustig. Ich verstehe nicht wie, aber du hattest es mal wieder geschafft. Du hast mich vergessen lassen, wer ich bin und welches Schicksal ich vor mir hatte.

"Eins zu Null für Jack würde ich mal sagen", riefst du begeistert.
"Na toll", ich hob den braunen Stummel auf, viel zu dreckig um weiter zu rauchen. "Du schuldest mir eine Kippe und eigentlich eine ganze Packung", stellte ich fest.
"Warum sollte ich?", du lachtest vergnügt.
"Du hast mich geküsst."
"Ich dich? Wohl eher anders herum", du stachst mir leicht in die Seite und ich musste lächeln, wofür ich mir am liebsten einen Arschtritt verpasst hätte.
"Da hast du dir wohl was eingebildet, welche Tabletten hast du zuletzt genommen?"
"Sehr witzig, wie du versuchst unsere Liebe zu leugnen."
"Deine Liebe."
Du verzogst die Augen theatralisch zu Schlitzen: "Du bist schlecht im Lügen, Elli."

Waren Lügen und Dinge, die man sagen sollte, es aber nicht tat, gleichgestellt? Zählte es als Lüge dir zu verschweigen, dass ich morgen tot sein könnte? Wenn ja, tut es mir leid Jack, wirklich leid. Ich dachte es wäre das Beste für dich, für uns. Da war es, das Wort uns. Es gab seit diesem Moment keinen Jack aus der Psychiatrie und keine Elli aus der Klinik mehr. Seit diesem Moment gab es uns und ich fand es toll, toll dich bei mir zu haben, auch wenn es den Abschied umso schwerer machen würde.

"Kann halt nicht jeder so gut lügen wie du, Arsch."
"Versprich mir, dass wir uns morgen wieder hier sehen."
"Das kann ich nicht", wisperte ich.
"Tu es einfach."

Wie sollte ich dir etwas versprechen, von dem ich nicht wusste, ob ich es halten könnte? Woher sollte ich wissen, dass das nicht unser letztes Treffen war? Doch ich versprach es dir, ich versprach dir wieder zu kommen und vielleicht versprach ich mir selbst auch nicht zu sterben. Zumindest nicht heute.

"Na schön, ich werde morgen da sein, versprochen." Du lächeltest mit deinem unausstehlichem, zufriedenem Lachen.
"Danke kleine Blume, das weiß ich echt zu schätzen", du strichst mir über meine Wange.
"Nenn mich nicht so."
"Ich finde es aber schön, kleine Blume."
"Das klingt so lächerlich."
"Passt doch, immerhin bin ich Profi darin lächerlich zu sein."
Jetzt musste ich lachen: "Ja, das kannst du gut." Dein Blick blieb an meinem Gesicht hängen und du sahst mich einfach nur an. "Was ist?", fragte ich.
"Wenn du lachst, wirkt es gleich viel schöner."
"Ich sollte wohl besser gehen, bevor du noch ein Liebes Drama aus allem machst", ich deutete auf mich und dich, doch eigentlich meinte ich damit uns.
"Dann sehen wir uns morgen, kleine Blume", du küsstest mich auf die Wange, noch bevor ich ausweichen konnte.

Ich beobachtete dich, wie du davonliefst, als wärst du ein normaler Mensch, als wärst du nicht Jack Kont, der Junge, der mich, eine Raucherin seit Kindestagen, dazu brachte meine Kippe wegzuschmeißen.

Einsam fällt Sterben leichterWhere stories live. Discover now