Teil 2

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Also stand ich wieder hier. In einem gottverlassenen Park um fünf Uhr morgens und ich hasste mich dafür immer wieder hierher zu kommen.
Es war kalt und die Sonne ging erst auf. Sie färbte den Himmel in ein wunderschönes Orange, wie romantisch. Dann hörte ich deine Schritte, schon von weitem konnte ich dich an deinem Gang erkennen. Jeans und verstruppelte Haare, wer konnte da schon widerstehen?
"Guten Morgen Elli, aka meine Blume", deine Augen funkelten, oder hatte ich mir das nur eingebildet?
"Morgen du Arsch."
"Autsch", du nahmst neben mir Platz.
"Hast du eine bekommen?", ich sah dich fragend an.
"Ich sollte dir nicht helfen deine Sucht zu fördern", du hieltest eine Schachtel Malboro Zigaretten hoch.

Oh Jack, wenn du wüsstest.

Ich wollte danach greifen, doch du stecktest sie zurück in deine Tasche.
"Was soll das?", ich konnte es nicht fassen.
"Du bekommst eine, wenn ich eine Gegenleistung bekomme", dieses mal funkelten deine Augen, ich konnte es sehen, da war ich mir sicher.
"Vergiss es."
"Du hast dir gar nicht angehört, was ich zu sagen habe."
"Kann ja nichts Gescheites sein."
"Ach, sind wir heute schlecht gelaunt? Wahrscheinlich hat die kleine Blume ihre Stacheln ausgefahren."

Und da war es wieder, dein Lächeln. Dieses verdammte, unglaublich hinreißende Lächeln. Ich hätte alles für dich getan, ich schwöre, alles. Naja, fast alles.

"Ja, das hat sie. Gib mir die Kippen und keiner wird verletzt."
"Nur wenn du mich küsst." Ich starrte dich an. Das war alles, was du wolltest?
"Im Ernst?", ich fragte mich in diesem Moment echt, wer vor mir saß.
"Im Ernst", antwortetest du.
"Wer bist du und was hast du mit dem alten Jack gemacht?"
"Ich bin nicht so ein perverses Stück Scheiße, wie du vielleicht denkst."

Wie ich vielleicht denke? Nein, natürlich warst du kein Stück Scheiße, pervers allerdings schon ein wenig und ich wollte gar nicht wissen, was du getan hättest, wenn wir nicht wir wären, wenn wir nicht hier wären.

"Du bist unmöglich."
"Und? Gehen Sie auf mein Angebot ein?"
"Gewöhne dich nicht daran", ich beugte mich zu dir vor, doch glaub mir, in Wirklichkeit wollte ich es auch. Es war kein langweiliger Kuss und er war auch nicht zu intensiv, er war der Jack und Elli Kuss, auf einer dreckigen Parkbank, in aller frühe, damit keiner unsere Abwesenheit bemerkte. Du legtest deine Hände an meine Hüfte und ich glaube, ich hatte meine an deinen Schultern, aber sicher bin ich mir da nicht mehr. Ich löste mich von dir, was mir wirklich schwer fiel. "Kann ich sie jetzt haben?", ich sah zu dir hoch.
"Ich tue jetzt einfach mal so, als wäre der Kuss freiwillig gewesen und die Zigaretten ein Strauß Blumen."
Ich lachte bitter: "Danke." Du zündetest mir eine Kippe an und ich lehnte mich zurück, während du deinen Arm um mich legtest.

Was würde ich dafür geben genau jetzt die Zeit anzuhalten, beide Verlangen befriedigt. Ich habe es dir nie gesagt, aber ich liebte es wie du mich ansahst und einfach nichts sagtest, wie du deinen Körper und deine Augen für dich sprechen ließt. Ich hatte mich schon seit langer Zeit mit dem Tod abgefunden, doch in deinen Augen sah ich es immer wieder, sah, dass du unsterblich warst und vielleicht habe ich auch für einen kleinen Moment geglaubt, dass ich wie du sein könnte.

"Was meinst du würde geschehen, wenn sie herausfinden, dass du hier bist", ich pustete den Rauch in die Luft.
"Sie würden wahrscheinlich die komplette Psychiatrie absuchen", du grinstest.
"Ach, das klingt ja witzig."
"Und bei dir, was würden die in der Klinik machen, wenn sie herausfinden, dass du mehr rauchst, als sie dir dort erlauben?"
Ich zuckte mit den Schultern: "Was soll schon großartig passieren?" Du lächeltest noch leicht, doch dann erstarb es.

Das Lächeln, das ich so unglaublich liebte. Und Gott, ich hasste diese Momente in denen du sentimental wurdest. Mir gefiel der selbstbewusste Jack immer viel besser, den mochte ich auch lieber.

"Was macht dein Krebs?"

Wie ich es hasste, wenn du das fragtest und so formuliertest.

"Das Leben ist vergänglich, Jack", ich zog einmal kräftiger.
"Wie eine Schachtel Zigaretten", du blicktest in meine Augen und ich wusste, dass du mich sahst, mich wirklich sahst.
"In etwa so wie eine Packung, ja."
"Und dann?", seine Augen wirkten kalt.
"Und dann kauft man die nächste."
"Elli, was ist, wenn du stirbst?" Ich musste husten und verschluckte mich dabei auch noch.

Wenn du zu diesem Zeitpunkt gewusst hättest, dass ich jede Sekunde sterben könnte, hättest du mir die Kippe angezündet? Hättest du mich geküsst? Hättest du deinen Arm so um mich gelegt, wie du es getan hast? Wie hättest du mich behandelt? Ich hätte dir sagen sollen, wie es um mich besteht, doch ich brachte es nicht über's Herz. Ich konnte dich nicht verletzen, verdammt, ich wollte dir nicht wehtun.

Ich legte meinen Zeigefinger auf deinen Mund: "Pscht."
"Ich würde damit nicht klar kommen."
"Du weißt, dass ich es hasse, wenn du sentimental wirst", ich wollte dich böse ansehen, aber in deinen Augen lag Schmerz, sodass ich nur Mitleid empfinden konnte.
"Mit wem soll ich dann heimlich rummachen?", du versuchtest zu lächeln, doch es gelang dir nicht wirklich.

Jack, es war unerträglich dich so leiden zu sehen. Hätte ich gewusst wie, ich hätte dir alle Sorgen genommen, jede einzelne.

"Idiot."
"Stachel."
"Arsch."
"Genervte kleine Elli."
"Ich hasse dich."
"Ich liebe dich."

Das war das erste Mal, dass du diesen Satz zu mir gesagt hast und verdammt nochmal, ich habe nie aufgehört zu hoffen, dass du es ernst meintest.

Einsam fällt Sterben leichterDär berättelser lever. Upptäck nu