38.Überwältigung und Egoismus

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Sarah

Wider meiner eigenen Erwartung wachte ich am späten Abend nicht bei Jayden auf der Couch auf, sondern in meinem eigenen Bett, doch daran entsinnen wie ich dorthin gekommen war konnte ich mich beim besten Willen nicht. 

Noch immer leicht verschlafen tapste ich die Treppen runter und blickte mich suchend nach dem Rest meiner Familie um, den ich dank des lauten Geplappers im Wohnzimmer ausfindig machen konnte.

"Ach wandelst du jetzt wieder unter den Lebenden Sarah Schatz?" fragte mein Vater spöttisch, als er mich das Wohnzimmer betreten sah und grinste mich an. Halbherzig verdrehte ich die Augen und setzte mich auf den freien Sessel, der als einziges nicht belagert wurde, denn meine Eltern hatten sich auf der Couch breit gemacht und mein Bruder bewohnte seelenruhig den Zweisitzer alleine. 

"Wie bin ich eigentlich hier her gekommen? Hat Jayden mich abgeliefert?" Verwirrt blickte ich in die jetzt verstohlen grinsende Gruppe und bekam schließlich von meiner Mutter die unerwartete leicht schmunzelnde Antwort, dass ich doch einfach mal bei Levin im Zimmer vorbeischauen sollte. 

Unsicher was mich erwartete stand ich kurze Zeit später vor der verschlossenen Tür meines kleinen Bruders und lauschte einen Moment den leisen Geräuschen, die von drinnen zu mir nach draußen drangen, ehe ich die Tür einen Spalt breit öffnete und vorsichtig meinen Kopf hindurchsteckte um möglichst unauffällig herauszufinden, was mich erwartete, auch wenn ich schon einen gewissen Verdacht hegte. 

"Schau mal Levin!" Strahlend zeigte Raven auf den riesigen Legoturm, der in die Höhe ragte und brachte meinen Bruder damit zum Staunen. Kichernd stupste der Kleine das wacklige Gebilde an, sodass es gefährlich ins Wanken geriet und wahrscheinlich umgefallen wäre, wenn Raven es nicht beschützerisch festgehalten hätte. 

Ebenfalls leise kichernd öffnete ich die Tür noch weiter und schlüpfte in das chaotische Kinderzimmer, das wahrscheinlich vor Ravens Ankunft noch nicht so ausgesehen hatte. "Hey?" Unsicher hob ich die Hand zur Begrüßung und der Dunkelhaarige schreckte überrascht auf. 

Greade als er den Mund öffnete um etwas zu erwidern allerdings, stürzte mit einem riesigen Krachen der Legoturm, den er für einen Moment außer Acht gelassen hatte doch noch um und unterbrach ihn bei was auch immer er hatte sagen wollen. 

Perplex starrte er die im ganzen Zimmer verteilten Steinchen an, während Levin sich vor Freude auf dem Boden kullerte und sich einen Ast ablachte. Ungewollt fing ich ebenfalls an zu lachen, einfach weil eben jener Kerl, der sonst immer so furchteinflössend und selbstsicher wirkte verwirrt auf die bunten Einzelteile starrte und ich einfach irgendwie erleichtert darüber war, dass er hier war. 

Viel schneller als mir lieb war verwandelte sich mein Lachen in ein hysterisches Schluchzen, das sich einfach nicht kontrollieren lassen wollte und Raven aus seiner Starre löste. Vorsichtig näherte er sich mir und legte schließlich seine Hand an meine Wange, was mich nur noch mehr zum weinen brachte. 

Ich wusste nicht wieso all das mit einem Mal so aus mir herausbrach, doch ich konnte in diesem Moment einfach nicht aufhören damit zu oft hatten Ravens harte Worte mich verletzt, zu verwirrt war ich von meinen Gefühlen zu ihm und zu hilflos und verletzlich fühlte ich mich in seiner Gegenwart. 

Für einen gefühlt ewig langen Moment sah Raven mich einfach überfordert an, ehe er mich praktisch in seine Arme zerrte und sein Gesicht in meinen Haaren vergrub. Noch immer schluchzte ich vor mich hin, kniff die Augen zusammen um die Tränen zu vertreiben und klammerte mich ganz automatisch an den Kerl der für mein Gefühlschaos verantwortlich war. 

"Es tut mir Leid" hauchte er mir schließlich leise ins Ohr und strich beruhigend mit seiner Hand über meinen Rücken. Von all dem überwältigt blendete ich alles um mich herum aus, genoss für eine ganze Weile einfach nur seine Nähe, seinen Geruch und seine beruhigenden Gesten. 

Auch wenn Raven mich in den Wahnsinn trieb, mir sämtliche Nerven raubte und so ganz anders wie alles war, dass ich sonst kannte, hatte er mein Herz erobert. Erst nach gefühlten Stunden war ich in der Lage wieder einen vernünftigen Satz heraus zu bringen und löste mich ein Stück weit aus seinem Klammergriff und schaute zu ihm hoch. 

Abwartend und leicht verunsichert schaute er mich aus seinen fesselnden Augen an, schien mich bis auf den Grund durchschauen zu können und ließ mich die Welt vergessen. 

Erst als Levin an meinem Shirt zupfte und mir in die Hüfte pikste erinnerte ich mich daran, dass wir noch immer im Zimmer des Kleinen waren und mit einem entschuldigenden Blick auf den verwirrten Jungen zog ich seinen neuen Spielgefährten aus dem Raum rüber in mein Zimmer. 

"Es tut mir wirklich Leid Pumuckl" wiederholte Raven lauter nachdem ich meine Zimmertür hinter uns geschlossen hatte und mich überwältigt an das Türblatt gelehnt hatte. Fast entschuldigend strich er über meine Wange und ich ließ es zu, ließ ihn einfach machen und stellte einmal mehr fest wie gut mir seine Berührungen taten. 

"Du hast mir weh getan" brachte ich verletzt hervor und starrte auf meine Füße, die unruhig auf dem Zimmerboden herumrutschten. 

"Ich weiß..." 

Wortlos legte ich meinen Kopf erneut auf seiner sich hebenden und senkenden Brust ab, auch wenn es vermutlich nicht gesprächsfördernd war ihm so nah zu sein. "Ich wünschte ich könnte sagen, dass ich dich nie verletzten wollte Sarah, aber in Wahrheit wollte ich dir wehtun..." er stockte und mit ihm mein Herz. 

Nie hätte ich ihm so viel Gemeinheit zugetraut, doch meine auflodernde Wut wurde fast sofort von seinen nächsten Worten gelöscht. 

"Ich verdiene dich nicht, weder deine Standhaftigkeit, noch deinen Glauben an mich oder gar deine Fürsorge. Du sorgst dich um mich, obwohl-...

Ich dachte ich würde dich nicht verdienen, ich wollte dich vertreiben, weil du mich veränderst, wenn du bei mir bist ist alles auf einmal anders. Ich fühle mich nicht mehr einsam und...und ich habe Angst davor, dass du doch wieder verschwindest" 

Ohne ihn anzusehen wusste ich wie schwer es ihm fiel mir das zu erzählen, es sich vielleicht sogar ein Stück weit selbst einzugestehen. Ich wusste es aus Erfahrung, denn verdammt mir ging es nicht anders. Ich hatte ebenfalls ständig diese blubbernde Angst in mir zu sehr von ihm abhängig zu werden und doch wieder allein dazustehen. 

Meine Gefühle waren zu viel, zu stark für die kurze Zeit die wir uns kannten, zu viel für mich und scheinbar auch für ihn...

"Aber ich kann das nicht mehr...

Ich bin einfach so unglaublich egoistisch Sarah, dass ich dich nicht gehen lassen will! 

Du bist alles was ich je hatte, du bist die Einzige die sich nicht von mir vertreiben lässt, zumindest noch nicht...Ich will dieses Versteckspiel vor uns nicht mehr.

Ich will dich, dich und nochmal dich und zwar alles an dir. Ich weiß nicht was das hier ist und ich weiß nicht ob es funktioniert, denn verdammt ich habe keinerlei Ahnung von all diesem Gefühlsscheiß und mir wäre es immer noch lieber, wenn diese dämlichen Gefühle nicht da wären, aber ich will nicht ohne dich...

Ich genieße deine Fürsorge, deine Sanftheit und zwischendurch auch deine Widerspenstigkeit. Du bist so unglaublich stur Sarah" murmelte er mit so einer klaren Stimme, die von Ernsthaftigkeit zeugte, die mir bis in die Knochen drang und mich von seiner Ehrlichkeit überzeugte. 

Wieder liefen mir Tränen über die Wangen, die ich nicht kontrollieren konnte, doch ich ignorierte sie, wusste dass sie nicht da waren weil er mich verletzt hatte, sondern weil seine Worte mich berührt hatten und überwältigt presste ich meine Lippen auf seine kniff meine Augen vor Freude fest zusammen und wünschte mir, dieser Moment möge nie vergehen, denn ich wusste sobald die Realität uns einholen würde, wäre auf einmal alles anders...

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BoomChakalaka! 

Ich habe es ausnahmsweise mal wieder geschafft mich zusammenzureißen und die Zeit für ein Kapitel zu finden. In letzter Zeit bin ich so selten zu Hause, bin so viel unterwegs und immer mit irgendwas beschäftigt, sodass ich viel zu selten zum schreiben komme und das tut mir Leid :(

Was haltet ihr von dem Geständnis und all dem? Hättet ihr das erwartet, oder es euch vielleicht sogar gewünscht und was denkt ihr wie es weiter geht? 

Habt ihr auch Ferien? Und wenn ja wie sind eure Ferien so?


ALG Nicki 

She wants a BadboyKde žijí příběhy. Začni objevovat