21.Einsamkeit und kleine Teufel

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Sarah

Ohne große Worte machten Jamie und ich mich auf den Weg zu der Adresse die Raven mir genannt hatte, in der Hoffnung dass das seine wirkliche Wohnadresse war und umso tiefer wir in die Armenviertel vordrangen, in die wir vorhin auch gejoggt waren, umso hibbeliger und unruhiger wurde ich.

Immer wieder musste ich daran denken, dass sogar meine Mutter, die sonst stets behauptete das jeder irgendwen hatte, behauptete er wäre allein.

Ich konnte, wollte, mir nicht einmal vorstellen wie es war allein zu sein, denn auch wenn mein Freundeskreis recht überschaubar war und ich nicht unbedingt selbstsicher war, so hatte ich doch immer meine Familie um mich gehabt, sogar jetzt greade in diesem Moment war zumindest einer meiner Brüder bei mir und das obwohl er eigentlich nicht einmal etwas mit Raven zu tun hatte.

"Warum fahren wir jetzt dorthin?" brach Jamie schließlich die Stille und trommelte auf dem Lenkrad herum, ihm schien das alles auch nicht wirklich zu behagen.

"Er hat eine Katze...Ich konnte ihn greade so davon abbringen selbst nach ihr sehen zu gehen, außerdem bin ich neugierig" gestand ich und überlegte, ob es nicht vielleicht doch besser war umzukehren, aber ich wollte auch nicht, dass Ravens Katze hungern musste und neugierig war ich auch. 

"Was wird uns wohl erwarten? Ein schwarzes Reich mit einem riesigen Ungeheuer als Katze?" Kichernd verdrehte ich die Augen und dachte über seine Worte nach.

Eine Ungeheuerkatze vielleicht, aber ein schwarzes Reich ehr weniger- er war kein Sadist, sondern lediglich ein ziemlich verschlossener, tiefgründiger Mensch...

"An der nächsten Ecke irgendwo müsste er wohnen...Nummer 137 oder?"

Ich nickte hektisch und knabberte an meiner Lippe herum. Die Gegend war heruntergekommen, wirkte düster und so bitterarm, dass es dem Leben auf der Straße gleich kommen konnte.

Das Navi piepste bestätigend und ich zuckte zusammen. Spätestens jetzt konnte ich mir nicht mehr einreden, dass Raven woanders wohnte und ich musste mich regelrecht dazu zwingen aufzustehen.

"Auf geht's! Du hast die Schlüssel oder?"

Wieder nickte ich nur, sah mich kurz um und schloss die Haustür zu dem grauen, wohl früher weißen Bau auf, an dem in halb abgeblätterter Farbe die Nummer 137 stand und muffig feuchter Geruch wehte mir entgegen kaum das die Tür einen Spalt breit offen stand.

Ein kurzer Blick zu dem Klingelschild sagte mir, dass Raven oder zumindest jemand dessen Initialen gleich waren, denn mehr konnte man auf dem verwaschenen Klingelschild nicht mehr lesen, im obersten Stockwerk wohnte und mühsam machte ich mich an den Aufstieg der knarzenden Treppe, dicht gefolgt von meinem großen Bruder, der scheinbar nicht vorhatte mich auch nur eine Sekunde allein zu lassen.

"Ist doch reizend hier" bemerkte Jamie treffend und klopfte gegen die wellige Tapete an den Wänden, die irgendwann einmal gelb gewesen sein musste, während ich im Halbdunkel nach dem Schlüsselloch suchte und nach gefühlten Stunden schließlich fündig wurde.

Zittrig und irgendwie doch leicht ängstlich atmete ich noch ein paar Mal ein und aus, ehe ich den Schlüssel krampfhaft festhielt und im Schloss herumdrehte. Klackend sprang die Tür auf und Jamie nahm mir das Öffnen mit einer einzigen Bewegung ab.

Quietschend schwang die Tür auf und ich hielt unbewusst für einen Moment den Atem an, doch was sich mir bot war schlichtweg nichts.

Ein leerer, karger Flur mit nichts weiter als altem Linoleumboden und welliger abblätternder Tapete, mit zwei Türen und einem offenen Durchgang.

Bedacht und mich neugierig umsehend tapste ich mit lauter kleinen Schritten den Flur hinunter und zuerst in den Raum, der gar keine Tür besaß und zumindest meiner Einschätzung nach das Wohnzimmer war.

Auch dieses Zimmer hatte nichts wirklich gemütliches, denn weder die versiffte, alte Couch, noch der kleine wacklige Beistelltisch davor wirkten einladend, außerdem hatte der Raum praktisch die Größe einer aufgeklappten Schuhschachtel, mit vielen Schrägen und einer Decke, bei der man das Gefühl hatte sie würde einem jeden Moment auf den Kopf fallen, so niedrig wie sie war.

Suchend schaute ich mich nach besagter Katze um, oder überhaupt nach irgendwas, dass aussah als würde hier jemand wohnen, wurde allerdings nicht fündig und während Jamie weiterhin das Wohnzimmer begutachtete öffnete ich die näher am Wohnzimmer liegende Tür des Flurs und steckte meinen Kopf durch den entstandenen Spalt.

Eine kleine Küche, winzig mit karger Möblierung und in einem schmutzigen Gelbton empfing mich, doch auch hier war keine Spur einer Katze zu finden, dafür allerdings ein riesiger Haufen mit leeren Katzenfutterdosen in einer Ecke und ein paar schmutzigen Teller in der anderen.

Seufzend schloss ich die Tür wieder und wollte greade die letzte Tür öffnen, als diese sich von allein öffnete. Überrascht machte ich einen Satz nach hinten, stieß prompt gegen die Flurwand und starrte entsetzt auf die offene Tür.

Wie-

Ein lautes, aufdringliches Fauchen unterbrach meine Gedanken und ich starrte das weiß/rote Wesen, das sich durch die Tür quetschte an. Es sah ebenso lädiert aus wie momentan dessen Besitzer, mit eingerissenem, halben Ohr und einem ziemlich vernarbten Auge.

Sie war groß, scheiße groß, und lediglich das Hinken beruhigte mich etwas, als sie auf mich zulief und weiterhin vor sich hin knurrte und die Zähne fletschte, welch ein charmanter Empfang...

Mit einem dicken Klos im Hals kniete ich mich auf den Boden und brachte Baileys damit dazu einen gewaltigen Satz nach vorne zu machen, direkt vor mein Gesicht und noch bevor ich mich hätte ducken können, landeten ihre riesen Pranken auf meiner Wange und hinterließen blutige Schlieren.

Quietschend zog ich meinen Kopf zurück, knallte erneut gegen die Wand und sog scharf Luft ein, als die scharfen Krallen dieses Biests in meinen Beinen landeten. Fluchend versuchte ich aufzustehen, doch die Monsterkatze hatte ihre Krallen so fest in meine Hose und mein Bein geschlagen, dass ich kaum zehn Zentimeter weit kam, ehe ich zischend wieder nach unten gehen mussten.

Raven hatte Recht, Baileys war wirklich ein klitzekleines bisschen Fremdenfeindlich, doch ich hoffte noch darauf, dass sie lediglich Hunger hatte- und das nach Möglichkeit nicht auf mich.

Leise um Baileys nicht noch weiter zu reizen rief ich nach meinem Bruder, der wenig später ebenfalls von Baileys freundlicher Begrüßung empfangen wurde, als er versuchte sie hochzuheben, um sie von mir loszubekommen.

Strampelnd und mit allen Mitteln der Kunst versuchte der Satansbraten sich zu wehren und fluchend ließ Jamie sie fallen.

"Also ich stehe ja wirklich auf wilde Weiber, aber das! Das geht eindeutig zu weit" nuschelte er und rieb sich über die zerkratzten Arme.

"Mit der braucht man wirklich keinen Wachhund mehr" brummte ich und versuchte mich an dem fauchenden Wesen vorbei zu drängen um in die Küche zu kommen, wo hoffentlich noch ein paar volle Katzenfutterdosen darauf warteten in den Schlund des kleinen Teufels zu gelangen.

"Passt eindeutig zu deinem Raven das Biest" rief Jamie und ich musste grinsen.

Ja irgendwie passte diese "Katze" zu unserem Raven...

...meinem Raven

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Eigentlich sollte das Kapitel etwas länger werden, aber ich bin heute den ganzen Tag unterwegs, deshalb machen wir hier schon Cut :D

Was haltet ihr von Baileys und der Wohnung?

ALG Nickii^^

She wants a BadboyOù les histoires vivent. Découvrez maintenant