Kapitel 24

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„Da bist du ja endlich!" Mit einem Freudenschrei sprang Emily Lee in die Arme, kaum hatte dieser ihre Wohnung betreten. Lachend zog er Emily fest an sich und drehte sich mit ihr einmal im Kreis. „Ich habe dich schrecklich vermisst", sagte sie schliesslich, als Lee sie wieder runtergelassen hatte. „Ich dich auch, Baby." Er strich ihr sanft eine blonde Haarsträhne aus dem Gesicht und streichelte ihr dann über die Wange. „Hast du Hunger?", fragte Emily während sie Lee Richtung Küche zog. „Ich habe eine Lasagne im Ofen." Sie drehte den Kopf um zu sehen, was Lee dazu sagen würde. Sie wusste, er liebte italienisches Essen. Seine Augen strahlten. „Ich liebe dich!", war alles, was Lee sagte und Emily wusste, er hatte Hunger und freute sich aufs Abendessen.

Während des Essens löcherte Emily Lee mit Fragen über die Tour. Sie war neugierig und wollte alles wissen. Es wurmte sie manchmal, dass sie Lee nicht begleiten konnte. Nicht nur, weil sie ihn nicht vermissen würde wenn sie bei ihm wäre, auch weil sie gerne gewusst hätte, wie es war, auf Tour zu leben. Es schien aufregend zu sein.

„Und du? Was hast du die letzten Wochen gemacht?" Lee musterte Emily fragend. Diese spürte, wie sie sogleich den Appetit verlor. Eine Weile stocherte sie in ihrer Lasagne herum und dachte darüber nach, was sie Lee erzählen sollte. Denn von den Briefen wollte Emily ihm nichts sagen. Er sollte nicht beunruhigt sein. „Ich...habe gearbeitet und mich mit meinen Freunden getroffen", erzählte sie dann mit einem leichten Lächeln. Lee hakte nicht weiter nach, was Emily erleichterte. Stattdessen half er ihr wenig später, die Küche aufzuräumen bevor sie sich auf die Couch sinken liessen und zusammen ein Glas Rotwein genossen.

Emily kuschelte sich an Lee und schloss die Augen als er sie in seine Arme zog. Sie hatte ihn so schrecklich vermisst und sie wusste, dass auch sie ihm gefehlt hatte. „Wie lange habt ihr jetzt frei?", fragte Emily nach einer ganzen Weile des Schweigens. „Eine Woche. Danach gibt's wieder einen Videodreh." Lee lächelte Emily an, seine Augen funkelten und er schien etwas zu wissen wovon Emily keine Ahnung hatte. Sie biss sich auf die Unterlippe, denn es lag ihr auf der Zunge, ihn zu fragen ob er ihr etwas verheimlichte. Aber sie liess es dann doch bleiben. Wenn es etwas zu sagen gab, würde Lee schon früher oder später mit der Sprache rausrücken. Bis dahin konnte sie warten.

~

Die nächsten Tage verbrachten Emily und Lee ausschliesslich zu zweit – wenn Emily nicht gerade arbeiten musste – was beide sehr genossen. An einem verregneten Wochenende, an dem die Regentropfen ununterbrochen an die Fensterscheiben von Lees Wohnung trommelten, sass Lee an seinem Flügel. Emily lauschte seinen Klängen eine ganze Weile auf dem Sofa sitzend, bevor sie sich erhob und neben Lee auf den ledernen Hocker setzte. Fasziniert beobachtete sie, wie seine Finger über die Tasten flogen. Sie liebte es, ihm beim Klavierspielen zuzuschauen. „Willst du auch mal spielen?" Erstaunt sah Emily hoch, direkt in Lees Gesicht.

Er lächelte. „Was? Ich? Ich...ich kann doch gar nicht Klavier spielen, Lee!" Ihr leicht verwirrter Gesichtsausdruck brachte Lee zum lachen und er zog sie an sich um sie zu küssen. „Na ja, ich könnte es dir beibringen", meinte er dann. „Okay..." Emily war noch nicht vollends von Lees Idee überzeugt, aber sie musste sich eingestehen, dass sie liebend gerne einmal ihre Finger über die schwarzen und weissen Tasten dieses Flügels gleiten lassen würde. „Also gut, komm her." Lees Begeisterung steckte Emily an und sie liess sich von ihm erklären, welche Taste welchen Ton von sich gab und wie sie ihre Finger darauf platzieren musste.

Beinahe den ganzen Nachmittag verbrachten sie am Flügel und Emily genoss jede einzelne Minute davon. Schliesslich war sie in der Lage, ein einfaches, kurzes Lied zu spielen, worauf sie sehr stolz war. „Kann ich mich jetzt Pianistin nennen?", scherzte sie, als sie zusammen mit Lee wieder auf der Couch sass und sich an ihn kuschelte. „Das wichtigste für einen Künstler ist es, nicht grössenwahnsinnig zu werden, mein Schatz", grinste er und zwickte sie in den Arm. „Hey, du nennst mich grössenwahnsinnig?"

Keine Minute später waren sie dabei, sich gegenseitig zu kitzeln und ihrer beider lachen sowie Emilys Quietschen und ihre Schreie drangen durch die Wohnung. Sie fühlte sich endlich wieder vollkommen. Sie war wieder sie selbst, seit Lee zurück in London war und die bedrohlichen Briefe aufgehört hatten. Bereits seit Tagen war keiner davon mehr in ihrem Briefkasten aufgetaucht und sobald sie wieder das Gefühl hatte, beobachtet zu werden, ignorierte sie es ganz einfach. Sie war die Freundin von Lee Ryan. Es war normal, dass Leute sie manchmal erkannten und beobachteten. Sie musste sich endlich vollends daran gewöhnen.

~

„Emily? Kannst du mal herkommen?" Gerade war Emily im Badezimmer, nur mit einem Bademantel bekleidet und dabei, sich nach dem Duschen die Haare zu föhnen. Nun aber rief Lee sie und es schien dringend zu sein. „Was ist denn?" Einen Moment lang sagte Lee nichts, sondern sah seine Freundin bloss an. Er liebte es, wenn sie nur im Bademantel und noch mit feuchten Haaren vor ihm stand. Langsam trat er zu ihr und strich ihr eine Strähne aus dem Gesicht. „Ich...ich hätte eine Frage. Oder nein, es ist eher eine Bitte", begann er schliesslich und zog Emily mit sich zum Sofa, um sich mit ihr zu setzen.

„Dann schiess mal los." Emily spürte Aufregung in sich aufsteigen. Was war es wohl, was Lee von ihr wollte? Er machte es spannend und rückte nicht gleich mit der Sprache raus. „Jetzt sag mir endlich, was du willst!", rief Emily schliesslich weil sie die Spannung kaum noch ertrug. Lee grinste und legte eine Hand auf ihren Oberschenkel. „Nun ja, wir drehen in ein paar Wochen unser neues Video zu Without you und...ich hatte die Idee, dass du eine Rolle darin spielen könntest." Erwartungsvoll sah Lee Emily mit seinen blauen Augen an und Emily starrte zurück. Sie wusste im ersten Moment nicht, was sie sagen sollte. Sie war total überrascht. „Du...ihr...was? Wie...wie kommst du denn darauf dass ich in diesem Video eine Rolle spielen soll? Weshalb?"

„Weil du sozusagen Schuld daran bist das dieser Song existiert." Nun war Emily noch verwirrter. „Das musst du mir jetzt aber erklären." Lee lachte lauthals, zog Emily dann in seine Arme und erzählte ihr alles: „Weisst du, nachdem wir uns kennengelernt und ich mich in dich verliebt hatte, hatte ich mehr als eine schlaflose Nacht. In diesen Nächten ist der Song entstanden. Und dabei habe ich immer nur an dich gedacht." Lee lächelte als er Emilys erstaunten Gesichtsausdruck registrierte. „Dann...dann handelt der Song von mir?", hakte sie nach um wirklich sicher zu gehen dass sie Lee auch richtig verstanden hatte.

Bestimmt dutzende Male hatte sie Without you schon gehört und sie wusste auch, dass Lee den Song geschrieben hatte. Aber nicht in tausend Jahren wäre ihr der Gedanke gekommen, dass ein Lied von ihr handeln könnte. „Wow...", war alles, was Emily nun rausbrachte. Sie war überrumpelt und wusste gar nicht, was sie sagen sollte. „Du hast diesen Song verdient, Süsse. Und...und es würde uns alle riesig freuen wenn du eine Rolle im Video übernimmst. Was sagst du?"

„Ich...okay. Ja, ich mach's." Ehe Lee sich versah, hatte Emily schon die Arme um seinen Hals geschlungen und küsste ihn innig. Dank Lee würde sie erneut ein paar aufregende Tage ausserhalb Londons verbringen können und für Ablenkung war sie nach wie vor dankbar, auch wenn die ganzen Drohungen langsam aber sicher verblassten. „Die anderen werden sich freuen wenn sie hören dass du zugesagt hast!", rief Lee und küsste seine Freundin innig. Es tat gut, ihn so glücklich zu sehen, fand Emily. Und sie machte ihm immer wieder gerne eine Freude, genauso wie er ihr gerne eine Freude machte.

Ihre Beziehung hatte natürlich Nachteile weil Lee oft unterwegs war und Emily ihn nicht begleiten konnte. Doch sie hatte sich mittlerweile daran gewöhnt, auch wenn es manchmal nicht leicht war für Emily. Die gemeinsame Zeit die sie verbringen konnten, war jedoch umso schöner und inniger wenn sie sich nicht täglich sehen konnten und manchmal wochenlang voneinander getrennt waren. Emily beschloss, dass sie Lee niemals gegen einen Mann, der hier in London arbeitete und den sie täglich sehen könnte, einzutauschen. Dafür machte er sie viel zu glücklich und brachte sie immer wieder auf andere Gedanken. Wie jetzt, als er sie unvorhergesehen hochhob und ins Schlafzimmer trug. Lee war der Meinung, dass Emilys Zusage fürs Musikvideo nun ausgiebig gefeiert werden musste. Und er war erpicht darauf, Emily dies zu zeigen...

Love At First SightWhere stories live. Discover now