Love At First Sight

Kapitel 5

Schwere Regentropfen trommelten gegen die Fensterscheiben von Emilys Apartment. Seit den frühen Morgenstunden war diese bereits wach und tigerte unruhig durch ihre Wohnung. Sie hatte nicht gut geschlafen, zu viele Gedanken waren ihr durch den Kopf gegangen und auch jetzt noch, kurz nach Mittag, noch nicht verschwunden. Sie war kurz einkaufen gegangen im Supermarkt um die Ecke, danach hatte sie sich wieder zu Hause verkrochen und ihren Gedanken nachgehangen.

Sie war verwirrt. Ihre Gefühle, die sie für Lee entwickelt hatte in den letzten Wochen, ängstigten sie. Noch nie hatte sie sich Hals über Kopf in jemanden verliebt. Immer hatte es Monate gedauert bis sie dieses Kribbeln in der Magengegend gespürt hatte. Sie war vorsichtig gewesen und zurückhaltend. Manchmal sogar so zurückhaltend, dass die Männer, die sich für sie interessiert hatten, beinahe wieder von ihr abgewendet hätten weil sie dachten dass sie nichts von ihnen wolle.

Und nun hatte sie Lee kennengelernt. Ein Musiker, ein in England – ja, sogar in ganz Europa und auch ausserhalb – bekannter Musiker. Wieso ausgerechnet er? Emily konnte sich diese Frage leicht beantworten. Sie hatte sich in ihn verliebt weil er lustig war. Er brachte sie zum Lachen. Und er konnte zuhören, wann immer ihr danach war sich etwas von der Seele zu reden, er war da und hörte ihr zu. Lee war verständnisvoll und gab ihr das Gefühl, etwas Besonderes zu sein. Und natürlich sah er sehr gut aus. Emily konnte nicht leugnen dass diese Tatsache auch zu ihren Gefühlen beitrug.

Ausserdem kannte sie ihn doch noch gar nicht so lange, wie konnte sie da bereits dieses innige, schöne Gefühl der Liebe spüren? Seufzend fuhr sich Emily durchs blonde Haar und stand vom Sofa auf. Sie hatte sich eine Tasse Tee gemacht und durchs Fernsehprogramm gezappt – allerdings ohne Erfolg. Nichts interessierte sie und eigentlich war es doch viel zu früh um fernzusehen, selbst bei diesem trüben, nassen Wetter.

Irgendwann hielt sie die Stille und das Alleinsein nicht mehr aus und griff zu ihrem Handy. Kurzerhand scrollte sie durch ihre Kontakte und rief schliesslich Lola an. Sie brauchte dringend ein wenig weiblichen Rat und Unterstützung und dafür war ihre beste Freundin die erste Ansprechperson die ihr in den Sinn kam. Seit sie denken konnte sprach sie in erster Linie mit Lola wenn es um ihre Probleme und insbesondere um Männer ging.

„Emmy? Was gibt's?" Lola nannte Emily nur selten Emmy, aber wenn sie es tat, dann wenn sie überaus gute Laune hatte oder ihre beste Freundin trösten wollte. „Hast du Zeit? Ich könnte wirklich jemanden zum Quatschen brauchen."

„Oh, was ist denn los?" Lola klang sogleich ein wenig besorgt und Emily entwich ein tiefer Seufzer. „Geht es um Lee?" Es war, als ob Lola ihre Gedanken lesen könnte und Emily konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. „Ja, um wen denn sonst? Kommst du nun vorbei?"

„Ich bin in einer halben Stunde da, Emmy."

Lola hielt Wort und war exakt dreissig Minuten nachdem sie aufgelegt hatte, bei Emily zu Hause. Diese hatte Tee gekocht und einige Kekse und Cupcakes auf dem Salontischchen bereitgestellt.

Sie umarmten sich zur Begrüssung und setzten sich dann aufs Sofa. „Also, was ist los Süsse? Erzähl!" Lola griff nach ihrer Tasse, nippte am Früchtetee und nahm sich ein Schokocupcake. Emily machte es sich im Schneidersitz bequem bevor sie mit der Sprache herausrückte: „Ich habe mich ernsthaft in Lee verliebt. Aber...ich weiss nicht wie ich damit umgehen soll. Ich kenne ihn doch noch gar nicht so lange! Sowas ist mir noch nie passiert..." Sie seufzte und schlang die Arme um ihren Oberkörper. „Du bist unsicher. Das ist doch völlig normal wenn man frisch verliebt ist", versuchte Lola, sie zu beruhigen. „Ach ja? Kann man sich denn überhaupt so schnell in jemanden verlieben? Wir treffen uns doch erst seit ein paar Wochen und vorher habe ich ihn gar nicht gekannt!"

Lola legte ihre Tasse sowie den Cupcake beiseite und packte ihre beste Freundin an den Schultern. „Hör auf, dir so viele Gedanken zu machen, Emmy! Du liebst ihn und das ist das einzige was zählt."