Kapitel 10

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Seit gut zwei Monaten waren Emily und Lee nun schon ein Paar und es verging kein Tag, an dem Emily nicht ein Lächeln auf den Lippen hatte. Sie liebte Lee, er machte sie glücklich und nichts und niemand würde das ändern können, davon war sie überzeugt.

Glücklich und mit einem zufriedenen Lächeln sass sie wie jeden Tag von Montag bis Freitag an ihrem Schreibtisch in der Arztpraxis und erledigte all jene Arbeiten, zu denen Doktor Riley nicht erledigen konnte. Auch ihm war Emilys Wandel nicht entgangen und sie hatte ihm von Lee erzählt – nicht ohne dabei ein wenig rot zu werden. Doktor Riley jedoch hatte sich aufrichtig für Emily gefreut und ihr viel Glück für ihre Beziehung gewünscht.

„Miss Bright, wie schön Sie wiederzusehen!" Eine altbekannte Stimme riss Emily aus ihren Gedanken und sie blickte auf. Vor ihr stand der 80-jährige Mister Miller. Er war sozusagen ein Stammpatient von Doktor Riley. Obwohl der alte Mann gesundheitlich angeschlagen war – er hatte schon mehrere Herzinfarkte gehabt – war er doch ein fröhlicher und sehr charmanter Mann. Emily hatte ihn schon von Beginn weg in ihr Herz geschlossen und lächelte nun. „Guten Tag, Mister Miller. Wie geht es Ihnen heute?" Er zuckte ein wenig ungelenk mit den Schultern. „Wie immer, Miss Bright. Wie immer. Wäre mein Herz noch ein wenig fitter, ich würde glatt einen Marathon laufen können." Sie lachte bei seinen Worten. „Na, übertreiben wollen wir es nun auch nicht." Sie grinste und schickte ihn dann ins Wartezimmer. Ihr Chef war noch mit einem anderen Patienten besetzt.

Lächelnd wandte sich Emily schliesslich wieder dem Computer und Terminkalender des Arztes zu. Jedes Mal wenn Mister Miller in die Praxis kam – was monatlich mindestens einmal der Fall war – machte er ihren Tag mit einem kleinen Scherzchen, mit einem netten Kompliment oder ganz einfach nur damit, kurz mit Emily zu plaudern, besser. So auch heute wieder. Sie mochte diesen alten Mann, der sie stark an ihren eigenen Grossvater erinnerte. Ein lautes Poltern liess sie hochschrecken und sie sah sich ein wenig verwirrt um. Nichts in ihrem Blickfeld war zu Boden gefallen und kopfschüttelnd wollte sie sich gleich wieder ihrer Arbeit widmen, als sie ein leises Stöhnen aus dem Wartezimmer vernahm. Hastig sprang Emily auf und eilte hin.

„Mister Miller, oh mein Gott!" Erschrocken fand Emily den alten Mann reglos auf dem Boden liegen. In ihrem Kopf begann sich alles zu drehen und für einen kurzen Moment wusste sie nicht, was sie jetzt tun sollte. Dann allerdings kniete sie sich neben Mister Miller und rief nach ihrem Chef, so laut sie konnte. „Was ist denn los, Emily?" Doktor Riley kam angerannt, seine vorherige Patientin kam langsam hinter ihm her. Beide schienen ob Emilys lauten Hilferufen doch ziemlich verwirrt. „Mister Miller...er...er ist einfach umgefallen! Ich weiss nicht was er hat!", rief sie verzweifelt während sie seinen Kopf in ihren Schoss gebettet hatte. „Geh und hol den Defibrillator, schnell!", wies er seine Praxisassistentin nun an, schickte Miss Whiners, die bei ihm gerade in Behandlung war, weg und versprach, einen neuen Termin mit ihr zu vereinbaren. Dann machte er sich fachmännisch daran, Mister Millers Puls und Atmung zu fühlen und dann sein Hemd zu öffnen. Der Mann hatte einen Herzstillstand und Doktor Riley hoffte, dass die Wiederbelebungsmassnahmen ihn retten konnten.

„Emily, wo bleibst du?", rief er während er je 15 Kompressionen und zwei Mal Mund-zu-Mund-Beatmung machte. Doch es schien nichts zu helfen. Noch immer waren weder Puls noch Atmung von Mister Miller tastbar.

Zitternd kam Emily zurück und reichte ihrem Chef das dringend benötigte Gerät. „Ruf sofort einen Krankenwagen und dann musst du mir helfen", sagte er und klang dabei jetzt völlig ruhig. Er schien alles im Griff zu haben und Emily tat genau das, was er ihr sagte. Es erschien ihr wie eine Ewigkeit, in der sie auf der einen Seite von Mister Millers Körper kniete während Doktor Riley auf der anderen Seite war und immer wieder Elektroschocks durch den gebrechlichen Körper des Patienten jagte. Immer und immer wieder bäumte er sich auf, doch er gab kein Lebenszeichen von sich das Emily und auch den Arzt hätte hoffen lassen können.

Love At First SightWhere stories live. Discover now